Donnerstag, 26. Mai 2011
Potemkin hollandais
Schon wieder auf Reisen? Kaum. Nur ein kurzes Stück die Küste entlang nach Zandvoort, zu einer Geburtstagsparty. Und dieser Buena Vista Social Club steht nicht in Kuba, nicht einmal in der Karibik, sondern am Nordseestrand, wie die Kulisse für einen Wildwestfilm. Für das Errichten solcher potemkinscher Dörfer haben die Holländer offenbar ein Faible, denn man sieht sie praktisch an allen öffentlichen Stränden zuhauf, in Scheveningen, in Wijk an Zee, in Zandvoort.
Ich finde, der an sich absurde Gedanke, solche Attrappen etwa mitten in eine Umgebung von Apartmenthochhäusern und Hotelbettenburgen oder vor ein qualmendes Industriekombinat zu setzen, verrät eine erstaunliche Nahsichtigkeit der Niederländer. Obwohl das Land doch von Natur aus so flach ist und ergo weite Blicke erlaubt, ist es so zugebaut, daß der Weitblick nicht mehr möglich oder nicht mehr verlockend ist. Also richtet man seine Idylle im Kleinen ein, das Hinterhöfchen, in dem man angestrengt den Dauerlärm der nahen Hauptverkehrsstraße überhört, den Dachgarten auf dem Hausboot, auf dem man hinter seinen Blumentöpfen die anonymen Bürobauten entlang des Kanals übersieht, und die Piratenstrandbar zwischen penibel ausgerichteten Reihen von Liegestühlen. In Amsterdam kenne ich Leute, die ein Karree von vier entfernten Gehsteigplatten neben ihrem Hauseingang als ihren “Garten” bezeichnen und darin Pflanzen ziehen. Kein Wunder, daß der Inbegriff der künstlichen Paradiese unter Glas, die Center Parcs, die Geschäftsidee eines Niederländers waren.
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