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Mittwoch, 30. April 2008
Glühende Lava, Sternenmasse
“Existenz wird nur in der Schleuder erfahren”, sagt Kästner in seinem Zeltbuch, und de Saint-Exupéry drückt es in einem Gleichnis aus:
“Wenn die Wildenten zur Flugzeit über das Land streichen, erzeugen sie sonderbare Wirkungen. Die zahmen Enten versuchen ungeschickte Sprünge, geheimnisvoll angezogen von dem großen Winkel, den der Schwarm da oben am Himmel bildet. Der wilde Schrei hat in ihnen eine Spur von Wildheit erweckt. Für eine Minute werden die Bauernenten wieder Zugvögel. In dem kleinen harten Vogelkopf, in dem nur bescheidene Bilder von Teichen, Würmern und Geflügelhöfen lebten, entwickeln sich Weiten von Erdteilen, Freude am freien Wind, an den Gestaltungen der Meere. Das Tier hatte vorher keine Ahnung, daß in seinem Kopfe so viel Raum für Wunder war. Nun schlägt es mit den Flügeln, verachtet die Körner und die Würmer und will eine Wildente sein.”
“Unser Werden ist noch nicht vollendet, solange wir Hunger spüren.”

Die größte Stärke an Saint-Exupéry ist vielleicht, dass er trotz allem nie auf andere herabblickt. “Auf der letzten Seite meines Buches muß ich noch einmal auf die Beamtenseelen zurückkommen... Sie waren Wesen unseresgleichen. Sie ahnten nur nicht, daß sie Hunger hatten. - Mich bedrückt, daß in jedem dieser Menschen etwas von einem ermordeten Mozart steckt.
Welch geheimnisvolle Ahnenreihe haben wir doch: glühende Lava, Sternenmasse, eine erste Zelle sind Keime des Wunders, dem wir entstammen. Langsam sind wir so weit gestiegen, daß wir Symphonien schaffen”.

Gleichwohl ist es vielleicht für vieles zu spät. “Wir lebten vom Zauber des Sandes, andere werden Erdölquellen darin erbohren und sich bereichern. Aber sie kommen alle zu spät”, schrieb der Wüstenüberflieger nach der Bruchlandung wenig optimistisch für die Zukunft, unsere Gegenwart. Und Kästner schloss sich gedanklich an. “Unfreiheit ist dort, wo die Zeit, das einzig kostbare Gut, in Geschäften verrinnt, deren Sinn fragwürdig ist.” Er und seine Kameraden hatten in der Umgebung ihres Lagers eine antike Amphore gefunden. “Dort, wo nichts weit und breit war, nichts, was eine frühere Menschenansiedlung verriet, hatte man beim Ausschachten eines Zeltgrundes ziemlich tief eine Amphore gefunden. Sie war antik, daran war nicht zu zweifeln. Gewiß hatte sie keinen übertriebenen Wert; es war Dutzendware. - Wie aber war sie an jene Fundstelle gekommen...? Wahrscheinlich war dort, wo man sie fand, einst Leben und Wasser gewesen, Aussaat und Frucht. - Je weiter man in die Wüste vordringe, desto ältere Zeichen des Menschengeschlechtes treffe man an”, erklärte ihm ein mitgefangener Ethnologe, und in Kästner keimte damals schon ein furchtbarer Verdacht: “Was bedeutete das?... War es denn so, daß die Menschen die Erde verwohnten? Sie sogen sie offenbar aus, ein kahlfressender, raubender, weiterziehender Stamm... - War es denn so, daß sie die eigentlich moderne Landschaft war, diese Wüste? Das war ja die Zukunft, die drohte.”

In drei Stunden reise ich in die Wahiba-Sande, Oman.

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