Der erste Spatenstich zur Mauer, die Nikosia heute teilt, wurde 1798 im hintersten Winkel des Roten Meeres getan, in der damals unbedeutenden ägyptischen Hafenstadt Suez.
Im Dezember jenes Jahres hielt ein von der Revolutionsregierung des Direktoriums in Paris ernannter General namens Napoleon Bonaparte dort seinen Einzug als Eroberer Ägyptens. Er kam, um seinen Herrschaftsanspruch auch in diesen entlegenen Winkel zu tragen und die Gegend zugleich für einen geplanten weiteren Vorstoß gegen das Osmanische Reich nach Syrien zu rekognoszieren. Unter anderem beauftragte er die Fachleute seines neu gegründeten Ägypten-Instituts aber auch, nach den Überresten eines antiken Kanals der Pharaonen zu suchen, der einst den Nil mit dem Roten Meer verbunden hatte. Das strategische Ziel des französischen Ägypten-Abenteuers bestand schließlich darin, den Hauptrivalen und Kriegsgegner, die Weltmacht England, an den Schwachstellen seines weltumspannenden Empires zu treffen und nach Möglichkeit zu schwächen. Sollte sich Frankreich in Ägypten festsetzen und behaupten können, hätte es, den eigenen Kriegshafen Toulon entlastend, die Vormachtstellung der englischen Flotte im Mittelmeer auch von Alexandria aus ebenso bedrohen können wie die Verbindung Englands mit dem “Juwel des Empires”, Indien, von Suez aus. Darum ging das Direktorium von der Konzeption der Anlage eines “Doppelhafens” in Suez und an der Mittelmeerküste Ägyptens aus, womit im Kern der Gedanke einer Verbindung zwischen Rotem und Mittelmeer, mit anderen Worten der Suezkanal, angestoßen war. Und nicht von ungefähr ließ Napoleon nach dessen antikem Vorläufer suchen.
Mitarbeiter seines wissenschaftlichen Beirats, der Commission des Sciences et des Arts, fanden tatsächlich uralte Grabenreste und sollten daraufhin Messungen und Pläne für einen neuen Kanal zum Mittelmeer erstellen. In der Kürze der Zeit, die den Vermessungsingenieuren vor dem Weitermarsch über den Sinai nach Syrien nur blieb, rechneten sie jedoch ungenau und gaben an, das Rote Meer liege zehn Meter höher als das Mittelmeer, was sehr, sehr kostspielige Schleusenanlagen für einen Kanal bedeutet hätte. Zudem mußten die Franzosen bald geschlagen aus Ägypten abziehen, und das Kanalprojekt wurde nicht weiter verfolgt; besonders deshalb weil sich ausgerechnet die damals größte Seemacht der Welt, Großbritannien, entschieden gegen einen solchen Kanalbau engagierte. Für Schnellkuriere von und nach Indien hatten die Engländer eine exklusive Überlandverbindung durch Ägypten eingerichtet, und sie fürchteten, ein offener Schiffskanal könne ihren Indienhandel um das Kap der guten Hoffnung schädigen.
Erst Mitte der 1850er Jahre schaffte es der Franzose Ferdinand de Lesseps durch seine ausgezeichneten persönlichen Kontakte zum ägyptischen Vizekönig Muhammad Said Pascha, eine Konzession zum Bau des Suezkanals zu erhalten. England versuchte das Projekt durch Interventionen bei der Hohen Pforte in Istanbul und Öffentlichkeitskampagnen gegen “Sklavenarbeit” beim Kanalbau und letztlich durch den Einsatz von ihm bewaffneter und aufgestachelter Beduinenstämme nach wie vor zu hintertreiben. Allen Widerständen zum Trotz konnte de Lesseps’ Internationale Kanalkompanie den Suezkanal 1869 für den Schiffsverkehr öffnen. Das zweite Schiff, das ihn nach der Jacht von Kaiserin Eugénie befuhr (mit der de Lesseps weitläufig verwandt war), war ein Frachter der englischen P&O-Linie.
1875, nur sechs Jahre nach der Öffnung des Kanals, zwang der britische Premier Disraeli Ägyptens hoch verschuldeten Pascha, dem Empire für 4 Millionen (von Rothschild vorgeschossene) Britische Pfund sein Aktienpaket an der Kanalgesellschaft zu verkaufen. Der Kanal war bereits zu strategischer Bedeutung für den Welthandel und damit auch für die britische Handelsflotte und die Royal Navy aufgestiegen. Um den stetig zunehmenden Schiffsverkehr durch den neuen Kanal kontrollieren zu können, suchte sie nach einer günstig gelegenen Operationsbasis, wo sie unter anderem die Kohle für ihre mittlerweile mit Dampf betriebenen Kriegsschiffe lagern konnte. Außerhalb Ägyptens lag dazu nichts günstiger als die Insel Zypern, wo sich die Engländer in splendid isolation einzunisten gedachten. Es folgte der erste Schritt auf dem Weg zur späteren Teilung Zyperns, die Annexion der Insel durch Großbritannien.
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“I had to leave the house at about half past four. I rose, therefore, with the sheperds and scrambled down to the Abbey with the first wave of sheep or cows to where my little car stood, white with dew, under the Tree of Idleness [...]
As i breasted the last rise where the road falls like a swallow towards Kyrenia I paused for a minute to watch the sun burst through the surface mists of the sea and splash the mountain behind me with light [...] A quick loading of oil and petrol and I would start to climb the range, the sun climbing with me, balcony by balcony, ridge by ridge, until as I breasted the last loop of the pass the whole Mesaoria would spread out under the soft buttery dawn-light, languid and green as a lover’s wish; or else shimmer through a cobweb of mist like the mirage of a Chinese water print. And always, far away, at the end of the great plain rose the two steep fingers of Santa Sophia which marked the capital.”
(Lawrence Durrell: Bitter Lemons)
Vielleicht auf den Tag sechzig Jahre nach Durrell bestiegen wir einen gemieteten kleinen Opel, der samt seiner ganzen Marke wohl auch bald der Geschichte angehören würde, und fuhren dem damaligen Englischlehrer am Panzyprischen Gymnasium von Nikosia nach.
Längst führt eine Schnellstraße zügig das Küstengebirge hinauf zur Paßhöhe, über der die weitläufige Kreuzritterburg von St. Hilarion noch immer wacht, umgeben von Lausch- und Aussichts- und Kontrollpunkten der türkischen Armee. Unten schimmerte das grüne Tablett der Mesaoria-Ebene durch das sonnenvergoldete Morgenlicht, wie Durrell es gesehen hatte, aber die Minaretts der ehemaligen Sophienkathedrale der Lusignans waren nicht zu erkennen. Ständig überwacht von den Kameraaugen von Radarfallen rollten wir auf Nikosia zu, stellten den Wagen in einer kleinen Seitenstraße nahe einem größeren Kreisverkehr ab und betraten durch das Kyrenia-Tor die ummauerte Altstadt.
Die Hauptstraße führte uns schnurstracks auf die Venezianische Säule auf dem zentralen Atatürk- (ehemals Palast-)platz zu. Die Venezianer hatten sie 1489 aus dem antiken Salamis herbeigeschafft und einen Markuslöwen darauf postiert, wie er überall im Mittelmeer ihre Herrschaft markierte. Den schlugen die Türken natürlich 1570 herab und stürzten die Säule, als sie die Insel eroberten. 1915, als sich Großbritannien auch mit dem Osmanischen Reich im Krieg befand, stellten die Briten die Säule vor ihrem Kolonialgerichtshof wieder auf und plazierten eine viel zu kleine Murmel obendrauf, die wohl die Erdkugel darstellen sollte.
Hinter dem Platz schlugen wir uns in die kleinen Gassen der türkischen Altstadt, stießen eher zufällig auf den Großen Hamam, den die Osmanen im 16. Jahrhundert auf den Überresten und aus den Quadern einer Kirche bauten und der durch die nach und nach erfolgte Anhebung des Straßenniveaus mittlerweile selbst allmählich im Boden zu versinken scheint. Wir streunten weiter durch das Viertel zwischen der gotischen Selimiye-Moschee (St. Sophia) und der spätgotischen Haydarpascha-Moschee (St. Cathérine), deren Skulpturen größtenteils abgeschlagen und deren Türmen Minarett-Raketen aufgesetzt waren, bis zum hybriden Lusignan-Haus mit gotischem Portalbogen und ottomanischen Holzdecken und -erkern.
Der Tag war - anders als in Europa, das noch immer unter Eis und Schnee zitterte - frühlingsmild und warm, nirgendwo herrschte Gedränge, in den engen Straßen und Gassen ging es vielmehr angenehm ruhig und leise zu, wenn man durch ein Hoftor spähte, sah man die Menschen ohne Anflüge von Hektik bei ihren Alltagsverrichtungen. Eine gelassene, fast behagliche Atmosphäre strahlte dieser türkische Teil der Altstadt aus. Als Katze hätte man sich ein sonniges Fleckchen gesucht und ein bißchen vor sich hingeschnurrt.
Wir drehten erst noch eine Runde durch die wirklich sehenswerte und ebenfalls richtig schöne Große Karawanserei (Büyük Khan). In den rund siebzig ehemaligen Herbergszimmern um den geschlossenen Innenhof waren aber ausschließlich Kunsthandwerkskitsch- und Souvenierläden eingezogen, und in das Restaurant wurden offensichtlich Touristengruppen zum Abfüttern und Schröpfen geführt. Wir fanden nicht weit davon ein kleines Gartenlokal, wo wir unter Oleander und Akazien einen Imbiß aus leckeren Mezze einnahmen. Dann bummelten wir durch basarartige Gäßchen weiter.
Als wir um eine Ecke wieder auf die Hauptachse durch die Altstadt einbogen, sahen wir auf einmal eine künstliche Verengung vor uns. Ein Strauß Fahnenstangen, unter dem ein paar Uniformierte lungerten, trug das halbmondbestickte Küchenhandtuch der nordzyprischen Republik und die türkische Flagge, ein paar Meter weiter wehte das Blau Griechenlands und Europas. (Das Kupfer der Republik Zypern war kaum zu sehen.) Das war der Grenzübergang. Man stellte sich kurz vor ein paar Kassenhäuschen an, bei denen man den Ausweis vorzeigte und einen Passierschein gestempelt erhielt, und marschierte auf derselben Straße weiter, die nun auf einmal Odos Lidra hieß und nur noch die üblichen westlichen Filialkettengeschäfte aufwies. Das amerikanische Spezialitätenrestaurant mit dem gelben Doppelbogen-M natürlich gleich hinter dem Checkpoint.
So lax, wie dort kontrolliert wird, muß das die durchlässigste Einfallspforte an der gesamten EU-Außengrenze sein. Also, wer einen Flüchtling aus Nahost oder Nordafrika einschleusen möchte, spendiere ihm einen unverdächtigen Paß und ein Ticket ins türkische Nordzypern und lasse ihn unauffällig durch den Fußgängerübergang in der Altstadt von Nikosia spazieren. Absurd genug ist und bleibt so eine geteilte Stadt ohnehin. Früher verbindende Straßen und Gassen enden abrupt an stacheldrahtbewehrten Mauern oder werden von Schlagbäumen neben schießschartenbewehrten Unterständen gesperrt. Natürlich hat man wieder Bilder des geteilten Berlin vor Augen, doch obwohl sie nun auch bald seit vierzig Jahren besteht, wirkt die innerzyprische Grenze immer noch provisorisch, nicht mit solcher Gründlichkeit betoniert und befestigt wie die ehemalige innerdeutsche. Levantinische Lässigkeit statt deutscher Gründlichkeit eben.
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Die Altstadt von Girne ist 200 x 300 Meter groß. Die von Nikosia hat erheblich mehr zu bieten. Besonders im türkischen Teil. Die restaurierten Gassen im Nordteil sind dagegen komplett auf Nepp getrimmt und mit Touristenramsch vollgestopft, die anderen herz- und lieblos modernisiert. Der Platz der Freiheit, von einer Bastion der sternförmig um die Altstadt geschlossenen venezianischen Stadtmauer aus dem 16. Jahrhundert flankiert, ist Busbahnhof und Großbaustelle: laut, stickig, nach Abgasen stinkend. “Hier pulsiert das Leben” wird es in Touristenprospekten wahrscheinlich genannt werden.
Abseits davon stehen viele Häuser in der Altstadt leer, sind baufällig oder gar nur noch Fassadenruinen, hinter denen der Rest längst eingestürzt ist, Müll lagert, Unkraut wuchert. Zeichen gewissenloser Immobilienspekulation und der Armut, die sich auch an der Existenz diverser schäbiger Möbelverleih-Firmen zeigt.
Das schönste Haus, das wir im griechischen Teil gefunden haben, ist ausgerechnet eine osmanische Notabelnvilla. Erbaut wurde sie 1793 von dem griechischen Dragoman Chatzigeorkakis Kornesios. Chatzi ist die griechische Umschreibung für das arabische Hadschi, und ein Dragoman ist eigentlich ein Dolmetscher oder Übersetzer. Herr Kornesios lebte wahrlich zwischen den griechischen und türkischen Bevölkerungsteilen Nikosias. Er war der Sohn eines wohlhabenden griechischen Textilhändlers und mit einer Nichte des orthodoxen Erzbischofs verheiratet, aber sein Amt als Dragoman bedeutete auf Zypern erheblich mehr als lediglich die schlecht bezahlten Dienste eines Übersetzers. Der zypriotische Dragoman war der vom Sultan bestallte Steuereintreiber bei den Christen auf der Insel, andererseits besaß er ein direktes Vortragsrecht beim Sultan für Anliegen und Beschwerden der Christen.
Dragoman Hadschi Georkakis Kornesios wußte die Möglichkeiten, die eine solche Position eröffnete, anscheinend “kreativ”, wie man heute sagt, zu nutzen. Jedenfalls war sein einen Arkadenhof umschließendes Haus das prachtvollste der Stadt. Im Garten sprudelte ein Springbrunnnen und verbreitete angenehme Kühle in der Sommerhitze. Es gab ein eigenes Badehaus (Hammam), und über den Dienstbotenräumen im Erdgeschoß lag eine repräsentative Empfangshalle, von der aus man durch einen langen Flur mit einer Flucht von Zimmern in den großen Audienzsaal geführt wurde. Große, mit Jalousien versehene Fenster ließen gedämpftes Licht und Luft ein, und man lagerte auf niedrigen Sitz- und Ruhebänken, um in Ruhe zu erörtern, was es zu besprechen gab.
Leider rufen derart einträgliche Ämter und Wohlstand und luxuriöse Lebensweise fast immer Neider auf den Plan, und im März 1809 soll Herr Kornesios einer Intrige zum Opfer gefallen und auf Befehl des Sultans Mahmud II. in Istanbul enthauptet worden sein.
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Das, was zur Zeit drüben in der Republik Zypern vorgeht, ist für mich zu undurchsichtig, als daß ich mir ein Urteil oder auch nur eine Einschätzung erlauben würde. Mir scheint, die wichtigen Maßregeln und Entscheidungen werden hier noch mehr durch Hinterzimmerdiplomatie oder in bestimmten Telefongesprächen getroffen, als sonst schon in der Politik üblich ist.
Im türkischen Teil regt sich niemand auf, geht alles seinen ruhigen, alltäglichen Gang. Besonders in den kleinen Dörfern oberhalb der Küstenstraße. Karaman ist eines von ihnen. Zwischen Maulbeerbäumen und Zypressen in das satte Grün üppiger Gärten gebettet, ziehen sich seine frisch geweißten Würfelhäuser die gewundene Straße hinauf. Die Dachterrasse des einen auf gleichem Niveau mit der unteren Gartenmauer des darüber stehenden. Im Grunde schlichte, weiße Kykladenarchitektur mit den typisch blau gestrichenen Türen und Fensterläden, und das ist nicht zufällig so. Bis zur Invasion der türkischen Armee im Juli 1974 lebten vor allem griechische Zyprioten in Karaman. Nach dem Einmarsch der Türken emigrierten sie in den griechischen Süden der Insel. Verkauft haben sie ihre Häuser nicht, entschädigt wurden sie für den Verlust ihrer Heimat auch nicht. Also haben sie die Häuser verpachtet. An Briten. An fast jedem Haus ein englischer Name, an einem sehe ich eine kleine Kachel mit dem schottischen Andreaskreuz in die Mauer eingelassen. Die Briten haben das Dorf komplett übernommen und sich auf Dauer eingerichtet. Es sieht ja auch nicht so aus, als würden die alten Besitzer irgendwann noch einmal wiederkommen. Die ehemalige Taverne ist heute ein Pub mit Namen “Crow’s nest”, in der ehemals orthodoxen Kirche finden anglikanische Gottesdienste statt. 300 Meter über der Küstenebene sind die britischen Expats und Retirees vollkommen unter sich. Eine idyllische, sich selbst abschließende Enklave.
“Meanwhile the British colony lived what appeared to be a life of blameless monotony”, schrieb Durrell darüber. “My compatriots were decent, civil folk, who had been brought here, not by any desire to broaden minds, but by a perfectly honorable passion for sunlight and low income tax.”
À propos, der englische Finanzminister Osborne hat sich sehr beeilt, zu versichern, daß in Zypern stationierte britische Soldaten und Beamte im Fall, daß die von der EU geforderte Zwangsabgabe auf Bankguthaben doch noch kommen sollte, von der englischen Regierung entschädigt würden.
Ein richtig maliziöser Schachzug wäre doch, wenn jetzt die türkische Regierung den griechischen Zyprioten ein großzügiges Hilfsangebot zur Übernahme der Schulden ihrer Banken machen würde.
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Es war ein Experiment, das wir nicht so bald wiederholen werden, denn so ein Flug im Rahmen eines Pauschalreisearrangements ist schon etwas Spezielles und ziemlich Seltsames.
Das soll jetzt bitte nicht als schnöselig arrogant verstanden werden, offensichtlich erscheint es vielen doch als ein Optimum an Urlaub und Ferien. Uns nicht. Seit dem Einsammeln und Abholen am Flughafen durch die “deutschsprachige Reiseleitung” summte es in meinem Kopf so lange “Simulacrum, Simulacrum”, bis ich nicht mehr Baudrillard sagen konnte und wir uns endlich selbständig vom Hof des Hotels machten.
Wie hatte Durrell schon in den bescheidenen Anfängen in den Fünfzigern geschrieben:
Kyrenia “had begun to bristle with cheap little villas and tarmac roads on the pattern of Wimbledon... The little place was obviously soon to become one of those forlorn and featureless townships hovering on the outskirts of English provincial cities.
The regular holiday-maker’s season Kyrenia enjoyed had already imposed on it a rash of unpleasant bars and cafés... It was, in fact, enjoying all the deformities and amenities associated with our larger suburbs at home. Its real life as a Graeco-Turkish port of the Levant was ebbing out of it.”
Damit war über Kyrenia/Girne im Grunde schon fast alles gesagt.
Auf dem Rückweg von einem späten Abendessen in einem kleinen türkischen Lokal kamen wir an einer noch geöffneten Bar vorbei und wollten zum Abschluß einen leckeren türkischen Mokka nehmen, fragten den indischen oder pakistanischen Kellner auch ausdrücklich, ob wir türkischen Kaffee haben könnten. "Sure."
An der Theke hingen ein paar rotgesichtige Engländer -- dürre Beine ragten haarig aus Shorts und endeten in Sandalen -- und guckten ein Spiel der Premier League auf einem großen Bildschirm.
Vorgesetzt wurde uns ein mit Milch aufgeschäumter "Cappuccino" aus Filterkaffee. Wir hatten übersehen, daß es sich um ein Pub namens "George" handelte.
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Vorsaison
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Der erste Zyperneindruck, der zählt, ist die Ruine des ehemaligen Augustinerklosters Abbaye de la Paix (durch venezianische und griechische Münder verballhornt zu Bellapais, auf Türkisch kernig artikuliert: Beylerbeyi) mit dem kleinen Bergdörfchen, in dem sich Mitte der Fünfziger Jahre Lawrence Durrell niederließ.
“I was prepared for something beautiful, and I already knew that the ruined monastery of Bellapaix was one of the loveliest Gothic survivals in the Levant, but I was not prepared for the breathtaking congruence of the little village which surrounded and cradled it against the side of the mountain.”
(L. Durrell: Bitter Lemons, 1957)
Auf einer natürlichen Felsterrasse über der Küstenebene ragen verwitternde gotische
Spitzbögen aus umliegenden Orangenhainen. Alles Gemäuer strebt nach oben und wird doch überragt von vier riesigen Zypressen im ehemaligen Kreuzgang der Abtei.
Erbaut wurde die Anlage um die Wende zum 13. Jahrhundert von französischen Augustinermönchen, die nach der Einnahme Jerusalems durch Salah ad-Din 1187 aus dem Heiligen Land nach Zypern geflohen waren. Unter den Königen aus dem Haus Lusignan (im französischen Poitou) – Guy de Lusignan, der Verlierer von Hattin, war als Kreuzfahrer vorübergehend zum König von Jerusalem aufgestiegen und hatte nach dem Verlust der Stadt und seiner Absetzung dem Templerorden das von Richard Löwenherz auf der Anreise zum Kreuzzug eroberte Zypern abgekauft, um sich vorerst aus der Schußlinie zu bringen – wurde die Abtei das bedeutendste Kloster der Insel. Die Mönche nahmen die Regel und den weißen Habit der Prämonstratenser-Chorherren an. Guys Bruder und Nachfolger Amaury (Amalrich) erhielt Zypern 1197 auf einem Reichstag zu Gelnhausen von Kaiser Heinrich VI. zu Lehen. (König Richard hatte nach seiner Gefangenschaft in Deutschland vom Kaiser sein eigenes Reich zu Lehen nehmen müssen.)
Fast dreihundert Jahre lang regierten die immer wieder auch in Palästina und Armenien agierenden Lusignans die Insel, die nach dem Verlust von Akko, dem letzten Kreuzfahrerstützpunkt im Heiligen Land, zur wichtigsten Drehscheibe für den Austausch der christlichen Welt mit der Levante avancierte. Zypern selbst wurde einer der Hauptlieferanten von Zucker ins Abendland. Infolgedessen errichteten die italienischen Handelsrepubliken Venedig und Genua Niederlassungen auf Zypern und machten zunehmend (und konkurrierend) ihren Einfluß geltend.
Der siebzehnte und letzte König aus dem Haus Lusignan, Jakob II., ein Bastard, hatte große Mühe, überhaupt auf den Thron zu kommen. Als Erzbischof von Nikosia ließ er den Kämmerer seines regierenden Vaters ermorden und wurde deshalb vorübergehend suspendiert, weshalb seine legitime Halbschwester Charlotte beim Tod des Vaters gekrönt wurde. Jakob belagerte sie drei Jahre lang in der Burg von Kyrenia, unterhalb der Abtei, bis sie 1463 nach Rom floh und auf den Thron verzichtete. Jakob regierte mit finanzieller Hilfe reicher Venezianer, vor allem der Familie Corner, die ein Jahrhundert zuvor den 59. Dogen von Venedig gestellt hatte und damit zu höchsten Würden gekommen war. Marco Cornaro konnte daher eine Enkelin des byzantinischen Kaisers Manuel III. Komnenos von Trapezunt heiraten. Seine älteste Tochter Caterina bot er Jakob von Zypern an. 1468 wurde die Dreizehnjährige in einer Prokurationsehe mit dem dreißigjährigen Jakob verheiratet. Mit 17 sollte sie nach Zypern verschifft werden, wurde vorher jedoch noch offiziell von der Republik Venedig adoptiert. Jakob schaffte es gerade noch, sie zu schwängern, ehe er im Sommer 1473 so überraschend verstarb, daß sogleich Gerüchte über venezianisches Gift aufkamen. Auch das bald danach geborene Söhnchen starb noch in seinem ersten Lebensjahr. Caterina wurde Regentin unter der Fuchtel Venedigs; ihren Thronanspruch begründete man mit ihrer Abstammung aus dem byzantinischen Kaiserhaus. Als eine von Genua unterstützte Partei am Hof sie zu einer neuen Ehe drängte, um dem Land einen Thronerben zu geben und so den Fortbestand des eigenen Königshauses zu garantieren, kreuzte 1489 eine venezianische Flotte vor Zypern auf und überzeugte die Königin mit Nachdruck, es sei nun an der Zeit, zugunsten der Serenissima abzudanken. Die Adopivmutter Venedig übernahm offiziell die Herrschaft auf Zypern.
Caterina durfte ihren Titel weiter führen und bekam als Entschädigung Stadt und Burg Asolo in Norditalien. Dort unterhielt die zunehmend fülliger werdende Matrone einen Musenhof, an dem unter anderem der Humanist Bembo und der junge Giorgione verkehrten. Doch nicht nur er hat sie gemalt, sondern auch Dürer, Bellini und Veronese. Die abgedankte letzte Königin von Zypern war eine Berühmtheit.
Auf der Insel ging es derweil in jenen venezianischen Zeiten in der Abtei des Friedens anscheinend recht lebhaft und munter zu. Ein Visitator stellte fest, daß sich einige der Mönche in den Klostermauern bis zu drei Konkubinen hielten und ihr Kinderreichtum das Vermögen der Abtei aufzehrte, während die Gebäude verfielen. Als die Osmanen 1570 Zypern eroberten, vertrieben sie nicht nur die Venezianer von der Insel, sondern jagten auch die Mönche aus dem Kloster und übergaben die Kirche den Orthodoxen der griechischen Bevölkerungsmehrheit.
An diesem Sonntag ist es sehr ruhig im Dorf und in den Ruinen der Abtei. Nur zwei Grüppchen junger türkischer Pärchen sind außer uns in den Kreuzrippengewölben des riesigen Refektoriums unterwegs. Ein paar Tauben flattern aus Höhlungen im Gesims aus porösem Sandstein. Ihr Flügelschlagen ist das lauteste Geräusch. Ein kräftiger, böiger Nordwind fegt den Schnee der Mandelblüten durch Höfe und Straßen. Zitronen-, Orangen- und Mandarinenbäume tragen noch schwer an ihren leuchtenden Früchten. Besonders die Zitronen haben ein wunderbares Aroma. Ein paar Spritzer von ihrem gar nicht sauren Saft, über frischen Salat gegeben, schmecken besser als jedes herkömmliche Dressing.
Nach dem Essen im stillen Innenhof einer alten Taverne – wir sind auch hier die einzigen Gäste – schlendern wir an einem Nachfolger von Durrells “Baum des Müßiggangs” vorbei die Saure-Zitronen-Straße hinauf zu seinem stattlichen Wohnhaus. Es ist geschlossen, die Läden sind vorgelegt, wir dürfen nur das dunkle Holz und die solide Machart des massiven Holztors bewundern, auf das er zu recht stolz war.
“A large box-like house in Turkish-Cypriot mode, with huge carved doors made for some forgotten race of giants and their oxen.
‘God’, Sabri said, ‘this is fine wood. From Anatolia. In the old days they floated the great timbers over the water behind boats. This is Anatolian timber – it will last forever.’”
Immerhin hält es jetzt seit 115 Jahren und wird auch noch etliche Jahrzehnte mehr überdauern. Länger jedenfalls als Durrells Buch, dessen kolonialistische Haltung ihr Verfallsdatum längst überschritten hat. Als ihn die britische Regierung zum Commander des St. Michael-and-St. George-Ordens machen wollte, lehnte er selbst mit der Begründung ab, seine "conservative, reactionary, and right-wing" Ansichten könnten für Peinlichkeiten sorgen.
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