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Mittwoch, 14. November 2012
FR. Furcht, Rundschau (Waldgang IV)

7| "Die Furcht nimmt immer die Maske, den Stil der Zeiten an. Das Dunkel der Weltraumhöhle... die Hexen- und Dämonenschwärme des Mittelalters sind Glieder der ewigen Kette der Angst, an die der Mensch wie an den Kaukasus geschmiedet ist... Und immer erscheint sie ihm in höchster, lähmender Wirklichkeit. – Nun ist die Welt der Schauplatz von Mikrobenheeren; die Apokalypse droht wie je zuvor... Der alte Wahn blüht in Psychosen.

Menschliche Furcht zu allen Zeiten... ist Furcht vor der Vernichtung, ist Todesfurcht. Das hören wir bereits von Gilgamesch... Die Überwindung der Todesfurcht ist daher zugleich die Überwindung jedes anderen Schreckens.
Wenn es dem Menschen gelingt, hier Raum zu schaffen, so wird sich die Freiheit auch auf jedem anderen Felde geltend machen, das die Furcht regiert.”

(Ernst Jünger: Der Waldgang, 1951)

Furcht, Todesfurcht – der traurige Monat November reißt von den Bäumen das Laub und drängt einem hinterrücks das Thema Sterben gleich aus verschiedenen Richtungen auf. Die deutsche Zeitungslandschaft z.B. ist schon seit Jahren eine Chronik angekündigter Tode, und jetzt hat es wohl endgültig das langjährige “Lehrerblatt”, die Frankfurter Rundschau, erwischt. Sicher ist es bedauerlich, daß damit einer ehemals wichtigen Meinungsbildernerin im deutschen Blätterwald das Licht in den Redaktionsräumen ausgeknipst wird, aber die FR war doch seit längerem nicht mehr “systemrelevant”, um den Jargon zu benutzen, der heute in der öffentlichen Sprache den Ton angibt. So auch in der Todesanzeige für die FR. Ihre Besitzer erklärten dazu: „Eine sich nunmehr abzeichnende dauerhafte Finanzierung hoher Verluste ist aber sowohl für M. DuMont Schauberg als auch die DDVG nicht länger darstellbar.“

Hohe Verluste mögen nicht länger tragbar oder hinnehmbar sein, wenn man denn schon unbedingt den von Bastian Sick schon vor Jahren gestellten und zu recht angeprangerten “Silbenbarbaren” zu Wort kommen lassen will – aber “nicht darstellbar”? Welcher Berufsschönfärber aus der Marketingabteilung von DuMont hat denn das abgesondert? Die Formulierung legt nahe oder offen, daß es gar nicht um die Verluste und ihre bitteren realen Folgen etwa für die Belegschaft geht, sondern lediglich um deren Darstellbarkeit. Aber die ist doch kein Problem. Verluste lassen sich in Zahlen oder Grafiken ganz einfach und in aller wünschenswerten Deutlichkeit darstellen. “Darstellbar” meint hier etwas anderes, nämlich daß sich die Verluste vor den Geldgebern und deren McKinsey-consultants nicht länger rechtfertigen lassen. Doch wenn sich schon Zeitungsmenschen wie der alte Neven DuMont so ausdrücken, weil sie so denken, dann soll sich mit all ihren Blättern der Teufel den Allerwertesten wischen.

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