Was Hill nicht mehr wußte (oder aus ladyliker Pietät lieber unterschlug): Zum Tauchen besonders geschätzt wurden schwangere junge Frauen, weil man glaubte, daß sie eine größere Lungenkapazität besäßen.
Die durch Haie, Taucherkrankheit, aber vor allem durch brutalste Arbeitsbedingungen verursachten vielen Todesfälle konnten die Sklavenjäger mit ihren Treibjagden im dünn besiedelten Landesinneren bald nicht mehr ausgleichen, und darum sahen sie sich im benachbarten Ausland um. 1871 brachten sie die erste Schiffsladung Malaien nach Australien. Da die niederländische Kolonialregierung in Batavia Besorgnis über die grausamen Bedingungen und die hohe Sterblichkeit auf den australischen Booten äußerte und auch weil man sich gezwungen sah, in immer tiefere Gewässer vorzudringen, wozu die neu erfundenen Taucheranzüge und Sauerstoffgeräte erforderlich waren, verlagerte sich das Interesse der ‟Pearler” auf spezialisierte Taucher, die mit solchem Gerät umzugehen wußten. Die überlebenden Aborigenes wurden ausgemustert und stattdessen Taucher vor allem aus Japan, aber auch aus China, von den Philippinen und der indonesischen Inselwelt angeheuert. Nach der Jahrhundertwende gingen allein von Broome aus bis zu 3500 Taucher auf Muschelsuche. Die kleine, schnell wachsende Stadt wurde von einem bunten Vielvölkergemisch bewohnt, wie es damals sonst nirgendwo auf dem Kontinent seinesgleichen hatte.
‟Broome, a lonely cable station in the sand-hills, became an Eldorado in mother-of-pearl. A Japanese town sprang up there... with Cingalese jewellers, Malay sail-makers and Manila carpenters, adventurers from all parts of the globe. – Just before the war, with 400 ships off-shore fishing fortunes, Broome drank only champagne.”
Bis zum Ersten Weltkrieg lieferte Broome allein 70 Prozent des weltweit auf den Markt kommenden Perlmutts. Der Krieg brachte dann u.a. die Erfindung des Plastikknopfs, und damit brach die Nachfrage nach Perlmutt in sich zusammen.Blieben noch die Perlen. Um die in Wirtschaftswunderzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich steigende Nachfrage zu befriedigen, hob die australische Regierung das gesetzliche Verbot künstlicher Perlenzucht auf, 1956 wurde ein erstes australisch-japanisches Perlenzuchtunternehmen gegründet. Heute sind 19 von 20 australischen Perlenfarmen in Broome und Umgebung ansässig. Wie sehr das Perlengeschäft und die frühe multikulturelle Gesellschaft Broome bis heute prägen, sieht man bei einem Rundgang durch die Stadt auf Anhieb. Ihr Zentrum ist China-Town, und in den dortigen Straßen reiht sich ein Perlengeschäft ans andere. Die fröhliche junge Frau, die uns in einem von ihnen die Kollektion zeigte, war halb schwedisch, halb marokkanisch.
‟Broome, a patch of the Orient in Australia, and its only port of pearls. – Misrepresented to the world by sundry novelists as an A-grade Hades of sand and squalor and sin, the town is actually one of the friendliest and most fascinating of the Continent, itself a pearl of ever-changing beauty in the pearling seas”, sang Ernestine Hill das Loblied auf Broome. ‟By all who travel the desolate sand-wastes of the West, it is looked upon as a little haven.”
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