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Donnerstag, 12. Dezember 2013
gefilmt

Das Thema Gerechtigkeit à la Michael Kohlhaas drängt sich in unserer Zeit natürlich sehr auf. Da ist es nicht weiter verwunderlich, daß der Stoff jetzt gleich zweimal (zum dritten und vierten Mal) verfilmt wurde. Aron Lehmanns Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel war hier leider nicht zu sehen, aber gestern gab es im Delfter Filmhaus "Lumen" noch eine Spätvorstellung von Arnaud des Pallières’ Michael Kohlhaas mit Mads Mikkelsen in der Titelrolle. Die Handlung mit stimmigen Bildern aus dem Streusand der Mark Brandenburg in die wunderbar rauhe Landschaft der Cevennen verlegend, ersetzt der Film auch die gedrängte, stoßartige Sprache Kleists durch – Schweigen. Das paßte eigentlich ganz gut in diesen kaltblau und gelb eingetönten Film, wenn damit nicht auch die Tiefe der Kleist-Kohlhaaschen Problematik verschwiegen würde. So bleibt der Film trotz reichlicher zwei Stunden Länge letztlich eine Abbreviatur der Novelle. Kohlhaas im Film will als Gerechtigkeit ausgegebene Rache für den Verlust seiner Pferde und den Tod seiner Frau; sein grundsätzliches Dilemma aber bleibt ausgespart: Wer in dieser Welt, so wie sie eingerichtet ist, Gerechtigkeit schaffen will, muß, laut Kleist, zwangsläufig zum Gewaltverbrecher werden.

Jetzt noch zu etwas ganz anderem:

Vor einem guten Vierteljahr drohte eine wieder mal als Weltmacht auftrumpfende US-Regierung, diesmal unter Präsident Obama, schon wieder mit einem militärischen Überfall auf ein anderes Land: Syrien. Obama gab vor, unbezweifelbare Geheimdienstinformationen vorliegen zu haben, die den Einsatz von Giftgas durch die Armee des syrischen Präsidenten Assad bewiesen. “Wir wissen, daß Assads Regime dafür verantwortlich ist”, verkündete er am 10. September in einer Fernsehansprache. Dank erheblicher Zweifel in anderen Ländern an der Stichhaltigkeit der angeblichen Beweise und einer klug und sehr schnell agierenden Diplomatie Rußlands unter Außenminister Lawrow sowie der erkennbaren Kriegsunwilligkeit der meisten Amerikaner konnte ein Angriff der US-Armee auf Syrien vorerst noch abgewendet werden. Seither wartet die Welt darauf, daß die Amerikaner ihre Beweise für die Verantwortung Assads am Giftgaseinsatz in der Nähe von Damaskus vorlegen. Einer der renommiertesten unabhängigen Journalisten Amerikas, Seymour Hersh (ja, der, der ‘69 das Massaker in My Lai und 2004 die Sauereien in Abu Ghraib aufgedeckt hat), ist der Frage nachgegangen. An den Ergebnissen seiner Recherche war anscheinend keine große amerikanische Zeitung interessiert. Er hat sie jetzt in der London Review of Books veröffentlicht.

Sein Fazit lautet:
“Barack Obama hat uns nicht die ganze Geschichte erzählt. In einigen Fällen unterdrückte er wichtige Geheimdienstinformationen, in anderen präsentierte er Vermutungen als Tatsachen. Besonders auffällig: er verheimlichte etwas, das die US-Geheimdienste wußten: daß die syrische Armee nicht die einzige Bürgerkriegspartei ist, die Zugang zu Sarin hat.”

In den Monaten vor dem Giftgasangriff haben “die amerikanischen Geheimdienste eine Reihe geheimer Berichte erstellt... aus denen hervorging, daß sich die al-Nusra-Front, eine mit al-Qaida verbandelte jihadistische Gruppierung, das Verfahren zur Herstellung von Sarin angeeignet hatte und in der Lage war, es in Mengen herzustellen. Als der Angriff stattfand, hätte al-Nusra zu den Verdächtigen gehören müssen, aber die US-Regierung wählte das Geheimdienstmaterial höchst selektiv aus, um einen Schlag gegen Assad zu rechtfertigen.”

Hier zu den Einzelheiten.

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