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Donnerstag, 21. Mai 2015
Reykjavíks neuer Kristallpalast: Harpa, die Harfe

Im Innern trägt sie die Trauerfarben der katastrophalen Jahre ihrer Entstehung: Schwarz und das schwermütige Dunkelrot oxidierter Vulkanasche, doch außen glitzert, flirrt und flimmert die wabenförmige Glasfassade Ólafur Elíassons mit ihren veränderlichen Farbpigmenten, Spiegelungen, Durchblicken und Reflexen wie eine „Gischt aus Glas” (hieß es zur Eröffnung 2011 in der Zeit). Wenn man so will, ist das die Fassade, die vom (be-)trügerischen isländischen Wirtschaftswunder um die Jahrtausendwende übrig blieb. Drinnen muß die Harfe Trauer tragen.


Ziemlich großkotzig steht sie in der allerbesten Lage, am Ende des alten Stadthafens, und aus dem Foyer hat man einen herrlichen Ausblick auf die großartige Natur, in die Reykjavík eingebettet liegt; ein schräger Seitenblick zurück über die Schulter stadtwärts fällt allerdings auf den totenhäßlichen Hochsicherheitsbunker der isländischen Notenbank gleich gegenüber, deren Chefsesselchen sich der langjährige konservative Ministerpräsident Davíð Oddson vor seinem Rückzug aus der Politik längst vorgewärmt hatte und die höchst unrühmlich am isländischen Finanzdesaster von 2008 mitgewirkt hat.

„Das ist ja so 2007", sagen die Isländer noch zu allem, was nach der neureichen Glitzerpracht vor dem ökonomischen Zusammenbruch aussieht, und Baubeginn für das maßlos teure Prunkprojekt der Harpa war das Jahr 2007. Ein Jahr später, noch in der Baugrube, stand sie schon vor dem Aus. Als ihre Finanzkartenhäuser zusammenbrachen, tauchten die kriminellen Spekulanten, die sich mit dem Konzert- und Kongreßzentrum eine feine Lounge für ihre Meetings und Zerstreuungen hatten errichten lassen wollen, natürlich sofort ab, und das kleine Volk hegte große Zweifel und Bedenken, ob es das Bißchen Geld, das ihm noch verblieben war, nicht für Vordringlicheres benötigte. Aber die Regierungen von Stadt und Land beschlossen, die Fundamente im Bauloch nicht als symbolische Ruine des isländischen Bankrotts stehen zu lassen, sondern den Bau aus Steuermitteln zu vollenden, und nun gucken die Isländer auch ein wenig stolz auf dieses neue Wahrzeichen ihrer Stadt und ihres Selbstbehauptungswillens.

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