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Donnerstag, 16. Dezember 2010
Zeitgeist
Da macht man sich einmal Gedanken, Leser des Fahrtenbuchs würden vielleicht ab und zu auch einmal einen etwas persönlicher gefärbten Eintrag schätzen, wenn schon seit über einem Monat hier keine Berichte von unterwegs mehr erfolgen - aber weit gefehlt, gerade meine vielleicht treusten hartnäckigsten Leser, der Pathologe, gerade nach Nigeria umgesiedelt (daher verständlich), und Monsieur Stubenzweig im ebenfalls exotisch abgelegenen Südholsteinischen wünschen sich mehr Welthaltigkeit und kein persönlich-privates Gelaber. Als Geißel wurde das böse Wort vom "Befindlichkeitsblog" geschwungen, von einem leicht drohend knurrenden "doch wohl nicht" begleitet.
Wohlan denn, wie Euer Heiligkeit befehlen! Soll ich über Griechenland, Frühling, Zeitgeist?
Weltgeschichtlicheshaltiges ist gefragt, kaum weniger, Höhen, auf denen ein armer Fahrtenbuchschreiber nicht immer wandeln kann, meine Herren. Nehmen Sie darum heute mit ein wenig Zeitgeist (in Prosa) vorlieb.
Auf Meinungsumfragen darf man natürlich nicht viel geben, auf solche nach “Menschen des Jahres” und dgl. schon gar nicht, in einzelnen Fällen jedoch bekommt man durchaus das Gefühl, daß irgendwo ein aussagekräftiges Schlaglicht geworfen wird. So fragt der Focus zur Zeit seine Leser nach dem “Menschen des Jahres 2010" und bittet um Schulnoten für einige von dessen vorbildlichen Eigenschaften.
Auf den hinteren Plätzen tummeln sich die üblichen Verdächtigen: den 50. und letzten Platz belegt mit derzeit 18500 Stimmen unser aller neuer Bundespräsident, drei Plätzchen besser und immer noch mit der Durchfallnote 5 die Kanzlerin, über der unser Truppen-Pinup auf und davon Gutt... mit Note 5,25 adelsstolz auf Rang 46 triumphieren kann (bewertet von Focus-Lesern wohlgemerkt). Und ganz oben? Tja, weit, weit oben mit bald 60.000 Stimmen und der Durchschnittsnote 1,37 kommt, und dann kommt lange erst mal keiner, Julian Assange.
Wer hätte das gedacht, nachdem er seit seiner Verhaftung doch von den Beflissenen unter den Leitartikelschreibern in unseren führenden Meinungsmachmedien nur noch kleingeschrieben wird? Und es glimmt ein kleines Fünkchen Hoffnung wieder auf wie ein Adventslicht in dieser dunklen Jahreszeit. Vielleicht lassen sich doch weitaus weniger Leute noch verscheißern, als es oft den Anschein hat.
Wohlan denn, wie Euer Heiligkeit befehlen! Soll ich über Griechenland, Frühling, Zeitgeist?
"Der sonst fast immer vorgebeugte Mann stellte sich in aufrechter Haltung an sein Schreibpult, nahm einen Foliobogen und einen mit der ganzen Fahne versehenen Gänsekiel... Auge und Stirn glänzten, wie wenn niemals so schwere Verwirrung darüber gegangen wäre:
Der Zeitgeist
Die Menschen finden sich in dieser Welt zum Leben,
Wie Jahre sind, wie Zeiten höher streben,
So wie der Wechsel ist, ist übrig vieles Wahre,
Daß Dauer kommt in die verschiednen Jahre;
Vollkommenheit vereint sich so in diesem Leben,
Daß diesem sich bequemt der Menschen edles Streben.
Untertänigst
Scardanelli
Welt
Auf Meinungsumfragen darf man natürlich nicht viel geben, auf solche nach “Menschen des Jahres” und dgl. schon gar nicht, in einzelnen Fällen jedoch bekommt man durchaus das Gefühl, daß irgendwo ein aussagekräftiges Schlaglicht geworfen wird. So fragt der Focus zur Zeit seine Leser nach dem “Menschen des Jahres 2010" und bittet um Schulnoten für einige von dessen vorbildlichen Eigenschaften.
Auf den hinteren Plätzen tummeln sich die üblichen Verdächtigen: den 50. und letzten Platz belegt mit derzeit 18500 Stimmen unser aller neuer Bundespräsident, drei Plätzchen besser und immer noch mit der Durchfallnote 5 die Kanzlerin, über der unser Truppen-Pinup auf und davon Gutt... mit Note 5,25 adelsstolz auf Rang 46 triumphieren kann (bewertet von Focus-Lesern wohlgemerkt). Und ganz oben? Tja, weit, weit oben mit bald 60.000 Stimmen und der Durchschnittsnote 1,37 kommt, und dann kommt lange erst mal keiner, Julian Assange.
Wer hätte das gedacht, nachdem er seit seiner Verhaftung doch von den Beflissenen unter den Leitartikelschreibern in unseren führenden Meinungsmachmedien nur noch kleingeschrieben wird? Und es glimmt ein kleines Fünkchen Hoffnung wieder auf wie ein Adventslicht in dieser dunklen Jahreszeit. Vielleicht lassen sich doch weitaus weniger Leute noch verscheißern, als es oft den Anschein hat.
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