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Freitag, 24. Oktober 2014
"The Mind in the Cave"

Es wird langsam ein bißchen inflationär hier mit den Bildern, darum heute mal etwas mehr Textwüste.
Leider halten wir uns nicht mehr wirklich dort auf (jede Reise geht einmal zu Ende), aber in Gedanken kann ich mich immer wieder gern in den Kakadu-Nationalpark im Norden Australiens zurückversetzen. Ich kenne inzwischen etliche, die auf meine Antwort auf die Frage, wo wir denn den Urlaub verbracht hätten, reagieren: ‟Australien? Ach, da zieht mich ja so gar nichts hin. Diese Leere überall. Und die Hitze! Und Kultur haben die da doch gar nich.” – Schon mal die Wortprogramme auf ABC Radio verfolgt, möchte ich am liebsten zurückfragen, lasse es aber meistens. Keine Kultur? Wie wäre es denn zum Beispiel mit der vielleicht am längsten ungebrochenen Kulturtradition der Menschheit? Aber da haben immer noch viele ganz ungetrübt allein die eurozentrische Brille auf (was sie natürlich entrüstet bestreiten würden, wenn man sie darauf aufmerksam machte). Nun, wie auch immer, uns hatte Australien eine Menge zu bieten.

Das Land im Kakadu-Nationalpark z.B. weist nicht nur unglaublich schöne Landschaften und fast magische Orte auf, sondern ist obendrein auch für die Frühgeschichte der Menschheit von einzigartiger Bedeutung. Etliche Fundstätten mit Spuren menschlicher Besiedlung sind inzwischen mit modernsten Methoden archäologisch untersucht worden, und die Ergebnisse haben frühere Vermutungen bestätigt: Die Vorfahren der heutigen Aborigenes haben Australien bereits vor mehr als 50.000 Jahren erreicht. Der Meeresspiegel lag zu dieser Zeit zwar um etwa 65 Meter unter dem heutigen Niveau und Australien bildete mit Tasmanien und Neuguinea noch einen zusammenhängenden, Meganesien oder Sahul genannten Kontinent, doch vom südostasiatischen Festland war es auch damals durch Meeresstraßen getrennt. Als bei uns noch Neandertaler in ihren Höhlen froren, müssen die Vorfahren der Aborigenes bereits Fahrzeuge gebaut haben, mit denen sie Meerengen überqueren konnten. Nach allem, was die Forschung derzeit von ihnen sagt, brachten sie aus Asien auch roten Ocker und die Fähigkeit zum Malen mit. Für den südafrikanischen Spezialisten für steinzeitliche Felsmalerei, Professor David Lewis-Williams, macht die Entwicklung dieser Fähigkeit, dreidimensionale Wirklichkeit zweidimensional auf einer Fläche abzubilden, einen, wenn nicht den Beweis für einen intelligenzmäßigen Quantensprung vom Neandertaler zum modernen Homo sapiens aus.
Neandertaler und Homo sapiens haben in Europa mehrere Jahrtausende zeitgleich nebeneinander gelebt. Funde aus der letzten Neandertalerkultur in Höhlen im Südwesten Frankreichs (Châtelperronien, vor 38-30.000 Jahren) legen nahe, daß sogar eine Akkulturation der dortigen Neandertaler an Homo-sapiens-Gruppen stattgefunden hat. Die Bearbeitung von Steinwerkzeugen und anderen Materialien erscheint fortgeschritten und von Techniken des Homo sapiens beeinflußt. Lewis-Williams fragt nicht weiter nach diesen (noch umstrittenen) Übernahmen, sondern gerade nach dem, was die Neandertaler nicht übernahmen und kopierten, und das waren die Formen von bildlicher oder skulpturaler Repräsentation von Tieren und Menschen, die der Homo sapiens bereits beherrschte. Warum begann der Neandertaler nicht auch Wände zu bemalen und Figuren zu schnitzen? ‟I suggest that the type of consciousness – not merely the degree of intelligence – that Neanderthals possessed was different in important respects” (D. Lewis-Williams: The Mind in the Cave, 2002)
Für Lewis-Williams waren Neandertaler nicht in der Lage
- sich an Bilder im Kopf zu erinnern, die in anderen Bewußtseinszuständen wie etwa im Traum, nach Einnahme berauschender Drogen, bei Übermüdung oder in Trancezuständen entstehen
- sich über solche imaginären Bilder im Kopf auszutauschen und ihnen gar den Status einer anderen Wirklichkeit hinter der jedem sichtbaren zuzusprechen
- zwischen den Bildern im Kopf und ihren zweidimensionalen Abbildungen einen Zusammenhang zu erkennen
- überhaupt zweidimensionale Bilder von realen Objekten als deren Repräsentation zu erkennen. ‟One cannot ‘notice’ a representational image in a mass of lines unless one already has a notion of images [...] ‘Seeing’ two-dimensional images is therefore something we learn to do”.

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