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Donnerstag, 19. Februar 2015
"Broome trank nur Champagner." Broome, bunte Stadt: Lungenblut und Perlen
Perlen also. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatten auch die englischen Siedler in Westaustralien endlich mitbekommen, daß entlang der Küste am Indischen Ozean immer wieder riesige Perlmuscheln der besonders großen Art Pinctada maxima angespült werden, die bis zu fünf Kilogramm Gewicht haben und 2 Zentimeter große Perlen enthalten können. Die Aborigenes dieser Küstenregionen hatten das schillernde Perlmutt und die herrlichen Perlen schon seit Jahrtausenden als Zahlungsmittel im Tauschhandel mit Stämmen genutzt, die im Landesinneren lebten, und die blank schillernden Kostbarkeiten auch malayischen Seefahrern aus dem an der Kreuzung wichtiger Fernhandelsrouten gelegenen Makassar auf Sulawesi angeboten; die kamen im 18. Jahrhundert auf der Suche nach ‟Teripang” mit dem Nordwestmonsun alljährlich zu den tropischen Küsten Australiens. Eigentlich waren sie auf der Jagd nach Bêche de mer oder Seegurken (‟Trepang”), für die ihnen chinesische Händler auf den Märkten in Makassar oder Singapur hohe Preise zahlten, weil die Seegurke bei Chinesen als Delikatesse und (natürlich) Aphrodisiakum gilt. Aber glänzendes Perlmutt und schimmernde Perlen verschmähten sie auch nicht als Handelsware. Europäische Seeleute taten das ebensowenig, und so machten sich nach 1850 die ersten weißen Abenteurer auf, um von Shark Bay aus die Küste nordwärts nach Perlmuscheln abzusuchen.
Ein Jahrzehnt später waren die bei Ebbe erreichbaren Muschelgründe bereits abgegrast, und die weißen Perlensucher gingen dazu über, Aborigenes auf ihre Boote zu verschleppen und sie zum Tauchen nach Perlen zu zwingen. ‟Nearly all of the pearlers employed aboriginal divers”, schreibt Hill und seufzt: ‟Native labour was free, too free. A bag of flour and a stick of tobacco bought a human life.” Den Preis bekamen aber nicht die Aborigenes, sondern die weißen Sklavenhändler, die im Binnenland die Schwarzen zusammentrieben. ‟Men who had never seen the sea... but one nigger was as black as another. Few of them lived longer than two years.”
Was Hill nicht mehr wußte (oder aus ladyliker Pietät lieber unterschlug): Zum Tauchen besonders geschätzt wurden schwangere junge Frauen, weil man glaubte, daß sie eine größere Lungenkapazität besäßen.
Die durch Haie, Taucherkrankheit, aber vor allem durch brutalste Arbeitsbedingungen verursachten vielen Todesfälle konnten die Sklavenjäger mit ihren Treibjagden im dünn besiedelten Landesinneren bald nicht mehr ausgleichen, und darum sahen sie sich im benachbarten Ausland um. 1871 brachten sie die erste Schiffsladung Malaien nach Australien. Da die niederländische Kolonialregierung in Batavia Besorgnis über die grausamen Bedingungen und die hohe Sterblichkeit auf den australischen Booten äußerte und auch weil man sich gezwungen sah, in immer tiefere Gewässer vorzudringen, wozu die neu erfundenen Taucheranzüge und Sauerstoffgeräte erforderlich waren, verlagerte sich das Interesse der ‟Pearler” auf spezialisierte Taucher, die mit solchem Gerät umzugehen wußten. Die überlebenden Aborigenes wurden ausgemustert und stattdessen Taucher vor allem aus Japan, aber auch aus China, von den Philippinen und der indonesischen Inselwelt angeheuert. Nach der Jahrhundertwende gingen allein von Broome aus bis zu 3500 Taucher auf Muschelsuche. Die kleine, schnell wachsende Stadt wurde von einem bunten Vielvölkergemisch bewohnt, wie es damals sonst nirgendwo auf dem Kontinent seinesgleichen hatte.

‟Broome, a lonely cable station in the sand-hills, became an Eldorado in mother-of-pearl. A Japanese town sprang up there... with Cingalese jewellers, Malay sail-makers and Manila carpenters, adventurers from all parts of the globe. – Just before the war, with 400 ships off-shore fishing fortunes, Broome drank only champagne.”

Bis zum Ersten Weltkrieg lieferte Broome allein 70 Prozent des weltweit auf den Markt kommenden Perlmutts. Der Krieg brachte dann u.a. die Erfindung des Plastikknopfs, und damit brach die Nachfrage nach Perlmutt in sich zusammen.
Blieben noch die Perlen. Um die in Wirtschaftswunderzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich steigende Nachfrage zu befriedigen, hob die australische Regierung das gesetzliche Verbot künstlicher Perlenzucht auf, 1956 wurde ein erstes australisch-japanisches Perlenzuchtunternehmen gegründet. Heute sind 19 von 20 australischen Perlenfarmen in Broome und Umgebung ansässig. Wie sehr das Perlengeschäft und die frühe multikulturelle Gesellschaft Broome bis heute prägen, sieht man bei einem Rundgang durch die Stadt auf Anhieb. Ihr Zentrum ist China-Town, und in den dortigen Straßen reiht sich ein Perlengeschäft ans andere. Die fröhliche junge Frau, die uns in einem von ihnen die Kollektion zeigte, war halb schwedisch, halb marokkanisch.

‟Broome, a patch of the Orient in Australia, and its only port of pearls. – Misrepresented to the world by sundry novelists as an A-grade Hades of sand and squalor and sin, the town is actually one of the friendliest and most fascinating of the Continent, itself a pearl of ever-changing beauty in the pearling seas”, sang Ernestine Hill das Loblied auf Broome. ‟By all who travel the desolate sand-wastes of the West, it is looked upon as a little haven.”

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