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Mittwoch, 7. November 2012
Nach der Wahl in die Wälder

1 Licht im Nebel

Nur 2.600.000.000 verpulverte Wahlkampfdollar später bleibt erwartungsgemäß alles beim Alten. Nach Berechnungen der SZ waren es sogar 6 Milliarden. Allerdings behauptet die Zeitung auch, Geld würde keine Präsidenten machen, und die "angepißten Milliardäre" wie Donald Trump würden sich nur schwarz ärgern. Ersteres darf man getrost nach wie vor bezweifeln. Wes Geistes Kind dieser Vollpfosten Trump ist, offenbarte er ganz ungeniert bei seinem Twittern zur Wahl. Hier eine Auswahl der Tweets von @realDonaldTrump am 7.11.:
"We can't let this happen. We should march on Washington and stop this travesty. – Lets fight like hell and stop this great and disgusting injustice! The world is laughing at us. – This election is a total sham and a travesty. We are not a democracy! – It's freezing and snowing in New York--we need global warming! – The concept of global warming was created by and for the Chinese in order to make U.S. manufacturing non-competitive. – Beijing had a bigger celebration than Chicago last night. The Chinese are happier with the election than we are..."

Kann man Amerika zur Wiederwahl Obamas gratulieren? Vielleicht. Man müsse eben, schreibt die Zeit, “auch diesen Präsidenten als Teil eines Systems begreifen, das eine gefährliche Nähe zwischen Geld und Macht kennzeichnet.”
Dem Rest der Welt kann der Ausgang dieser Wahl eigentlich ziemlich egal sein oder auch gerade nicht, denn die Außenpolitik der USA wird sich nicht bessern, das weltweite Morden der Amerikaner und ihrer Verbündeten wird so oder so weitergehen. In Afghanistan z.B. noch über 2014 hinaus: “auch nach einem Abzug der Kampftruppen wird die NATO in Afghanistan weiterhin mit Soldaten präsent sein [...] - auch Deutschland”, hieß es gerade erst in der Sendung “Streitkräfte & Strategien” auf NDR-Info. Und weiter: “Dazu kommt, dass die Mitgliedsstaaten der NATO, die sich an einer Nachfolgemission beteiligen, die Zusage der afghanischen Regierung verlangen, dass ihre Soldaten strafrechtlich nicht durch afghanische Behörden zur Verantwortung gezogen werden und praktisch Immunität genießen.” – Wozu, wenn nicht, um sie im Fall von Kriegsverbrechen vor einer strafgerichtlichen Verfolgung zu bewahren?
Und Obama? Hat er etwa sein ausdrückliches Wahlversprechen wahr gemacht, Guantanamo zu schließen? Ach was, im Gegenteil: “Ende 2011 hat der Präsident ein Gesetz unterzeichnet, mit dem er den Verteidigungshaushalt für 2012 absegnete. Zugleich verleiht das Gesetz der Regierung die Befugnis, wegen terroristischer Aktivitäten angeklagte US-Bürger und Ausländer zeitlich unbegrenzt zu inhaftieren [...] Die gezielte Tötung von Nicht-US-Bürgern hat Obama zudem mit dem vermehrten Einsatz von Drohnen in Pakistan, Jemen und Somalia drastisch ausgeweitet.” (Le Monde diplomatique, Okt. 2012)
In einem Pentagon-Papier für den US-Kongreß vom April dieses Jahres heißt es:
“Unmanned Aircraft Systems have become a critical component of military operations.” Anschließend zählt der Bericht insgesamt 6316 bereits einsatzbereite größere oder kleine unbemannte Flugkörper auf und gibt an, das US-Verteidigungsministerium wolle ihren Bestand in den kommenden fünf Jahren auf fast 8400 erhöhen. Inzwischen bildet die US Air Force mehr Drohnen- als Kampfjetpiloten aus.
Interessante Fußnote: Gerade unter den Tausende Kilometer vom Kampfgebiet entfernt in sicheren Bunkern sitzenden Fernsteuerpiloten der Drohnen soll es prozentual den größten Anteil von “posttraumatischen Belastungsstörungen” in der US-Armee geben. Und weiter: “Die USA haben mehr als 2.000 tote Soldaten am Hindukusch zu beklagen, die Hälfte starb während Obamas Amtszeit. Hinzu kommen die körperlich und seelisch Schwerstverletzten. Wie sehr dieser Krieg an die Substanz der Streitkräfte geht, ist daran abzulesen, dass jährlich mittlerweile mehr US-Soldaten bzw. Veteranen von eigener Hand sterben, als im Kampfeinsatz.” (Streitkräfte & Strategien, 3.11.12)
Eine weitere neue Entwicklung belegt ebenfalls das Scheitern der us-geführten westlichen Allianz in Afghanistan: immer mehr ISAF-Soldaten werden von den von ihnen selbst ausgebildeten vermeintlichen Verbündeten in der afghanischen Armee und Polizei erschossen.


Auf einem anderen Schauplatz ist nicht auszuschließen, daß es im kommenden Jahr zu dem längst angedrohten Überfall Israels (und der USA) auf Iran kommen könnte. Als Israels Regierungschef Netanjahu im März Washington besuchte, um die USA zur Unterstützung eines israelischen Erstschlags gegen das iranische Atomprogramm zu drängen, hat Obama auf der Jahrestagung des American Israel Public Affairs Committee ausdrücklich erklärt: “Die Führung Irans sollte wissen, dass ich keine Politik der Eindämmung verfolge, sondern dass meine Politik darin besteht, Iran daran zu hindern, in den Besitz von Kernwaffen zu gelangen. Und ich habe während meiner Präsidentschaft immer wieder deutlich gemacht: Ich werde nicht zögern auch Gewalt anzuwenden, wenn es notwendig ist, die USA und ihre Interessen zu verteidigen.”
(zit. nach Streitkräfte & Strategien vom 24.3.12)
Weiter wurde in der Sendung berichtet: “Nach Medienberichten sind die USA inzwischen bereit, Israel die für einen effektiven Angriff benötigten modernsten bunkerbrechenden Bomben und Tankflugzeuge zu liefern. Sozusagen als Gegenleistung für die israelische Bereitschaft, einen möglichen Angriff auf den Iran auf das kommende Jahr zu verschieben [...] sollte es nicht zu der von Washington gewünschten diplomatischen Lösung kommen, dann könnte im kommenden Jahr womöglich Israel zuschlagen – diesmal mit Rückendeckung und aktiver Unterstützung der USA sowie mit modernster Waffentechnologie. Israel verfügt nun quasi über einen Blanko-Scheck der USA. Die Schwelle für eine kriegerische Auseinandersetzung ist gesunken.”


Und in D’land sollen wir nächstes Jahr die Wahl zwischen der eiskalten Hundeschnauze Steinbrück und der Eisernen Mutti Merkel haben, die durchaus bereit zu sein scheint, die Bundeswehr nach Mali und damit in ein zweites Afghanistan zu schicken, um dafür Monsieur Hollande zu mehr Nachgiebigkeit in Euro-Fragen geneigt zu machen. Da kann man sich doch fast nur wünschen, daß dieses Europa auseinanderbrechen möge, bevor ein solches “Weiter so!” noch fortbesteht.
“Man kann überhaupt nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte”, pflegte ein alter Bekannter schon vor langer Zeit zu sagen, und er hätte heute noch immer recht. Man möchte, wann immer es geht, nur noch den Fluß hinauf und in die Wälder.

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