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Sonntag, 18. Mai 2008
Die dänische Arabien-Expedition 1761-67
Nur knapp fünf Jahre nach Professor Michaelis' Vorschlag brach die erste dänische Arabienexpedition tatsächlich schon auf. Forskål, dem man in seiner schwedischen Heimat wegen einer verdächtig liberalen Abhandlung über staatsbürgerliche Freiheiten Schwierigkeiten machte, erhielt erst 1760 einen Reisepass. Der größte Teil der Verzögerung war jedoch darauf zurückzuführen, dass der nachgerückte dänische Orientalist aus Göttingen, Friedrich Christian von Haven, obwohl inzwischen zum Professor ernannt, erst noch auf Staatskosten nach Rom geschickt werden musste, um ordentlich Arabisch zu lernen. Außer den beiden gehörten zur Expedition noch der dänische Arzt Christian Carl Cramer, der aus Nürnberg stammende Maler und Kupferstecher Georg Wilhelm Baurenfeind, ein schwedischer Diener namens Berggren und der in Göttingen Mathematik und Astronomie studierende Geodät Carsten Niebuhr aus besagtem Lüdingworth im friesischen Land Hadeln.
Die wissenschaftlichen Teilnehmer waren einander erstmals ohne einen Expeditionsleiter gleichgestellt, eine bis dahin noch nie erprobte Neuerung, die besonders von Seiten des ebenso eitlen wie inkompetenten von Haven zu ständigen Eifersüchteleien und Streitereien führen sollte. Die Reisekasse hatte Minister Bernstorff dem ebenso bescheiden wie besonnen auftretenden Niebuhr anvertraut, und damit naturgemäß auch eine Art gewisse Autorität gegenüber den anderen. Als die Expedition nach mehr als neunmonatiger Seereise mit verschiedenen Schiffen endlich in Ägypten eintraf, waren ihre Mitglieder untereinander so zerstritten, dass sie in einem Brief nach Kopenhagen um eine genauere Klärung ihrer jeweiligen Kompetenzen baten. Auf die Antwort warteten sie fast ein ganzes Jahr, das Niebuhr und Forskål zumindest für einige Exkursionen zu den Pyramiden und den Klöstern auf dem Sinai nutzten, und um sich mit der Lebensweise der Araber vertraut zu machen, während sich von Haven beim reichsten französischen Kaufmann Kairos gemütlich einrichtete, aber immerhin eine nicht unbeträchtliche Sammlung hebräischer und arabischer Manuskripte zusammenkaufte.
Im August 1762 traf endlich die Antwort aus Kopenhagen ein, die aber imgrunde alles beim Alten ließ, und so schiffte sich die Gruppe endlich am 10. Oktober 1762 in Sues für die Weiterfahrt nach Dschidda ein. “Nirgendwo haben wir uns vor den Einwohnern einer Stadt so gefürchtet wie in Dschidda”, schreibt Niebuhr in seinem Reisebericht. “Europäern, die türkische Kleidung tragen, begegnet man hier mit Mißtrauen, ja sogar Haß. Hätten wir uns dem Tor, das nach Mekka führt, auch nur genähert, wären wir wohl gesteinigt worden.”
Ungünstige Winde hielten sie jedoch von einer baldigen Weiterfahrt ab. Erst Anfang Dezember lief endlich ein aus dem Oman kommendes Schiff mit einer Ladung Kaffee ein, “das mehr einer Regentonne als einem Fahrzeug glich. Es war nur sieben Faden (13m) lang und zweieinhalb Faden (4,5m) breit und besaß kein Verdeck. Außerdem war an dem ganzen Schiff kein einziger Nagel, die dünnen Planken waren zusammengenäht.” Dennoch vertrauten sie sich dem zerbrechlichen Fahrzeug an, das wohl nicht gerade zu den stolzen Vertretern der schönen Dhaus gehörte, und gelangten über den Hafen Al-Luhayya und weiter auf dem Landweg nach Bait al-Faqih, dem “größten Kaffeehandel im Jemen, ja vielleicht der ganzen Welt”, wo viele “Heiden aus Indien” lebten. “Sie dürfen ihren Gottedienst öffentlich abhalten, aber es ist ihnen verboten, ihre Weiber mitzubringen. Deshalb kehren sie gerne wieder in ihr Vaterland zurück.” - Schon damals setzten die Araber auf indische Wanderarbeiter und Saisonarbeitskräfte.

Niebuhr und Forskål besuchten die “Caffeegebürge” der Region, an denen ihnen nicht nur das gemäßigtere Klima gefiel. “Am Abend kamen auch Mädchen. Sie waren nicht verschleiert und sprachen ohne Scheu mit uns.” Derweil lag von Haven in Bait al-Faqih unpässlich zu Bett. “Ich glaubte nicht, daß er allzu krank war”, schrieb Niebuhr später rückblickend nicht sonderlich pietätvoll. “Ich nahm vielmehr an, daß ihm dieses Leben ohne Wein und Branntwein nicht mehr gefiel.” Drei Wochen später, nachdem ihn die anderen bis Mokka mitgeschleppt hatten, war von Haven tot.
Von da an ging es wie in dem alten Kinderlied von den kleinen Negerlein. Ende Juni 1763 erkrankte plötzlich Per Forskål, und auch Niebuhr wurde vom Fieber gepackt. Am Morgen des 11. Juli starb der Finnlandschwede auf dem Weg nach Sanaa vermutlich an einem Malariaanfall. Der jemenitische Imam gestaltete den Aufenthalt der Überlebenden in Sanaa angenehm, doch wollten sie ihre Rückkehr nicht lange hinauszögern, da sie inzwischen alle an Fieberschüben litten. Zurück in Mokka waren sie froh, in der Niederlassung der englischen Ostindienkompanie aufgenommen zu werden und den Jemen an Bord eines ihrer Schiffe Richtung Indien verlassen zu können. Der Expeditionszeichner Baurenfeind starb auf der Überfahrt nach Bombay am 29. August, der Diener Berggren am Tag darauf, Dr. Cramer im Februar des nächsten Jahres in Bombay.

“Da mir klar war, daß, wenn ich auch starb, meine Aufzeichnungen niemals nach Europa gelangen würden, entschloß ich mich, mit einem Schiff der Engländer geradewegs nach London zu fahren. Doch dann, als ich hörte, daß in Kürze ein englisches Schiff nach Surat segeln würde, um dort Waren für China einzunehmen, konnte ich meinem Wunsch, diese berühmte Handelsstadt zu sehen, nicht widerstehen.”
Der friesische Bauernsohn hatte von allen Expeditionsteilnehmern offensichtlich die widerstandsfähigste Konstitution und überwand seine Krankheit so weit, dass die Reise- und Entdeckungslust wieder stärker wurde als der Wunsch, möglichst schnell in die Heimat zurückzukehren. In Surat war er jedenfalls munter genug, festzustellen, dass die Weiber der Inder “im Gegensatz zu den Mohammedanerinnen keine hängenden Brüste haben. Sie tragen diese nämlich in Futteralen, welche die Brüste straff halten.”

Auch die segensreiche Erfindung des BH verdanken wir also wie so vieles Indien.

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