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Samstag, 16. Mai 2015
Street photography in Reykjavík

Ganz sicher kommen die Touristen nicht zu dieser Eisdiele in einem reinen Wohnviertel zwischen Laugardal und Laugarnes. Bei uns nördlich der Alpen ist Speiseeisverkauf bekanntlich ein Saisongeschäft, das nur in den warmen Sommermonaten genügend Umsatz verspricht. (Für den Rest des Jahres vermietet man die Ladenlokale an Teppichhändler oder als Lebkuchenfilialen.) Nicht so im eiskalten Island. Oft genug sieht man „den Isländer” im Winter bei Schneesturm hinter den beschlagenen Scheiben seines Autos sitzen und aufs Meer schauen, Motor und Heizung laufen natürlich auf vollen Touren, mann trägt T-shirt, und dazu lutscht er genüßlich ein dickes Eis. Eisdielen haben in Eisland das ganze Jahr über regen Zulauf. Diese hier ist zur Zeit besonders bei Familien populär, weil sie auch Gummibärcheneis oder Eis mit dem Geschmack von Salzlakritz anbietet. Brrr! Die ideale Ergänzung des Sortiments ist... man beachte das kleine Schild „Sausage Company”, natürlich Rostbratwurst. Nach deutscher Machart. Eine Delikatesse im sonst nur Schafsfleisch-Hotdogs gewöhnten Island. Na, wenn das kein Geheimtip für den nächsten Islandurlaub ist!
Damit kommen nun endlich nicht bloß Gebäude ins Bild, sondern auch Menschen, die in ihnen wohnen und zwischen ihnen flanieren. Während einige noch fröstelnd die Jacken um sich zusammenzerren und dick in Schals vermummt sind oder ihre blonden Mähnen mit sibirischen Pelzmützen krönen, tragen andere einfache Haarkrönchen oder als echte Wikingerwalküren auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt schon sehr frühlingshafte Rockkürzen. Schließlich ist nach dem alten isländischen Kalender, der nur zwei Jahreszeiten kennt, seit dem 21. April offiziell der „Sommer” ausgerufen.

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Donnerstag, 14. Mai 2015
Ausbooten in Reykjavík
Uppstigningardagur, Christi Himmelfahrt. Machen wir daraus landstigningardagur, den Tag der Landung, des Ausbootens. Natürlich werden unsere Kreuzfahrer die Hallgríms-Kirche zu sehen bekommen, das hohle Wahrzeichen Reykjavíks auf dem Hügel über dem Zentrum.

Der Entwurf stammt aus den Jahren 1929-37 vom damaligen Leiter des staatlichen Planungsamts, Guðjón Samúelsson, der auch Universität und Nationaltheater, Posthaus und das Hotel Borg und andere Kirchen entwarf. Für die Fassade der Hallgrímskirkja nahm er sich die damals noch im Bau befindliche Grundtvigskirke in Kopenhagen mit ihrem expressionistischen Westwerk zum Vorbild und machte aus deren stilisiertem Orgelprospekt in Backstein isländischen Säulenbasalt in Beton. Im Osten klebte er ihr allerdings einen Chor mit einer Kuppel ähnlich denen von Sacré-Cœur in Paris an. Zwischen beiden steht ein völlig schmuckloses, simples Langhaus, das im Inneren ganz konventionell wie eine fünfschiffige Basilika gegliedert ist. Es wurde erst nach fast vierzig Jahren Bauzeit 1986 fertiggestellt. Der schönste Schmuck im sehr kühl-kargen Innenraum ist die 1992 eingebaute Orgel von Johannes Klais aus Bonn, die sich fantastisch anhören kann.

Was die Kreuzfahrer dagegen wahrscheinlich nicht mehr gezeigt bekommen, ist das so schlichte wie schöne Nordische Haus von Alvar Aalto von 1968, ein international wenig bekanntes, aber erlesenes Spätwerk, für das er, wie von ihm gewohnt, auch Inneneinrichtung, Möbel und Lampen designte.

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Mittwoch, 13. Mai 2015
Proportionen
Kultur und Natur. Größenverhältnisse


[Hafen, Reykjavík]

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Dienstag, 12. Mai 2015
Frühlingsvorboten?




10. Mai, und es hat in der Nacht wieder geschneit. So ähnlich wie oben sahen die Straßen vorübergehend wieder aus. Dabei ist in der Zwischenzeit in Reykjavík längst das erste Kreuzfahrtschiff des Jahres eingelaufen. Die gut betuchten Passagiere tragen noch blasiertere Gesichter als üblich vor sich her. Hinter ihnen verbergen sie wohl die Enttäuschung darüber, eigens zur Sonnenfinsternis eine Kreuzfahrt zu den Färöern unternommen zu haben, und dann hat es dort geregnet und war bedeckt; zu allem Überfluß hörten sie bei ihrer Rückkehr nach Island auch noch, daß hier die Sonne geschienen hatte und die Finsternis bestens zu beobachten war. Doch zu viel Reichtum hat hin und wieder Strafe durchaus redlich verdient.

Mit fast 10 Metern Seitenhöhe und 12 Decks überragt das neue Flagschiff der Cruise & Maritime Voyages Reederei, die Magellan, sämtliche Gebäude im engen Sundhafen, von denen einige selbst einen ziemlich spitzen Bug aufweisen.

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Freitag, 8. Mai 2015
Fischbestände zu Bankkonten

[Stillgelegte Fischfabrik in Keflavík]


Lange war der Hafen Keflavíks "Wahrzeichen einer besseren Zeit", "das Herz des Ortes, sein Sinn und Ziel, die Bestätigung seiner Bedeutung... und damit ein kostbares Gegengewicht zur Armee und dem Einfluss, den sie auf Leben und Verhalten der Keflvíkinger ausübte."

Heute sieht alles ganz anders aus. Keflavík und ganz Reykjanesbær könnten zur ersten Kommune in Island werden, die Konkurs anmelden muß. Die Amerikaner sind vor Jahren abgezogen, und "die meisten Schiffe wurden im Kielwasser der Fangquoten verkauft, der Ort hat fast keine Quote mehr, Gerechtigkeit und Gleichbehandlung machen seit Langem einen Bogen um Keflavík, den schlimmsten Ort des Landes, wir gucken aus dem Küchen- oder Wohnzimmerfenster, brummen, da ist das Meer, das ist ja dermaßen groß, und ziehen die Gardinen vor, denn wer will sich schon von etwas derart Großartigem an bessere Zeiten erinnern lassen... daran, dass man mit seinem Schweigen zugestimmt hat, dass die Fischbestände des Meeres in Bankkonten der Reeder und ihrer Erben umgewandelt wurden... und das Meer privatisiert wurde - rasch ziehen wir die Vorhänge zu".
(Jón Kalman Stefánsson: Fische haben keine Beine")

Und wer die Vorhänge zugezogen hat, sieht nicht, daß draußen schon die Konkurrenz aus der EU lauert.
Lettischer (Ex-DDR-)Trawler in isländischem Hafen

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Donnerstag, 7. Mai 2015
Keflavíker Elegie

Keflavík, das ist doch der erste kleine Ort links von der Straße unten am Meer, wenn man in Island gelandet ist und vom Flughafen Richtung Hauptstadt fährt.
Richtig, aber das ist auch schon so ungefähr alles, was man von Keflavík weiß. Und dahin von der erleuchteten Flughafenstraße abbiegen tut sowieso kaum jemand. Und daher beginnt der Keflavík-Roman von Stefánsson auch ungefähr mit den Worten:

"Nach Keflavík zu fahren ist immer, als führe man aus der Welt und in das hinein, was es nicht gibt."

„Hier lässt sich nicht leben, es spricht alles dagegen, die Vernunft, der Wind, die Lava. Und dennoch haben wir all die Jahre hier gelebt, die Jahrhunderte hindurch, verbohrt wie die Lava, stumm durch die Geschichte wie das Moos, das über die Steine wächst".

Als im 18. Jahrhundert zwei isländische Anhänger der Aufklärung, Árni Magnússon und Páll Vídalín, das erste Gesamtverzeichnis der Bauernhöfe auf der Insel erstellten, notierten sie zu Keflavík, es besitze nicht einmal den Wert einer Kuh.
"Nirgendwo im Land wohnen Menschen so nah am Tode."

„Ich halte unweit von einer der unzähligen fahrbaren Hamburgerbuden Keflavíks. Von da aus hat man einen guten Blick über den Hafen, klaffend leer und ohne Hoffnung".





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Mittwoch, 6. Mai 2015
Vom Schneebergkapp zum Südkap


Auf so einen spontanen und sympathischen Zwischenruf hin lege ich gern noch einen kurzen Umweg ein. Warum nicht durch den Ort, an dem 99 Prozent aller Islandtouristen vorbeifahren?
Haben Sie schon einmal von Keflavík gehört?
Wohl kaum, oder?
Der isländische Schriftsteller Jón Kalman Stefánsson jedenfalls behauptet in seinem neusten Roman "Fische haben keine Beine" (2015):
"Keflavík gibt es nicht."

Und er muß es wissen, denn er hat seine wichtigsten Jugendjahre in diesem Ort verbracht, den es nicht gibt. So ein Paradoxon ist es vielleicht wert, daß man ihm einmal nachfährt. Schlagen wir also einen Bogen um Reykjavík und wechseln von einer Halbinsel auf eine andere, von Snæfellsnes südwärts nach Reykjanes oder neuerdings auch Suðurnes. (Die „Sammlung Thule” hätte übersetzt: Von Schneebergkap nach Rauchkap oder Südkap).

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