Dienstag, 30. Juni 2009
Der Blick von Södermalm
"Über Liljeholm stand die Sonne und warf ganze Strahlenbündel ostwärts. Sie durchdrangen die Rauchsäulen von Bergsund, eilten über den Riddarfjord, kletterten zum Kreuz der Riddarholm-Kirche hinauf, warfen sich auf das steile Dach der Tyska-Kirche, spielten mit den Wimpeln der Schiffe im Skeppsbro, blinkten auf in den Fenstern des großen Zollhauses, beleuchteten die Wälder von Lidingö und erstarben in einer rosenfarbenen Wolke, weit, weit in der Ferne, wo das Meer liegt. Und von dort kam der Wind...
Er wandte sich dem Wind zu, knöpfte den Überzieher auf und atmete ein paarmal tief; das schien ihm Brustkorb und Herz zu erleichtern. Dann begann er an dem Geländer, das den Park von dem steilen Abhang zur See trennte, hin und her zu gehen. Weit unten lärmte die erwachende Stadt: die Dampfkräne im Stadsgårdhafen kreisten, die Eisenstangen auf der Eisenwaage rasselten, die Pfeifen der Schleusenwärter pfiffen, die Dampfer im Skeppsbro stießen Dampf aus, die Omnibusse polterten über das Kopfsteinpflaster des abschüssigen Schloßplatzes... all das machte den Eindruck von Leben und Geschäftigkeit und schien die Energie des jungen Mannes zu wecken; sein Gesicht drückte jetzt Trotz, Lebenslust und Entschlossenheit aus, und als er sich über das Geländer beugte und auf die Stadt hinabblickte, war es, als betrachte er einen Feind."
(August Strindberg: Das rote Zimmer, 1879)
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