Die Aufmerksamkeitsspanne der Weltöffentlichkeit, sprich der Presse ist bekanntlich nicht größer als die eines Vierjährigen mit diagnostiziertem ADHS, und daher nimmt sie auch kaum noch Notiz davon, daß hier in Den Haag immer noch die für das größte Massaker an Zivilisten in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit Verantwortlichen vor Gericht stehen.
Vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wird hier dem früheren politischen Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadžić, seit Oktober 2009, also seit mehr als vier Jahren, der Prozeß gemacht, weil er mutmaßlich den Befehl zum Völkermord an Bosniaken, darunter auch zum Massaker von Srebrenica, gegeben hat.
In seinem Verfahren hat Karadžic, der sich selbst verteidigt, kürzlich als Entlastungszeugen seinen militärischen Arm, den Kommandeur der damaligen Armee der Serbischen Republik Krajina, Ratko Mladić, aufgerufen. Dem soll seit 2011 ebenfalls vor dem Haager Tribunal der Prozeß gemacht werden, doch sorgt Mladić durch Pöbelauftritte oder von seinen Anwälten vorgegebene Schwächeanfälle immer wieder für Unterbrechungen. Jetzt weigerte er sich kategorisch, im Karadžic-Prozeß auszusagen. Dreimal wurde er vorgeladen, dreimal lehnte er ab, dann ordnete das Gericht seine Vorführung an. Im Gerichtssaal schwieg Mladić zunächst beharrlich. Auf nachdrückliche Ermahnung des nie die Geduld verlierenden Richters brabbelte er schließlich etwas Unverständliches. Durch seine Anwälte ließ er eine Verhandlungspause aus einem wichtigen persönlichen Grund beantragen. Nach einigen diskreten Erläuterungen seitens der Anwälte gab der Richter dem Antrag statt. Eskortiert von sechs Polizeimotorrädern mit Blaulicht rollte anschließend eine große, gepanzerte Limousine durch Den Haag zum Scheveninger Gefängnis. Ausgesandt, um Mladić Gebiß zu holen.
Auch nachdem er es empfangen und eingesetzt hatte, hat Mladić die Zähne nicht auseinander gekriegt.
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