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Dienstag, 14. Oktober 2014
Bloß weg nach Gagudju!


‟All through the winter months, when the tourists come by, Darwin is demure. You must catch it in the gipsy moments of monsoon. To come into Darwin in the wet season is to tiptoe into an opium dream”, schwärmte in den 1930er Jahren die ganz Australien durchreisende Reporterin Ernestine Hill in ihrem bekannt gewordenen Klassiker The Great Australian Loneliness.
Hill war von Darwin, ihrer ersten Station in den Tropen, begeistert, aber zu unserer Zeit ist nicht wet, sondern dry season und Darwin demure, also raus aus der Stadt, asap! Aber es zieht sich: endlose und endlos einförmige Vororte, Aborigeneslums, Gewerbegebiete, Einkaufszentren, Autoreparaturwerkstätten, Tankstellen, Möbelhäuser reihen sich am Highway entlang in die flache Landschaft hinaus. Palmerston, Howard Springs, Humpty Doo (!) und wie die Schilder alle heißen. Klar, heiß ist es auch wieder, und gleißend das Licht. Woolworth’s oder Coles heißt die kühl klimatisierte Alternative zum Auffüllen der Vorräte für die nächsten Tage. Auftanken, dann wieder raus auf den sich zusehends leerenden Highway.
‟Outside Darwin, that ‘gateway to the East’ that never opened, are but a scattering of cattle stations, 50, 100, 200 miles apart. Each a million acres of empty bush”, stellte Hill damals fest, und es hat sich nicht viel geändert.
Termitenhügel im Abendlicht. Kakadu-NP

Doch Leere und Einsamkeit sind relativ. Für die Ureinwohner ist das Land voll. Voller Überfluß an Nahrungsangeboten in der Natur – ein Fünftel aller australischen Säugetierarten lebt hier draußen im Küstentiefland, ein Drittel aller Vogelarten, 120 Reptilien- und 300 Fischarten und mehr als 10.000 Spezies von Insekten –, und es ist voller Ahnengeister, Nayuhyunggi, denn hier sind vor gut 50.000 Jahren die ersten Vorfahren auf den Kontinent gekommen. Überall haben sie das Land geformt und ihre Spuren und Marken hinterlassen. Leer, gesichts- und geschichtslos ist es hier nur durch die Terra-nullius-Brille der Weißen betrachtet.

Wasserreich, wie die Gegend ist, spielt hier die Regenbogenschlange in den mythologischen Erzählungen, die sich um Flüsse, Schluchten und Wasserlöcher ranken, eine überragende Rolle.
Der Archäologe Mike Smith hat ihren Ursprung mit den fossilen Knochen ausgestorbener Riesentiere in Verbindung gebracht, auf die einwandernde Menschen an den ausgetrockneten Wasserläufen des Binnenlands gestoßen sein müssen.

Wir überqueren den Adelaide River, dahinter weite Flächen von Sumpfgras und Rohr, von Wasserläufen durchzogen; der Himmel darüber weißglühend, im Süden grau vom Rauch eines fernen Buschfeuers. Die Straße kurvt um den einzigen Hügel weit und breit. Oben eine Beobachtungsstation für die vielen Wasservögel, die hier rasten und durchziehen. In der Regenzeit dürfte sie als einsame Insel aus dem völlig überfluteten Tiefland ragen. Auch am Mary River wieder Wetlands, Feuchtgebiete, und etliche Bird Billabongs und überall Schilder, die vor Krokodilen warnen. So nah an der Küste muß man in jedem trüben Wasserloch mit ‟Salties” rechnen, die plötzlich aus dem Wasser schnellen und dir die Nasenspitze und anderes abbeißen. West Alligator, South Alligator und East Alligator River heißen die Flüsse, die noch auf uns warten in Gagudju.
Das Wort bezeichnet eigentlich die Sprache der hiesigen Ureinwohner, doch 2002 ist der allerletzte Sprecher dieser mit sonst keiner verwandten Sprache gestorben. Gagudju gibt es nur noch in den Tonarchiven der Linguisten, hoffe ich, den Namen der Sprache haben die Weißen als Kakadu mißverstanden und danach den einzigartigen Nationalpark benannt, der inzwischen ins Weltnatur- und -kulturerbe der UNESCO aufgenommen wurde.

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