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Freitag, 19. November 2010
Musikalisches Zwischenspiel
Da ich mich nun sowieso schon wieder auf Abschweifungen begeben habe – woraus besteht dieses Blog überhaupt, wenn nicht aus Abschweifungen? – darf auch erwähnt werden, daß ich gestern abend ein sehr schönes Konzert besucht habe. Ein richtiges Konzert, keine vorabgemixte Megashow ohne Fehl & Tadel und Authentizität; ein Konzert auf eher kleiner Bühne in einem Theatersaal, der wahrlich keine gute Akustik für eine musikalische Vorführung bot, und dennoch füllte die junge Sängerin den Saal jederzeit mühelos mit ihrem enormen Stimmvermögen oder auch mit leisem, nachdenklichem Gesang ohne Mikro, wenn ihr danach war.
Mor Karbasi, eine Israelin mit langjähriger arabischer Gesangsausbildung. Ihre Mutter und ihre Großeltern stammen aus Marokko, ihr Vater aus dem Iran, und dieses weit verzweigte Wurzelwerk führt rund ums Mittelmeer gut 500 Jahre zurück zu den sephardischen Juden vor ihrer Vertreibung aus Spanien. In ihrer (fast verlorenen) Sprache, dem Ladino, einer Mischsprache aus Spanisch und Hebräisch mit Einsprengseln aus allen Ländern ihrer Diaspora, singt Mor Karbasi alte sephardische Lieder aus dieser Zeit und neue, die musikalische Stile aus Flamenco, Fado, berberischer, arabischer, persischer und moderner westlicher Musik mischen. Wenn es überhaupt einer Falsifizierung der gegenwärtigen Neuauflage einer stets blödsinnigen Ausgrenzungspolitik bedürfte, braucht man sich bloß diese Musik anzuhören. Wie viel ärmer wären wir ohne die befruchtende Mischung von Kulturen und Traditionen. "Multikulti" ist gescheitert? Ein politisches Programm mit diesem Etikett vielleicht. Aber diese junge Frau verkörpert (auf hörbarere Weise als die meisten von uns) Multikulturalität in Fleisch und Blut.


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