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Mittwoch, 4. Dezember 2013
Ausverkauf hinter verschlossenen Türen
Amerikaner malen Europa.
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(c) BuzzFeed

Kann eigentlich ein Normalbürger der so mustergültig demokratischen Europäischen Union eine genauere Vorstellung davon haben, was seine (nicht gewählten) Vertreter unter Leitung von Handelskommissar De Gucht seit Februar mit Vertretern der USA mit dem Ziel eines sogenannten Freihandelsabkommens ausbaldowern? Nein, kaum. Die Verhandlungen finden für die Öffentlichkeit geheim hinter verschlossenen Türen statt. Es soll erklärtermaßen so wenig wie möglich davon nach außen dringen, bevor Einigungen erzielt wurden. Denn frühere Versuche, ein solches Abkommen auszuhandeln, sind immer dann gescheitert, wenn ruchbar wurde, was da so alles vertraglich geregelt oder entregelt werden sollte. Es gibt also auch diesmal allen Anlaß, Schlimmes zu befürchten.

(c) BuzzFeed

So langsam sickern erste eitrige Tropfen aus der Giftküche der Unterhändler, die jede bange Befürchtung weit übertreffen. Ich kann nur empfehlen, dazu in der November-Ausgabe des Le Monde diplomatique den Artikel auf der Titelseite: “TAFTA – die große Unterwerfung” zu lesen. Oder den einschlägigen Artikel im Guardian vom Anfang dieser Woche.

(c) BuzzFeed

Einer der Kernpunkte besteht darin, daß in dem Abkommen Privatunternehmen vertraglich das Recht zugesichert werden soll, vor sogenannten Schiedsgerichten angeblich souveräne Staaten zu verklagen, sobald sie glauben, durch dort beschlossene neue gesetzliche Bestimmungen könnten ihre Profite gemindert werden. Das hört sich zu abwegig an, als daß man es nicht durch bereits erfolgte Fälle aus vergleichbaren Abkommen belegen sollte. Derzeit hat der Tabakkonzern Philipp Morris die australische Regierung wegen abschreckender Bilder auf Zigarettenpackungen auf gewaltige Kompensationen für zukünftig zu erwartende Umsatzeinbußen verklagt. “Wir erwarten Milliarden”, frohlockte ein Konzernsprecher. Im Rahmen des Nafta-Abkommens klagen Stromkonzerne gegen Garantiepreise für Strom aus erneuerbaren Energien und gegen ein kanadisches Fracking-Moratorium. Vattenfall hat angekündigt, von der Bundesrepublik Milliarden Euro als Entschädigung für die Abschaltung der Atomkraftwerke zu verlangen. Monsanto verspricht sich von einem Freihandelsabkommen der USA mit der EU, die Einfuhrverbote für gentechnisch veränderte Lebensmittel beseitigen zu können. Das Amerikanische Fleischinstitut (AMI) empört sich gegen das “ungerechtfertigte” Einfuhrverbot für Fleisch, das mit Wachstumshormonen behandelt wurde, die in 160 Ländern inklusive Rußland und China als gefährlich verboten sind. Natürlich soll es auch um Lockerung von Datenschutzbestimmungen, das weitere Drücken von Sozialstandards und um die weitere Verhinderung von Beschränkung und Kontrolle des freien Kapitalverkehrs gehen... Es ist der Wunschzettel aus dem Gruselkabinett des Dr. hc. Privatunternehmer oder Konzernchef.

(c) BuzzFeed

Es wird jeder struntzdumme Hähnchenmäster aus dem Mittleren Westen der USA jedes Land der EU verklagen können, wenn es sich weigert, seine nicht hygienisch geschlachteten, sondern hinterher durch Chlor- und weitere Desinfektionsbäder geschleiften Broiler einzuführen. Und er wird Recht und Geld bekommen. Die Lobbyisten von Kentucky Fried-Chicken sitzen schon mit am Verhandlungstisch. Ob der Massentierhalter aus Kentucky oder Wyoming oder North Dakota weiß, wo das fragliche Land in Europa überhaupt liegt, darf man nach dem hier bebilderten Test füglich bezweifeln. Darin hat man des Lesens und Schreibens kundigen US-Staatsbürgern eine Karte mit den Grenzen der europäischen Staaten vorgelegt und sie gebeten, die jeweiligen Ländernamen einzutragen. Ein paar Ergebnisse hat das US-Presseportal BuzzFeed veröffentlicht.
Okay, hier noch ein hübscher Beleg aus einer amerikanischen Quizshow:


Sollte ein solches Abkommen zwischen den smarten USA und der EU, ob es nun TAFTA oder TTIP heißen mag, tatsächlich ratifiziert werden, wird es rechtlich kein Zurück mehr geben. Änderungen sollen nur mit Zustimmung sämtlicher Unterzeichnerstaaten möglich sein. Gegen die Entscheidungen der aus drei Juristen aus der privaten Wirtschaft bestehenden Schiedsgerichte ist keine Berufungsmöglichkeit vorgesehen.
Wer sich auf dem Laufenden halten will, kann das auf folgender Seite tun: taftattipwatch

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