Dienstag, 14. April 2009
Der Löwenritter von Valþjófsstaðir (Fortsetzung)
Offensichtlich handelt es sich um eine bildliche Darstellung der Geschichte des Löwenritters, die im Mittelalter recht weit verbreitet war. Ihre bekannteste literarische Ausformung erhielt sie durch Chretien de Troyes in seinem Versroman Yvain ou Le Chevalier au lion, dessen mehr als 6800 Verse er vor 1180 wohl in der Champagne dichtete.
Aus der Zeit um 1200 stammt die mittelhochdeutsche Bearbeitung des Hartmann von Aue. Schon bald nach ihrer Entstehung wurde auf Schloß Rodenegg in Südtirol im Auftrag des Brixener Bischofs Konrad von Rodanc (=Rodenegg) ein Saal mit einem ganzen Freskenzyklus nach Szenen aus dem Iwein, “die älteste profane Wandmalerei im deutschen Sprachraum” (wikipedia), ausgemalt (Abb. rechts). 1460 wurde Oswald von Wolkenstein zum Hüter der Burg bestellt, die sich bis heute im Besitz seiner Familie befindet. Leider gehört der Drachenkampf dort nicht zu den dargestellten Szenen.
Wie aber kam diese Geschichte, die aus dem Umkreis keltischer Artus-Epik (Matière de Bretagne) in ein höfisches Ritterepos des Hohen Mittelalters umgeschmolzen worden war, ins bäuerliche Island?
Dazu gibt es zwei Theorien.
“Þar til hann sier drekann og einn leon og berriazt Þeir allgrimmliga.” 'Er ritt der Fährte nach, bis er den Drachen und dazu einen Löwen sah, die grimmig miteinander kämpften', erzählt die altnordische Þiðreks saga, eine Kompilation von Sagen um Dietrich (Þiðrekr) von Bern. Ihre älteste erhaltene Handschrift (wenigstens zwei andere sind später verbrannt) wurde um 1280 im norwegischen Bergen angefertigt und enthält den Hinweis, sie sei zusammengestellt nach Erzählungen “deutscher Männer”, was gut auf in Bergen ansässige (Hanse-)kaufleute aus Lübeck passen könnte (denn seit 1250 gab es ein Handelsabkommen zwischen Lübeck und der norwegischen Krone) - oder auf eine bereits im niederdeutschen Sprachraum kompilierte schriftliche Vorlage. Gegen Letzteres spricht allerdings ihre Form. In der wahrscheinlichen Entstehungszeit der Saga um 1200 dichtete der Kontinent Heldenepik noch ausschließlich in Versen; nur der Norden schrieb Prosa wie die vergleichbare Geschichte Karls des Großen, Karlamagnús saga, oder die ebenfalls um die gleiche Zeit entstandene legendarische Ólafs saga. Am wahrscheinlichsten ist die Þiðreks saga wohl in der königlichen Residenz Bergen aus dort mündlich oder eher noch schriftlich vorliegenden kürzeren altniederdeutschen Heldenliedern zusammengestellt worden.
In ihr kommen gegen Ende von Þiðreks Leben der Kampf eines Drachen mit einem Löwen und ein Ritter oder König vor, der zugunsten des Löwen in den Kampf eingreift. Zwar gehört auf dem Kontinent dieser Kampf eigentlich in den Heldenroman um Ortnit und Wolfdietrich (vor 1250), doch reichte vielleicht schon die Namensgleichheit, um Wolfdietrich im Norden mit Dietrich von Bern zu verschmelzen.
Ein oder zwei Schönheitsfehler bleiben der Theorie von der Verbildlichung der Þiðreks saga im isländischen Valþjófsstaðir dennoch. Ihre Verfechter stützen sich sehr auf die Wolfdietrich-Verbindung. So behauptete schon der norwegische Philologe Sophus Bugge in seinem Helge-digtene i den Aeldre Edda (Kopenhagen, 1896, ich zitiere aus der englischen Übersetzung The Home of the Eddic Poems, 1899):
“A church door, which cannot be older than 1180-1190, from Valþjófsstaðir in the eastern part of Iceland, has carvings which represent a knight conquering a dragon, and thereby freeing a lion. This knight is evidently Wolfdietrich; for in the accompanying runic inscription he is designated as 'King of the Greeks.'”
“König der Griechen” ist ziemlich weit weg für einen germanischen Sagenhelden, doch wird in der Überlieferung Wolfdietrichs nebulöser Vater Hugdietrich als König von Konstantinopel bezeichnet.
Das Problem ist nur, daß Bugge die Runen nicht richtig lesen konnte. Oder zumindest eine der isländischen Sonderrunen verwechselte. Da steht nämlich nach heutiger Deutung nicht “konungr greka”, König der Griechen, sondern “konung ... er vá dreka”, der König, der einen Drachen tötete.”
(s. http://www.arild-hauge.com/islandruner.htm Sigle: IS IR 181)
Entscheidender erscheint mir aber der Umstand, daß die Bilder in Valþjófsstaðir etwas ganz anderes darstellen als den Drachenkampf (Wolf-)dietrichs. Dort springt der König nämlich beim Anblick der miteinander kämpfenden Tiere von seinem Pferd, und beim ersten Hieb gegen den Drachen zerbricht sein Schwert. “Die Klinge fiel ihm aus der Hand und flog auf der anderen Seite des Wurmes auf die Erde”, heißt es in der deutschen Übersetzung. - Tja, peinliches Mißgeschick; und obwohl Dietrich noch einen Baum als Waffe ausreißt, greift ihn sich der Drache samt Löwen und fliegt mit ihnen zu seiner Behausung, wo er den Löwen seinen Jungen zum Fraß vorwirft. Exit Leo. Der Rest des Bildprogramms in Valþjófsstaðir kann also nicht mehr nach der Þiðreks saga gestaltet sein.
Damit werden wir zurückverwiesen auf den Löwenritter Chretiens de Troyes. Der beschreibt die Drachenkampfszene in seinem Yvain-Epos (in einer neufranzösischen Prosabearbeitung) so:
“Messire Yvain cheminait pensif dans une profonde forêt; soudain il entendit un grand cri de douleur. Il se dirigea vers l'endroit d'où venait le cri qu'il avait entendu. Quand il y parvint, il vit un lion dans un essart et un serpent qui le tenait serré par la queue et lui brûlait l'échine d'une flamme ardente qu'il vomissait. Messire Yvain ne s'attarda pas à contempler longtemps ce prodige. En lui-même il se demanda : auquel allait-il porter secours? Il se rangea du côté du lion, pensant qu'on ne doit faire du mal qu'à une bête venimeuse et félonne. Or le serpent est venimeux. Du feu lui sort de la bouche tant il est plein de félonie. Aussi messire Yvain décida de le tuer en premier. Il tire donc l'épée, s'avance et devant son visage met son écu pour éviter la brûlure des flammes que vomissait l'animal par une gueule plus large qu'une marmite. Avec son épée bien afilée, il attaque le serpent félon. Il le tranche jusqu'à terre et le tronçonne en deux moitiés et tant le frappe qu'il le démince et le dépièce. Mais il lui fallut couper un morceau de la queue de lion car la tête du serpent y était accrochée.”
Wenn es außer mir noch jemand hier verstehen könnte, könnte ich diese Passage in Altnordisch wiedergeben, denn Chretiens Versepos wurde bereits im Mittelalter im Norden übersetzt. In Saga-Prosa, wie es dort üblich und große Kunst war. Die deutsche Übersetzung (von Rudi Simek) dieses Abschnitts aus der Saga lautet:
“Nun zog Herr Iven seiner Wege und ritt in ein tiefes Tal und kam in einen dichten Wald. Er hörte ein klägliches Geschrei und Geräusch und lenkte sofort sein Pferd dorthin. Da sah er im Gebüsch einen großen Löwen und einen Drachen, der ihn am Schwanz festhielt und ihn mit dem Feuer und Gift, das er auf ihn blies, verbrannte, sodaß die Lenden des Löwen durch die Flammen und das Gift des Drachen versengt und verbrannt wurden. Als Herr Iven diesen sonderbaren Vorfall sah, da überlegte er, wem von ihnen er helfen sollte. [Die christlich moralistische Erwägung ist im altnordischen Text ausgelassen.] Er stieg vom Pferd und band es fest, damit es durch den Drachen keinen Schaden erleide. Er zog dann das Schwert und schützte sich mit dem Schild, damit ihm das Feuer nicht schade, das der Drache aus seinem Rachen blies, welcher so groß wie ein Ofenloch war. Da er merkte, daß ihn der Löwe zu Hilfe rief, wollte er ihm nun gerne helfen, wie auch immer er und der Löwe nachher miteinander zurechtkommen würden. Er schlug also den Drachen mittenauseinander und dann in kleine Stücke [...] Aber der Löwe kroch zu ihm und drehte den Bauch nach oben und benetzte seine Schnauze mit Tränen und unterwarf so Herrn Iven.” Und er wurde Herrn Ivens treuer Helfer und Begleiter bis an das Ende seines Lebens.
“Und hier schließt die Saga von Herrn Iven, er Hákon konungr gamli lét snúa ór Franzeisu í Norroenu” (die König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Nordische übersetzen ließ).
Die Ivens saga war nicht die einzige, die König Hákon Hákonarsson von Norwegen, wegen seiner langen Regierungszeit von 1217-63 “der Alte” genannt, übersetzen ließ. Ein Bruder Robert fertigte in seinem Auftrag eine Tristrams saga an, es folgten eine Parcevals saga, eine Saga om Flores og Blankiflur und etliche weitere. Dahinter stand natürlich ein Programm. Hákon wollte seinem Hof und seiner Gefolgschaft etwas vom Geist der höfischen Kultur an den gesitteten Höfen Frankreichs und die ritterlichen Ideale vermitteln, wie er es noch direkter in Konungs skuggsjá, dem Königsspiegel, einem umfassenden Erziehungsbuch für seine Söhne, ausdrücken ließ. Zwar dürften Bruder Robert und auch der Verfasser des Königsspiegels Norweger gewesen sein; aber selbst nach Ansicht der Norweger waren Isländer die besten Schriftsteller des Nordens. So ließ König Hákon seine eigene Saga noch zu Lebzeiten von einem Isländer, dem Historiker Sturla Þorðarson, schreiben. Und die Isländer nahmen Abschriften der neuen höfischen Rittersagas mit auf ihre Insel, wo sie offenbar schnell populär wurden. Von der Ivens saga sind dort nicht weniger als 15 Handschriften erhalten geblieben. (Die jüngsten wurden noch im 19. Jahrhundert abgeschrieben.)
Morgen wende ich mich der Frage zu, warum der Löwenritter Yvain ausgerechnet auf dem Bauernhof Valþjófsstaðir Spuren hinterließ.
Aus der Zeit um 1200 stammt die mittelhochdeutsche Bearbeitung des Hartmann von Aue. Schon bald nach ihrer Entstehung wurde auf Schloß Rodenegg in Südtirol im Auftrag des Brixener Bischofs Konrad von Rodanc (=Rodenegg) ein Saal mit einem ganzen Freskenzyklus nach Szenen aus dem Iwein, “die älteste profane Wandmalerei im deutschen Sprachraum” (wikipedia), ausgemalt (Abb. rechts). 1460 wurde Oswald von Wolkenstein zum Hüter der Burg bestellt, die sich bis heute im Besitz seiner Familie befindet. Leider gehört der Drachenkampf dort nicht zu den dargestellten Szenen.
Wie aber kam diese Geschichte, die aus dem Umkreis keltischer Artus-Epik (Matière de Bretagne) in ein höfisches Ritterepos des Hohen Mittelalters umgeschmolzen worden war, ins bäuerliche Island?
Dazu gibt es zwei Theorien.
“Þar til hann sier drekann og einn leon og berriazt Þeir allgrimmliga.” 'Er ritt der Fährte nach, bis er den Drachen und dazu einen Löwen sah, die grimmig miteinander kämpften', erzählt die altnordische Þiðreks saga, eine Kompilation von Sagen um Dietrich (Þiðrekr) von Bern. Ihre älteste erhaltene Handschrift (wenigstens zwei andere sind später verbrannt) wurde um 1280 im norwegischen Bergen angefertigt und enthält den Hinweis, sie sei zusammengestellt nach Erzählungen “deutscher Männer”, was gut auf in Bergen ansässige (Hanse-)kaufleute aus Lübeck passen könnte (denn seit 1250 gab es ein Handelsabkommen zwischen Lübeck und der norwegischen Krone) - oder auf eine bereits im niederdeutschen Sprachraum kompilierte schriftliche Vorlage. Gegen Letzteres spricht allerdings ihre Form. In der wahrscheinlichen Entstehungszeit der Saga um 1200 dichtete der Kontinent Heldenepik noch ausschließlich in Versen; nur der Norden schrieb Prosa wie die vergleichbare Geschichte Karls des Großen, Karlamagnús saga, oder die ebenfalls um die gleiche Zeit entstandene legendarische Ólafs saga. Am wahrscheinlichsten ist die Þiðreks saga wohl in der königlichen Residenz Bergen aus dort mündlich oder eher noch schriftlich vorliegenden kürzeren altniederdeutschen Heldenliedern zusammengestellt worden.
In ihr kommen gegen Ende von Þiðreks Leben der Kampf eines Drachen mit einem Löwen und ein Ritter oder König vor, der zugunsten des Löwen in den Kampf eingreift. Zwar gehört auf dem Kontinent dieser Kampf eigentlich in den Heldenroman um Ortnit und Wolfdietrich (vor 1250), doch reichte vielleicht schon die Namensgleichheit, um Wolfdietrich im Norden mit Dietrich von Bern zu verschmelzen.
Ein oder zwei Schönheitsfehler bleiben der Theorie von der Verbildlichung der Þiðreks saga im isländischen Valþjófsstaðir dennoch. Ihre Verfechter stützen sich sehr auf die Wolfdietrich-Verbindung. So behauptete schon der norwegische Philologe Sophus Bugge in seinem Helge-digtene i den Aeldre Edda (Kopenhagen, 1896, ich zitiere aus der englischen Übersetzung The Home of the Eddic Poems, 1899):
“A church door, which cannot be older than 1180-1190, from Valþjófsstaðir in the eastern part of Iceland, has carvings which represent a knight conquering a dragon, and thereby freeing a lion. This knight is evidently Wolfdietrich; for in the accompanying runic inscription he is designated as 'King of the Greeks.'”
“König der Griechen” ist ziemlich weit weg für einen germanischen Sagenhelden, doch wird in der Überlieferung Wolfdietrichs nebulöser Vater Hugdietrich als König von Konstantinopel bezeichnet.
Das Problem ist nur, daß Bugge die Runen nicht richtig lesen konnte. Oder zumindest eine der isländischen Sonderrunen verwechselte. Da steht nämlich nach heutiger Deutung nicht “konungr greka”, König der Griechen, sondern “konung ... er vá dreka”, der König, der einen Drachen tötete.”
(s. http://www.arild-hauge.com/islandruner.htm Sigle: IS IR 181)
Entscheidender erscheint mir aber der Umstand, daß die Bilder in Valþjófsstaðir etwas ganz anderes darstellen als den Drachenkampf (Wolf-)dietrichs. Dort springt der König nämlich beim Anblick der miteinander kämpfenden Tiere von seinem Pferd, und beim ersten Hieb gegen den Drachen zerbricht sein Schwert. “Die Klinge fiel ihm aus der Hand und flog auf der anderen Seite des Wurmes auf die Erde”, heißt es in der deutschen Übersetzung. - Tja, peinliches Mißgeschick; und obwohl Dietrich noch einen Baum als Waffe ausreißt, greift ihn sich der Drache samt Löwen und fliegt mit ihnen zu seiner Behausung, wo er den Löwen seinen Jungen zum Fraß vorwirft. Exit Leo. Der Rest des Bildprogramms in Valþjófsstaðir kann also nicht mehr nach der Þiðreks saga gestaltet sein.
Damit werden wir zurückverwiesen auf den Löwenritter Chretiens de Troyes. Der beschreibt die Drachenkampfszene in seinem Yvain-Epos (in einer neufranzösischen Prosabearbeitung) so:
“Messire Yvain cheminait pensif dans une profonde forêt; soudain il entendit un grand cri de douleur. Il se dirigea vers l'endroit d'où venait le cri qu'il avait entendu. Quand il y parvint, il vit un lion dans un essart et un serpent qui le tenait serré par la queue et lui brûlait l'échine d'une flamme ardente qu'il vomissait. Messire Yvain ne s'attarda pas à contempler longtemps ce prodige. En lui-même il se demanda : auquel allait-il porter secours? Il se rangea du côté du lion, pensant qu'on ne doit faire du mal qu'à une bête venimeuse et félonne. Or le serpent est venimeux. Du feu lui sort de la bouche tant il est plein de félonie. Aussi messire Yvain décida de le tuer en premier. Il tire donc l'épée, s'avance et devant son visage met son écu pour éviter la brûlure des flammes que vomissait l'animal par une gueule plus large qu'une marmite. Avec son épée bien afilée, il attaque le serpent félon. Il le tranche jusqu'à terre et le tronçonne en deux moitiés et tant le frappe qu'il le démince et le dépièce. Mais il lui fallut couper un morceau de la queue de lion car la tête du serpent y était accrochée.”
Wenn es außer mir noch jemand hier verstehen könnte, könnte ich diese Passage in Altnordisch wiedergeben, denn Chretiens Versepos wurde bereits im Mittelalter im Norden übersetzt. In Saga-Prosa, wie es dort üblich und große Kunst war. Die deutsche Übersetzung (von Rudi Simek) dieses Abschnitts aus der Saga lautet:
“Nun zog Herr Iven seiner Wege und ritt in ein tiefes Tal und kam in einen dichten Wald. Er hörte ein klägliches Geschrei und Geräusch und lenkte sofort sein Pferd dorthin. Da sah er im Gebüsch einen großen Löwen und einen Drachen, der ihn am Schwanz festhielt und ihn mit dem Feuer und Gift, das er auf ihn blies, verbrannte, sodaß die Lenden des Löwen durch die Flammen und das Gift des Drachen versengt und verbrannt wurden. Als Herr Iven diesen sonderbaren Vorfall sah, da überlegte er, wem von ihnen er helfen sollte. [Die christlich moralistische Erwägung ist im altnordischen Text ausgelassen.] Er stieg vom Pferd und band es fest, damit es durch den Drachen keinen Schaden erleide. Er zog dann das Schwert und schützte sich mit dem Schild, damit ihm das Feuer nicht schade, das der Drache aus seinem Rachen blies, welcher so groß wie ein Ofenloch war. Da er merkte, daß ihn der Löwe zu Hilfe rief, wollte er ihm nun gerne helfen, wie auch immer er und der Löwe nachher miteinander zurechtkommen würden. Er schlug also den Drachen mittenauseinander und dann in kleine Stücke [...] Aber der Löwe kroch zu ihm und drehte den Bauch nach oben und benetzte seine Schnauze mit Tränen und unterwarf so Herrn Iven.” Und er wurde Herrn Ivens treuer Helfer und Begleiter bis an das Ende seines Lebens.
“Und hier schließt die Saga von Herrn Iven, er Hákon konungr gamli lét snúa ór Franzeisu í Norroenu” (die König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Nordische übersetzen ließ).
Die Ivens saga war nicht die einzige, die König Hákon Hákonarsson von Norwegen, wegen seiner langen Regierungszeit von 1217-63 “der Alte” genannt, übersetzen ließ. Ein Bruder Robert fertigte in seinem Auftrag eine Tristrams saga an, es folgten eine Parcevals saga, eine Saga om Flores og Blankiflur und etliche weitere. Dahinter stand natürlich ein Programm. Hákon wollte seinem Hof und seiner Gefolgschaft etwas vom Geist der höfischen Kultur an den gesitteten Höfen Frankreichs und die ritterlichen Ideale vermitteln, wie er es noch direkter in Konungs skuggsjá, dem Königsspiegel, einem umfassenden Erziehungsbuch für seine Söhne, ausdrücken ließ. Zwar dürften Bruder Robert und auch der Verfasser des Königsspiegels Norweger gewesen sein; aber selbst nach Ansicht der Norweger waren Isländer die besten Schriftsteller des Nordens. So ließ König Hákon seine eigene Saga noch zu Lebzeiten von einem Isländer, dem Historiker Sturla Þorðarson, schreiben. Und die Isländer nahmen Abschriften der neuen höfischen Rittersagas mit auf ihre Insel, wo sie offenbar schnell populär wurden. Von der Ivens saga sind dort nicht weniger als 15 Handschriften erhalten geblieben. (Die jüngsten wurden noch im 19. Jahrhundert abgeschrieben.)
Morgen wende ich mich der Frage zu, warum der Löwenritter Yvain ausgerechnet auf dem Bauernhof Valþjófsstaðir Spuren hinterließ.
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