Nachdem er selbst im Januar 1946 auf der Rückkehr von einer zweiten Reise an den Bodensee zu seinem Bruder von einem amerikanischen Militärposten um ein Haar erschossen worden wäre, erlegt Jünger sich mehr Zurückhaltung auf: „Ich will mich daher vorläufig auf meinen Garten beschränken und auf Ziele, die mit dem Fahrrad zu erreichen sind.” (30.1.46)
Das tut er auch, und in der Folge ereignet sich offenbar wenig Festhaltenswertes. Die zweite Jahreshälfte 1946 geht ohne einen einzigen Tagebucheintrag vorüber. Mit dem Jahreswechsel erfolgt ein neuer Ansatz: „Ich erwog, ob ich ein neues Tagebuch beginnen soll, das immer Ansprüche stellt. Doch bringt es auch Vorteile. Man läßt Lichtspuren auf dem Wellenspiel gelebter Tage, das sonst schnell dunkel wird.”
Er verlebt die Tage jedoch überwiegend im selbstgezogenen kleineren Kreis, erhält zwar Besuch, registriert stoisch die politisch motivierten Verrisse seiner Bücher („ich habe eine Sammlung solcher Curiosa angelegt. Doch soll man nicht gleich das Schlimmste denken”) und arbeitet an einem neuen Werk, Heliopolis, liest, wie immer, viel; auch Allerneustes, Sartre z.B.: „Erstaunlich ist die Beherrschung des Dialogs in seiner authentischen Nichtigkeit [...] Bei der Lektüre dieser Romane hat man den Eindruck, daß man die Gesellschaft in einem trüben Spiegel sieht. Das Essen und Trinken, das Fleisch der Männer und Frauen, selbst die Ideen – alles wird lustlos, vom Todeshauch umweht. Die Stimmung ist die eines Konzentrationslagers ohne Stacheldraht. Das sind Bücher, die man nur einmal liest.” (15.2.47)
Ausflüge gehen nur in die nähere Umgebung, etwa zum romanischen Dom von Königslutter, mit Säulen im Kreuzgang, „die mich an Monreale erinnerten”. – „In einer Zeit, in der größere Reisen sich verbieten, sollte ich öfters die kleinen Städte Niedersachsens auf diese Weise heimsuchen. Da ruht mehr, als man ahnt.” (1.5.47)
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