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Freitag, 14. Mai 2010
"De par le roi défense à Dieu de faire miracle en ce lieu"
Ach, sie lieben ja doch die großen Worte und die große Pose, die lieben kleinen Französchen. Sie singen und springen wie eh und je und tragen auch weiße Höschen. Wir haben den Ring der ehemaligen Stadtmauer König Philippe Augustes auf dem linken Seineufer hinter uns gelassen und folgen dem Lauf des Biberflüßchens hangauf, das nur noch als Abwasserkanal zugedeckelt unterirdisch durch die Darmwindungen von Paris fließen darf und längst ebenso aus dem Stadtbild verschwunden ist wie die Mauern aus dem 13. Jahrhundert. Hinter der Böschung eines ehemaligen Festungsgrabens, der Contrescarpe, bummeln wir ein eher beschauliches, schmales Gäßchen hinauf. Seine Häuser sind von den Bauverordnungen des Barons Haussmann sichtlich nicht betroffen worden; sie sind schmaler, niedriger, im Erdgeschoß fast immer kleine Läden, die Türen weit geöffnet, Stände und Stellagen davor, die den Gehweg noch schmaler machen und die Straße zugleich um die Verkaufsräume der Läden erweitern. Menschen gehen ein und aus, mit Einkaufstüten bepackt, aus denen Stangen von Porree und Baguettes ragen. Es ist ein kleineres, alltäglicheres Treiben hier als auf den großen Prachtstraßen, aber der Franzose Eric Hazan beschwört auch noch oder gerade hier zwischen den schmalen Häusern der Rue Mouffetard den “endlosen Kampf zwischen dem Geist des Raumes und dem Geist der Zeit”.
Die alten Läden, die Marktstände, die Bäume auf den Resten des kleinen Friedhofs bei der Kirche des hl. Medardus, wo in den 1720er Jahren die “Konvulsiven” in Trance halbnackt auf den Gräbern tanzten, bis König Louis XV. ein Schild aufstellen ließ, daß es “auf Befehl des Königs bei Gott verboten ist, an diesem Ort Wunder zu machen”, “diese ganze Palette von Epochen, Stilen und Ereignissen verleiht diesem Ort einen Geist, der sich mit keinem anderen vergleichen läßt”, schreibt Hazan.
Wir nehmen‘s auch eine Nummer kleiner, freuen uns an dem herrlichen Angebot von frischestem Obst und Gemüse, Deftigem und Delikatessen, wir staunen, daß es schon französische Erdbeeren gibt, die einander so ähnlich sehen, als kämen sie aus dem Klonlabor, und doch Aroma haben, und wir lassen uns schließlich in einem kleinen Straßencafé zwischen den Marktständen vor der Kirche nieder, bestellen einen knackigen Salat mit Ziegenkäse, Brot dazu und einen von diesen leichten Roséweinen, die sich in Frankreich als schlichte Tafelweine erstaunlicherweise sogar oft trinken lassen. Es ist Mittag, die Tische füllen sich zusehends mit Angestellten, die rasch eine Kleinigkeit essen, einen Kaffee trinken oder auf einer der Bänke in dem winzigen Kirchhofgärtchen für eine halbe Stunde die warme Frühlingssonne genießen wollen. Wer hätte das gedacht, aber so schön kann Paris sein.

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