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Donnerstag, 17. Juni 2010
Bilderberg: "Es geht um die wichtigsten Probleme, vor denen die Welt steht."
1.| Vouliagmeni 2009
Eine Schimäre? Ein Trugbild also, ein Hirngespinst, dieser Bilderberg-Club? Vor fünf, sechs Jahren noch hätte Ihnen eine so seriöse Zeitung wie der britische Guardian darin aus voller Überzeugung zugestimmt. “Conspiracy theorists of the world unite”, überschrieb er seine kurze Meldung zum Bilderberg-Treffen 2005 in Rottach-Egern. Letztes Jahr schickte er einen eigenen Reporter zum B-Treffen im griechischen Vouliagmeni, der sich zunächst nach Kräften lustig machte. (Alle Artikel dazu, aus denen ich im folgenden zitiere, gesammelt hier: Bilderberg) “It isn't happening. It doesn't exist. I'm flying out to Athens for no reason at all”, begann er seine damalige Artikelserie.
“It is definitely happening”, schrieb er am nächsten Tag. “I've seen the guns. I thought it might be a good idea to go to the Astir Palace resort for lunch. See just what kind of a cheese omelette the president of the Federal Reserve is going to be enjoying. I didn't get far... A security guard opened the cab door, leaned in: "We're closed now. Only guests." And to the driver, a bark of instructions to turn around. We turned around.”
Nach einem Beinahzusammenstoß mit der Polizei wegen eines Fotos ging ihm plötzlich etwas auf:
“Should publicly elected officials be meeting in armed privacy to discuss global policy with unnamed private individuals?”
Wie wenig privat die Atmosphäre um den jeweiligen Bilderberg-Treffpunkt nach außen hin ist, bekam Skelton während seines gesamten Aufenthalts in Athen und Umgebung zu spüren, und nicht nur er.
Der Bilderberg will nach außen ein ganz unverfängliches, informelles Treffen sein. "I simply think it's people who have influence interested to speak to other people who have influence," erklärte einmal der einladende Viscount Davignon.
Der Berichterstatter des Guardian hat schon letztes Jahr in Vouliagmeni einen ganz anderen Eindruck gewonnen:
2| Sitges 2010
“Nothing to report.” – Charlie Skelton dürfte ja kein Journalist sein, wenn er in diesem Jahr nicht wiedergekommen wäre. Und diesmal kam er nicht allein, auch das spanische Fernsehen war zur Stelle und postierte ein Kamerateam – am letzten Kreisverkehr vor den Kontrollpunkten der Polizei und weit vom Hotel Dolce in Sitges entfernt. Drinnen hatte es sicher keine Drehgenehmigung erhalten. Der Guardian war inzwischen richtig neugierig geworden und wollte mehr als die Teichoskopien seines auf Heulsuse machenden Reporters vom Vorjahr. Darum arbeitete er sogar mit den verrufen zwielichtigen Globalisierungsgegnern und Amateurpaparazzi auf der Jagd nach Bilderberg-Teilnehmern zusammen und kaufte ihnen exklusiv ihre Fotos ab. Dank dieser wachen und wagemutigen Aktivisten konnte der Guardian diesmal recht umfangreiche Bildergalerien veröffentlichen, die eindeutig beweisen, wer am diesjährigen halb konspirativen Treffen der Bilderberger teilgenommen hat. Damit war bereits mehr Öffentlichkeit erreicht als jemals zuvor bei einem B-Meeting. Seitdem gibt es auf einmal eine Homepage, die sogar eine Tagesordnung sowie eine Liste der Teilnehmer bereitstellt und von unserem lieben Bundestagsabgeordneten und SPD-Vize Olaf Scholz, auch geborener Osnabrücker und diesjähriger Bilderberg-Teilnehmer, als offizielle Quelle genannt wurde. Ein wenig ist der Deckel nun also erstmals gelüftet worden, aber sogleich beeilten sich andere Journalisten, das Süppchen darunter auf kleine Flamme zu stellen: “Here's what Iain Hollingshead wrote about Bilderberg in the Daily Telegraph last week: "The reality of these conferences appears to boil down to a group of willy-waggling old men comparing their security details and dreaming of past glories", referierte Skelton und fragte zu recht: “Does that describe Jyrki Katainen, Finland's 39-year-old finance minister? Or Microsoft's chief research officer, Craig Mundie? Or Bill Gates? Or the prime minister of Spain?” Und er wunderte sich: “why attending Bilderberg has to remain such a mystery remains a mystery... Tony Blair attended in 1993, but lied about it in parliament. Why lie? Why hide? If it's a long weekend of ping-pong, why the secrecy? If it's a long weekend of global strategising, why not simply behave like adults and talk to the press about it?”
Right he is, und das hat sich vielleicht auch ein ehemaliger Bilderberger gedacht, nämlich der frühere NATO-Generalsekretär Willy Claes, der sich am Abend der Eröffnung des diesjährigen Bilderberg-Treffens in Sitges vom Belgischen Radio 1 interviewen ließ. Er bestätigte u.a., daß in der Tat Etienne Davignon und Henry Kissinger die zwei “steunpilaren rond welke heel de Bilderberg conferentie draait” seien, die beiden Stützpfeiler also, um die sich die gesamte Bilderbergkonferenz dreht. Die Königin der Niederlande und der König von Spanien nähmen ebenfalls “regelmatig” daran teil.
Auf die Frage, was denn nun auf den Konferenzen besprochen würde, gab Claes zur Auskunft, auf der Tagesordnung ständen jeweils “de meest belangrijke problemen met dewelke de wereld geconfronteerd is”. – Neinneinnein, wehrte er ab, es gäbe keine Abstimmungen und es würden auch keine Resolutionen zu Papier gebracht (womit er genau das wiederholte, was das Büro der Bilderberg-Gruppe an der Universität Leiden 2008 in einer der ganz seltenen Presseverlautbarungen erklärte), aber, so Claes weiter, jeder Vortragende gebe natürlich eine Art Zusammenfassung (Synthese) zu seinem Thema, “en iedereen is verondersteld gebruik te maken van die conclusies in het milieu waar hij invloed heeft hé.” Was ich und auch die englische Übersetzung so verstehen, daß von “jedem (Teilnehmer) angenommen oder erwartet wird, daß er von diesen Schlußfolgerungen Gebrauch macht in dem jeweiligen Bereich, in dem er über Einfluß verfügt.”
Heißt das etwas anderes, als daß vom Bilderberg gezielt und zugleich in verschiedenste Bereiche gestreut Meinungsbildung und vielleicht auch Einflußnahme auf Entscheidungsfindungen betrieben wird? Mit anderen Worten also mindestens Lobbyismus. Aber kann man es noch schlicht Lobbyarbeit, Einflüsterung oder versuchte Einflußnahme nennen, wenn diese niederen Tätigkeiten von den Chefs von Weltkonzernen und amtierenden Ministerpräsidenten persönlich ausgeübt werden?
Weitere informative Seiten zum Thema:
Hinter den Kulissen: http://fosar-bludorf.com/bilderberger/
Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bilderberg-Konferenz
BBC 2003: http://www.propagandamatrix.com/bbc_radio_4_bilderberg.mp3
Junge Welt: http://www.jungewelt.de/2010/06-11/044.php
Schall & Rauch: http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2010/06/weitere-fotos-der-bilderberg-teilnehmer.html
Eine Schimäre? Ein Trugbild also, ein Hirngespinst, dieser Bilderberg-Club? Vor fünf, sechs Jahren noch hätte Ihnen eine so seriöse Zeitung wie der britische Guardian darin aus voller Überzeugung zugestimmt. “Conspiracy theorists of the world unite”, überschrieb er seine kurze Meldung zum Bilderberg-Treffen 2005 in Rottach-Egern. Letztes Jahr schickte er einen eigenen Reporter zum B-Treffen im griechischen Vouliagmeni, der sich zunächst nach Kräften lustig machte. (Alle Artikel dazu, aus denen ich im folgenden zitiere, gesammelt hier: Bilderberg) “It isn't happening. It doesn't exist. I'm flying out to Athens for no reason at all”, begann er seine damalige Artikelserie.
“It is definitely happening”, schrieb er am nächsten Tag. “I've seen the guns. I thought it might be a good idea to go to the Astir Palace resort for lunch. See just what kind of a cheese omelette the president of the Federal Reserve is going to be enjoying. I didn't get far... A security guard opened the cab door, leaned in: "We're closed now. Only guests." And to the driver, a bark of instructions to turn around. We turned around.”
Nach einem Beinahzusammenstoß mit der Polizei wegen eines Fotos ging ihm plötzlich etwas auf:
“it struck me: there really ISN'T any fotografia. There's none. Not a single member of the mainstream press. Not a single newshound camera on a tripod. Nothing. Nothing is happening here. Nothing to report. The limousines have started to arrive. Nothing to report. They've closed off an entire peninsula. There are roadblocks. Machine guns. Nothing to report. This is Bilderberg's 57th annual meeting. Nothing to report.”Und Charlie Skelton begann nachzudenken: “Anyone who takes a "fair enough they should meet in private" position on Bilderberg should at least find it odd that we don't properly know who "they" are.” Und er stellte die auch in meinen Augen grundlegende Frage:
“Should publicly elected officials be meeting in armed privacy to discuss global policy with unnamed private individuals?”
Wie wenig privat die Atmosphäre um den jeweiligen Bilderberg-Treffpunkt nach außen hin ist, bekam Skelton während seines gesamten Aufenthalts in Athen und Umgebung zu spüren, und nicht nur er.
“It isn't just me who's been hauled into police custody for daring to hang around half a mile from the hotel gates. The few journalists who've made the trip to Vouliagmeni this year have all been harassed and harried and felt the business end of a Greek walkie-talkie. Many have been arrested. Bernie, from the American Free Press, and Gerhard the documentarian (sounds like a Dungeons and Dragons character) chartered a boat from a nearby marina to try to get photos from the sea. They were stopped three miles from the resort. By the Greek navy.”Ein ganz privates Clubtreffen, das von der Marine bewacht wird? Schon merkwürdig, oder? Und das war noch nicht alles: “A police officer told the Associated Press (on condition of anonymity): "The resort was being protected by hundreds of police, navy commandos, coast guard speedboats and two F-16 fighter planes." That's right. Two F-16 fighter planes.”
Der Bilderberg will nach außen ein ganz unverfängliches, informelles Treffen sein. "I simply think it's people who have influence interested to speak to other people who have influence," erklärte einmal der einladende Viscount Davignon.
Der Berichterstatter des Guardian hat schon letztes Jahr in Vouliagmeni einen ganz anderen Eindruck gewonnen:
“Three days and I've been turned into a suspect, a troublemaker, unwanted, ill at ease, tired and a bit afraid. And I haven't even walked up the road to the Bilderberg hotel since the whole "get in the car!" [...]
Bilderberg is about positions of control. I get within half a mile of it, and suddenly I'm one of the controlled. I'm followed, watched, logged, detained, detained again. I'd been put in that position by the "power" that was up the road [...] Bilderberg is all about control. It's about "what shall we do next?" We run lots of stuff already, how about we run some more? How about we make it easier to run stuff? More efficient. Efficiency is good. It would be so much easier with a single bank, a single currency, a single market, a single government. How about a single army? That would be pretty cool. We wouldn't have any wars then. This prawn cocktail is GOOD. How about a single way of thinking?”
2| Sitges 2010
“Nothing to report.” – Charlie Skelton dürfte ja kein Journalist sein, wenn er in diesem Jahr nicht wiedergekommen wäre. Und diesmal kam er nicht allein, auch das spanische Fernsehen war zur Stelle und postierte ein Kamerateam – am letzten Kreisverkehr vor den Kontrollpunkten der Polizei und weit vom Hotel Dolce in Sitges entfernt. Drinnen hatte es sicher keine Drehgenehmigung erhalten. Der Guardian war inzwischen richtig neugierig geworden und wollte mehr als die Teichoskopien seines auf Heulsuse machenden Reporters vom Vorjahr. Darum arbeitete er sogar mit den verrufen zwielichtigen Globalisierungsgegnern und Amateurpaparazzi auf der Jagd nach Bilderberg-Teilnehmern zusammen und kaufte ihnen exklusiv ihre Fotos ab. Dank dieser wachen und wagemutigen Aktivisten konnte der Guardian diesmal recht umfangreiche Bildergalerien veröffentlichen, die eindeutig beweisen, wer am diesjährigen halb konspirativen Treffen der Bilderberger teilgenommen hat. Damit war bereits mehr Öffentlichkeit erreicht als jemals zuvor bei einem B-Meeting. Seitdem gibt es auf einmal eine Homepage, die sogar eine Tagesordnung sowie eine Liste der Teilnehmer bereitstellt und von unserem lieben Bundestagsabgeordneten und SPD-Vize Olaf Scholz, auch geborener Osnabrücker und diesjähriger Bilderberg-Teilnehmer, als offizielle Quelle genannt wurde. Ein wenig ist der Deckel nun also erstmals gelüftet worden, aber sogleich beeilten sich andere Journalisten, das Süppchen darunter auf kleine Flamme zu stellen: “Here's what Iain Hollingshead wrote about Bilderberg in the Daily Telegraph last week: "The reality of these conferences appears to boil down to a group of willy-waggling old men comparing their security details and dreaming of past glories", referierte Skelton und fragte zu recht: “Does that describe Jyrki Katainen, Finland's 39-year-old finance minister? Or Microsoft's chief research officer, Craig Mundie? Or Bill Gates? Or the prime minister of Spain?” Und er wunderte sich: “why attending Bilderberg has to remain such a mystery remains a mystery... Tony Blair attended in 1993, but lied about it in parliament. Why lie? Why hide? If it's a long weekend of ping-pong, why the secrecy? If it's a long weekend of global strategising, why not simply behave like adults and talk to the press about it?”
Right he is, und das hat sich vielleicht auch ein ehemaliger Bilderberger gedacht, nämlich der frühere NATO-Generalsekretär Willy Claes, der sich am Abend der Eröffnung des diesjährigen Bilderberg-Treffens in Sitges vom Belgischen Radio 1 interviewen ließ. Er bestätigte u.a., daß in der Tat Etienne Davignon und Henry Kissinger die zwei “steunpilaren rond welke heel de Bilderberg conferentie draait” seien, die beiden Stützpfeiler also, um die sich die gesamte Bilderbergkonferenz dreht. Die Königin der Niederlande und der König von Spanien nähmen ebenfalls “regelmatig” daran teil.
Auf die Frage, was denn nun auf den Konferenzen besprochen würde, gab Claes zur Auskunft, auf der Tagesordnung ständen jeweils “de meest belangrijke problemen met dewelke de wereld geconfronteerd is”. – Neinneinnein, wehrte er ab, es gäbe keine Abstimmungen und es würden auch keine Resolutionen zu Papier gebracht (womit er genau das wiederholte, was das Büro der Bilderberg-Gruppe an der Universität Leiden 2008 in einer der ganz seltenen Presseverlautbarungen erklärte), aber, so Claes weiter, jeder Vortragende gebe natürlich eine Art Zusammenfassung (Synthese) zu seinem Thema, “en iedereen is verondersteld gebruik te maken van die conclusies in het milieu waar hij invloed heeft hé.” Was ich und auch die englische Übersetzung so verstehen, daß von “jedem (Teilnehmer) angenommen oder erwartet wird, daß er von diesen Schlußfolgerungen Gebrauch macht in dem jeweiligen Bereich, in dem er über Einfluß verfügt.”
Heißt das etwas anderes, als daß vom Bilderberg gezielt und zugleich in verschiedenste Bereiche gestreut Meinungsbildung und vielleicht auch Einflußnahme auf Entscheidungsfindungen betrieben wird? Mit anderen Worten also mindestens Lobbyismus. Aber kann man es noch schlicht Lobbyarbeit, Einflüsterung oder versuchte Einflußnahme nennen, wenn diese niederen Tätigkeiten von den Chefs von Weltkonzernen und amtierenden Ministerpräsidenten persönlich ausgeübt werden?
“Stop, once and for all, saying that it's a bunch of has-beens meeting up for cocktails and cribbage”, ruft Skelton. “Calling Bilderberg a "talking shop" is like calling a war a "police action". It's like calling Henry Kissinger the winner of the 1973 Nobel peace prize.”
Weitere informative Seiten zum Thema:
Hinter den Kulissen: http://fosar-bludorf.com/bilderberger/
Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bilderberg-Konferenz
BBC 2003: http://www.propagandamatrix.com/bbc_radio_4_bilderberg.mp3
Junge Welt: http://www.jungewelt.de/2010/06-11/044.php
Schall & Rauch: http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2010/06/weitere-fotos-der-bilderberg-teilnehmer.html
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