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Freitag, 7. August 2015
Triestiner Beobachtungen zur bella figura

Oh ja, die monumentale Denkmalkunst in Triest ist brutale. Vieles wie vom Duce bei Arno Breker bestellt. Und dann lassen sie heute noch die Jugend uniformiert in Klassen- oder Pfadfinderverbänden hinpilgern. Schlimm!

Doch der Italiener vergißt ja auch in Uniform nie, vor allem „bella figura” zu machen.

In Zivil schon gar nicht. Und da machen oft kleinste Gesten und Dinge den bezeichnenden Unterschied. Wir wollen jetzt gar nicht erst von Socken in Sandalen zu reden anfangen, obwohl ich das Ausmaß des ehrlich entsetzten Abscheus der Mediterranen vor dieser teutonischen (aber z.B. auch türkischen) Weise, die Füße zu lüften und doch nicht kalt werden zu lassen, nicht ganz nachvollziehen kann. Wenn die mal bei Temperaturen unter zwanzig Grad über die Alpen kommen, laufen sie gleich in Michelinmännchen-Daunenjacken und Moonboots rum. Ob das nun zu einer bella figura beiträgt, bezweifle ich. Aber vielleicht ist den Italienern und Italienerinnen ja im (klimatischen) Ausnahmezustand im Ausland erlaubt, was zu Hause in bella Italia verpönt wäre.

Im Sommer Polohemden tragen kann jeder. Eben. Um zu demonstrieren, daß mann sich als Italiener so ein Strickjerseyteil nicht irgendwie überstreift, kommt es darauf an, mit einer kleinen Akzentsetzung deutlich zu erkennen zu geben, daß man auch dabei nicht außer Acht läßt, an seine bella figura zu denken. Also... das unbedingte Erfordernis, in Italien Polohemden mit hochgestelltem Kragen zu tragen, ist dermaßen verbreitet, daß ich in Triest vor mir auf der Straße mehrfach Polohemden gesehen habe, die unter dem (aufgestellten!) Kragen eingewebte Schriftzüge und Markennamen trugen.
Ich will das Haltungs- und Kleidungsideal der bella figura keineswegs grundsätzlich schmähen, denn, ja, in Italien flaniert man im Durchschnitt besser gekleidet über die Corsi, als es durch bundesdeutsche Fußgängerzonen schlufft, und es zaubert immer wieder schön Anzusehendes in die Gassen und Straßen des italienischen Alltags. Am gestenreichen Sprechen der Italiener kann man sich ja ohnehin nie sattsehen.

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