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Donnerstag, 4. März 2010
Düstere Aussichten für NL
Ich habe mich hier im Fahrtenbuch schon einmal darüber gewundert, wie die Niederländer es geschafft haben, der Welt ihr Image zu verkaufen, eines der tolerantesten und lockersten Völker der Welt zu sein. Gestern hat Holland gewählt, und auf einmal zeichnen sich die Schatten eines ganz anderen Bildes ab. Eine Ein-Mann- und Ein-Thema-Partei ist bei den landesweiten Gemeinderatswahlen eindeutiger Sieger geworden: die Partij voor de Vrijheid des Geert Wilders. Zwar trat sie nur in zwei Städten zur Wahl an, doch wurde sie in Almere, einer Schlafstadt von Amsterdam, mit 21,6% (und 9 Sitzen) auf Anhieb stärkste Partei, in Den Haag erreichte sie mit 18% der abgegebenen Stimmen Platz 2 und 8 Sitze im Stadtrat.
Seitdem vor kaum zwei Wochen die niederländische Regierung über die Afghanistanfrage stürzte, galt die Kommunalwahl als Stimmungsbarometer für die Parlamentsneuwahl Anfang Juni, und alle Beobachter stimmen darin überein, daß sehr, sehr viele Wähler gestern bei ihrer Stimmabgabe viel weniger an die Kommunalpolitik in ihrer Heimatgemeinde als an die nächste Landesregierung dachten. Heute steht nun fest, daß die Wilderspartei dabei ganz vorn mitspielen dürfte. Nach einer Umfrage des öffentlichen Fernsehsenders NOS während der gestrigen Wahl könnte sie im Juni landesweit drittstärkste Kraft werden. Wilders selbst ist überzeugt: “Wir werden am 9. Juni die größte Partei der Niederlande.”
Und wofür haben die Niederländer, die gestern die Wilderspartei wählten, gestimmt? In erster Linie wohl nicht für, sondern gegen etwas, nämlich gegen die Toleranz, derer sie sich nach außen hin so rühmen. Das alles beherrschende Thema von Wilders Wahlkampagne ist nämlich eine Kampfansage an die Moslems im eigenen Land, flankiert von mehr als rüden Polizeistaatsforderungen. Letztes Jahr gewann er die Europawahlen in den Niederlanden mit der Forderung eines generellen Einwanderungsstops für Muslime. “Ich hasse den Islam”, hat er dem Spiegel schon vor zwei Jahren in einem Interview erklärt und fordert, den Koran ebenso zu verbieten wie “Mein Kampf”. Kopftuchtragen in öffentlichen Gebäuden soll seiner Meinung nach unter Strafe gestellt und generell mit einer Steuer von 1000 Euro pro Kopf und Jahr bestraft werden. Die “Haß-Bärte” der “marokkanischen Straßenterroristen” (so seine Wortwahl) sollten am besten auch gleich ab. Unter dem Titel “Der Angsthändler” hat der Spiegel letztes Jahr ein recht gutes Porträt Wilders gebracht. Für die Gemeinderatswahlen haben seine PVV-Kandidaten abgesehen von ihrer offenen Feindseligkeit gegen Einwanderer noch einen hübschen Strauß billigst populistischer Forderungen aus dem Hut gezaubert. Zu ihnen gehört die Abschaffung von Parkgebühren für Anwohner und der Hundesteuer. PVV-Spitzenkandidat Raymond de Roon möchte in Almere demnächst zusätzlich zur Polizei bürgerwehrähnliche “Stadtkommandos” patrouillieren lassen und der Polizei gegen “Randalierer” gezielte Schüsse in die Knie erlauben.
Zeigt das die Richtung an, in die sich die vermeintlich ach so offene Gesellschaft in den Niederlanden bewegt? Jedenfalls haben die gewählten PVV-Kandidaten in Den Haag gestern abend schon einmal angekündigt, daß sie die etablierte Politik noch gehörig aufmischen und “helemaal gek maken” wollen.
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