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Donnerstag, 26. März 2009
Tagträumerei bei Schneefall
Kein Nordlicht heute; kein Himmel. Nur Schneefall aus einer Wolke, die anscheinend bis zum Talboden reicht. Vor den Fenstern nichts als dampfendes Weiß und leise rieselndes Weiß und liegendes Weiß. Was es vor Tagen noch an Geräuschen im Tal gab, das Rauschen des Flusses, den fernen Wasserfall, der nach Monaten der Eisesstarre seine Tätigkeit wieder aufgenommen hatte, einen Flug Wildgänse oben am heiter blauen Himmel, drei Singschwäne, die ohne Unterlaß trompetend auf der Suche nach offenen Wasserflächen ihre Runden drehten, das Wiehern der Pferde auf den Wiesen unten am Fluß, die mit den Keilereien der Frühjahrsbrunst begonnen hatten - all das ist weg. Es ist noch stiller als still, es ist unvorstellbar still, wenn man die absolute Stille noch nicht gehört hat. Der lockere Schnee, der noch dem dünnsten Zaunpfahl hohe Häubchen aufsetzt, schluckt jeden Ton. Und von oben rieselt es nach, Flocke legt sich auf Flocke, laut-los, als würde es nicht eher ein Ende nehmen als bis das ganze Urstromtal gefüllt wäre mit diesem weißen, schwerelosen Schüttmaterial, dessen einzelne Kristalle kaum Gewicht haben, das aber Tonnen wiegt, deren Masse selbst den Schall erstickt.
Wenn ich näher hinsehe, kann ich jede einzelne Flocke unterscheiden, so locker liegen sie einander auf. Das hat gar nichts von Schwere, es hat etwas Graziles, Leichtfüßiges an sich, wie sie herabgeschwebt kommen und sich behutsam wie auf Zehenspitzen auf ihren Vorgängerinnen niederlassen. Wenn ich hineinbliese, würde das ganze Völkchen wie eine Staubwolke aufwirbeln. Kann man schneetrunken sein? Ich bin‘s und kann mich darein versenken, diesem mäuschenstillen Tanz zuzusehen, der die braune Erde wieder zudeckt mit dem Weiß einer anderen, traumgleichen Wirklichkeit. In dieser undurchsichtigen Wolke aus federleichtem Schnee bin ich außer der Welt, unsichtbar, gehöre dem huldufólk an, dem Verborgenen Volk, das es ja gar nicht gibt.
In der Nacht, es fällt weiß aus tiefer Schwärze in den Lichtkreis der Hoflaterne, erhebt sich Wind. Morgen wird die Straße verweht sein.
Wenn ich näher hinsehe, kann ich jede einzelne Flocke unterscheiden, so locker liegen sie einander auf. Das hat gar nichts von Schwere, es hat etwas Graziles, Leichtfüßiges an sich, wie sie herabgeschwebt kommen und sich behutsam wie auf Zehenspitzen auf ihren Vorgängerinnen niederlassen. Wenn ich hineinbliese, würde das ganze Völkchen wie eine Staubwolke aufwirbeln. Kann man schneetrunken sein? Ich bin‘s und kann mich darein versenken, diesem mäuschenstillen Tanz zuzusehen, der die braune Erde wieder zudeckt mit dem Weiß einer anderen, traumgleichen Wirklichkeit. In dieser undurchsichtigen Wolke aus federleichtem Schnee bin ich außer der Welt, unsichtbar, gehöre dem huldufólk an, dem Verborgenen Volk, das es ja gar nicht gibt.
In der Nacht, es fällt weiß aus tiefer Schwärze in den Lichtkreis der Hoflaterne, erhebt sich Wind. Morgen wird die Straße verweht sein.
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