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Samstag, 4. Oktober 2014
L'après-midi d'un faune

Suchbild: Allfarblori (Trichoglossus haematodus) in blühendem Eukalyptus

Die Hitze ist zum Glück trockener, als ich befürchtet hatte, aber es ist heiß, sehr heiß. Noch immer knapp unter 40 °. Selbst ich Sonnenverehrer sitze lieber unter dem vorspringenden Blechdach der Küchenhütte und bin froh über den Halbschatten, den die stehengebliebenen Bäume der Lichtung spenden. Die Luft ist heiß und trocken und doch seit unserer Ankunft hier im Wald von einem fremden, sehr süßen und schweren Aroma erfüllt. Es kommt von den hohen Eukalyptusbäumen, die beiderseits das Ufer des fast ausgetrockneten Bachlaufs säumen und in voller Blüte stehen. Jede Blüte kann über hundert Staubblätter enthalten. Das Grün der Blätter verschwindet fast unter ihrem hellen Weißlich-Gelb Sie locken Scharen von Vögeln an, doch selbst die knallbunten Allfarbloris: neongrüner Rücken, gelbe Nackenbinde, blauer Kopf, roter Schnabel, orangegelbe Brust, sind im Blütenflor der Bäume nur schwer auszumachen. Ulla-Lena ist mit Fernglas, Fotoapparat, Vogelbestimmungsbuch und Sonnenhut zur Wasserstelle am Bach aufgebrochen: Vögel gucken und möglichst viele Arten entdecken. Bei ihrer Rückkehr wird sie freudig berichten, ganze Scharen der bestechend schönen Regenbogenspinte gesehen zu haben.

Jennifer erholt sich von der für sie anstrengenden Tour am Vormittag und hält in ihrer Hütte ein Nickerchen, die Herzogin ist ebenfalls unterwegs und irgendwo im Wald verschwunden.
Ich bleibe vorläufig noch sitzen, trinke Mangosaft, sehe den Kängurus zu, die anscheinend jeden Nachmittag zum Grasen auf die Lichtung kommen, oder schreibe in mein Notizbuch. Wenn nicht gerade Raben-Kakadus mit häßlichem Krächzen wie schwarze Harpyien über die Lichtung fliegen, ist es so still, daß ich hören kann, wie ein schwacher Luftzug die Blätter oben in den Wipfeln der Eukalypten bewegt. Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr, daß sich hinten am Waldrand noch etwas bewegt. Ich sehe hinüber. Zwei rötlich gelbe Dingos verharren nun reglos zwischen den vordersten Bäumen und wittern herüber. Ich beobachte sie durchs Fernglas. Als ich eine Bewegung mache, um die Kamera vom Tisch zu nehmen, werfen sie sich herum und verschwinden in federndem Wolfstrab so lautlos zwischen den Stämmen, wie sie gekommen sind. Ich schnappe mir die Kamera und gehe ihnen nach, sehe sie aber natürlich nicht wieder. Dafür sehe ich anderes, den hohlen, geschwärzten Stumpf eines verbrannten Baums wie eine abstrakte Skulptur im hohen Gras, die Vielfalt bunter Steine im trockenen Bachbett, das Aufleuchten von intensivem Türkis, als sich ein Haubenliest, hier Blue-winged Kookaburra, von einem Baum zum nächsten schwingt, ich beobachte, wie ein Heerzug von Termiten einen Baumstamm hinaufmarschiert, ich sehe lange zu, wie die tiefer sinkende Sonne das Gras vergoldet, und finde schließlich in einem Abschnitt, in dem der Bach noch leise durch einen Verhau von umgestürzten Bäumen und abgerissenen Ästen rieselt, eine Nymphe auf einem Baumstamm am Wasser sitzend. Nachmittag eines Fauns.

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