Find more about Weather in Piran, LJ
Freitag, 28. August 2015
Wie die Langobarden zu ihrem Namen kamen
In ihrer vergleichsweise ausführlichen und zum Glück noch in der Völkerwanderungszeit aufgezeichneten Stammessage ist der ursprüngliche Name der Langobarden in ihrer Urheimat im skandinavischen Schonen als Winniler angegeben. Der Begründer der Deutschen Altertumskunde, Karl Müllenhoff, erklärte die Bedeutung des Namens mit „Streitlustige”, „wilde Krieger”. Teile des Stamms, vielleicht die, denen man diesen Namen verliehen hatte, sind noch in vorchristlicher Zeit über die Ostsee zum Kontinent ausgewandert. Sie verfügten also über halbwegs seetaugliche Schiffe; wahrscheinlich solche vom Typ des Hjortspring- oder auch schon des Nydam-Boots.
Die Küste, an der sie am Südufer der Ostsee landeten und sich zuerst niederließen, nennt die Stammessage Scoringa. Der Langobarden-Historiograph Jarnut bringt den Namen mit dem althochdeutschen Wort scorro in Verbindung, das „schroffer Fels” oder „Felsklippe” bedeutet und somit vor allem an die markanten Kreidefelsen von Rügen denken läßt.
Der auswandernde Teil der Winniler wurde von drei Anführern geleitet, von Ibor und Agio, einem Brüderpaar aus prominenter oder edler Familie als Doppelspitze, wie es bei germanischen Stämmen häufiger vorkam, und von ihrer Mutter Gambara, „einer scharfsinnigen Ratgeberin, in deren Weisheit sie in schwierigen Situationen kein geringes Vertrauen setzten.” So hielt es der im Friaul geborene langobardische Diakon Paulus im 8. Jahrhundert in seiner für den Langobardenherzog Arichis II. verfaßten, offiziellen Historia Langobardorum fest.

In ihrem neuen Gebiet an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns gerieten die zugewanderten Winniler in Konflikt mit den benachbarten Wandalen, die ihre Unterwerfung forderten.
"Melius est nobis pugnam praeparare, quam wandalis tributa persolvere", „es ist für uns besser, uns auf einen Kampf vorzubereiten, als den Wandalen Tribute zu leisten”, erklärten Mutter und Söhne, worauf die beiden ebenfalls gemeinsam ihr Volk führenden Wandalenherzöge Ambri und Assi den Gott Wotan um Beistand für eine Schlacht anriefen.
„Wen von euch ich bei Sonnenaufgang als erste erblicke, denen will ich den Sieg schenken”, antwortete der undurchsichtige Gott des Dichtermets und der Kriegeropfer gewohnt sibyllinisch.

Gambara hatte sich mit der gleichen Bitte an Wotans Gemahlin, die Göttin Freya, gewandt, und da Freya den Schiedsspruch ihres Mannes kannte, erhielt Gambara von ihr einen in Teilen auf den ersten Blick etwas seltsamen Rat: Die Krieger der Winniler sollten sehr früh aufstehen und bei Sonnenaufgang aufmarschieren, begleitet von ihren Frauen, die ihre „crines solutae circa faciem in similitudinem barbae”, ihre Haare aufgelöst so um ihre Gesichter legen sollten, daß sie wie Bärte aussähen.
Bei Sonnenaufgang am Morgen der Schlacht, drehte Freia das Bett ihres Mannes nach Osten und weckte ihn. „Qui sunt isti longibarbae?”, wunderte sich der schlaftrunkene Gott. „Wer sind diese Langbärte?”
„Wo du ihnen schon einen Namen verliehen hast”, antwortete Freia, „schenk ihnen nun auch den Sieg.”
Wotan hielt Wort, und die siegreichen Winniler nannten sich seitdem Langobarden. Also eigentlich nach ihren Frauen, und man darf sich fragen, welche Stellung sie in der Stammesgesellschaft der Winniler wirklich einmal eingenommen haben, denn von ungefähr und bedeutungslos sind solche Herkunftssagen niemals über Jahrhunderte tradiert worden.

... link (0 Kommentare)   ... comment