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Donnerstag, 14. April 2011
Anaga-Gebirge


Der Bus quälte sich die schmale Straße hinauf, die in engen Kehren und Serpentinen aufwärts führte. Die Berge falteten ihre steilen Hänge wie ein Gebirge aus zerknülltem Papier; steil, scharfe Kanten, Grate und Klüfte. Die Straße wand sich daran entlang, überwand manche Schlucht durch einen kühnen Sprung auf waghalsiger Brücke hinüber zum nächsten Hang, balancierte auf schmalem Sims wie auf Zehenspitzen weiter und klammerte sich über einem steilen Absturz in die Wand. Was oben kam, lag in Wolken: das Anaga-Gebirge, das die Nordspitze Teneriffas bildet, 1000 Meter hoch.
Seltsame Pflanzen begrünten die Hänge, endemische Sukkulenten und Dickblattgewächse, Lorbeerwald, Wolfsmilch und so etwas wie ein langstieliger Löwenzahn, der gut einen halben Meter hoch wurde.
Oben stiegen wir im Nebel aus; ein altes Forsthaus, eine verlassene Haltestelle, ein Wegweiser, der mit seinen vier Armen auf winzige Ortschaften hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen wies. Die Pfade, die in diese Richtungen von der Straße abzweigten, waren Tunnel, Röhren, die durch nicht hohe, aber auch oben dicht geschlossene Walddickichte abwärts führten. Wir vertrauten uns der nächstbesten an, weil eins wie’s andere aussah, und liefen und stiegen, mal mehr mal weniger steil, mal auf, mal ab, ohne etwas von der Landschaft zu sehen, eingeschlossen in ein düster dämmeriges Grün aus Bartflechten, Moos, Farn und flechtenüberzogenen Baumstämmen, unter denen die Luft von einer klammen, kühlen Nässe gesättigt war, von der man erwartete, daß sie einem in jedem Moment kalt in den Nacken tropfen könnte. An einigen Anstiegen waren vor langer, langer Zeit Stufen aus dem Fels gehauen worden, inzwischen von unzähligen Schritten ausgetreten und längst von Moos überwachsen. Das Moos, die Bäume, die Nässe dämpften jeden Schritt und jeden Laut, nur ab und zu drang von irgendwoher aus der Tiefe Bellen zu uns herauf; da schlug auf einsamem Berghof ein angeketteter Hofhund an. Aber was betraf uns die Welt da unten? Das hier war eine andere Welt als die unterhalb der Wolken, wo zur gleichen Zeit Menschen an den Pools oder am Strand nichtsahnend in der Sonne lagen.
Irgendwann schwang sich der Weg wieder nach oben und lief bald auf einen Grat hinaus, wo die Bäume nicht mehr so dicht stehen konnten. Es lichtete, und die Sonne hatte begonnen, am Nebel zu zehren, er dünnte aus, fledderte, und nach einer Weile und einigen Biegungen öffnete sich der Blick bis hinab aufs Meer:

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