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Samstag, 4. April 2009
Gunnarshús
Dieses Haus steht ähnlich fremd bis befremdlich und eigenwillig in der Gegend wie der hier in Auszügen vorgestellte eigenwillige Roman des Autors in der Literatur seiner Zeit. Er selbst war mehr als 30 Jahre ein Fremdling in dem Land, in dem er sich aufhielt, und in der Sprache, in der er seine Bücher schrieb. Wie der Pole Joseph Conrad in dem ihm zunächst fremden Englisch Bücher von Weltgeltung verfaßte, schrieb der Isländer Gunnar Gunnarsson seine damals viel gelesenen Romane auf Dänisch, das er nach wenigen Jahren vollendet beherrschte. Als er nach 32 Jahren in Dänemark nach Island zurückkehrte, war er auch dort fremd geworden. Man sieht es dem Haus an, das er sich 1939 in Sichtweite des Hofs errichten ließ, auf dem er seine frühe Kindheit verbracht hatte.
Deutschen Betrachtern erscheint es für ein Haus jener Zeit vielleicht gar nicht so fremd, und das überrascht nicht, denn es wurde von einem deutschen Architekten gezeichnet. Und zwar von keinem unbekannten, sonderm vom Erbauer u.a. des Chilehauses in Hamburg, Fritz Höger.
Höger war sicher kein unproblematischer Mensch, der sich den Nazis andiente, wie er nur konnte, aber vor Hitlers Augen mit seinen programmatisch norddeutschen Backsteinfassaden wegen dessen neoklassizistischer Vorlieben keine Gnade fand.
Gunnar Gunnarsson (GG) dürfte ihn bei den Versammlungen der Nordischen Gesellschaft in Lübeck kennengelernt haben, die den Isländer aus Dänemark in den Anfangsjahren des Dritten Reichs als eine Art Vorzeigenordländer immer wieder zu Lesungen einlud. Beide stammten aus vergleichbaren bäuerlichen Verhältnissen und scheinen sich fast miteinander befreundet zu haben. Jedenfalls bat GG Höger, ihm für das Land, das er im Osten Islands erworben hatte, ein Haus zu entwerfen - und Höger legte los.
Er entwarf einen herrschaftlichen Gutshof mit Wirtschaftsgebäuden und Stallungen für 800 Schafe, Kühe und Pferde, wie er ihn sich als Trutzburg eines nordischen Odalbauern vorstellen mochte. Die Wände sollten wie ein Stauferkastell aus Basaltwackersteinen errichtet werden. Auf seinen Bauzeichnungen wird das Haupthaus von hohen Bäumen beschattet. Mit den Gegebenheiten in Island hatte das alles wenig zu tun.
Gebaut wurden letztlich lediglich das Haupthaus und ein Seitenflügel, und die Ausführung wurde von den örtlichen Handwerkern auch recht anders gelöst, als sich der Architekt das vorgestellt hatte.
Trotzdem ist das Ergebnis ein bis heute völlig einzigartiges Bauwerk in Island.
Wer an die traditionellen Bauernhäuser aus Grassoden denkt oder an die mit Wellblech gedeckten und verkleideten Holzhäuschen jener Zeit, dem erscheint dieses Haus, das damals etwa den Gegenwert von zehn Einfamilienhäusern in Reykjavík gekostet hat, geradezu grotesk.



Besonders wenn man es wie die meisten Touristen im Sommer besucht, wenn das harte Schwarzweiß seiner Fassaden gleichsam aus den grünen Hängen und Wiesen herauszuspringen scheint wie gebleichte Knochen.
Erst im Winter fügt es sich besser in die dann ebenfalls schwarzweiße Umgebung ein.

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