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Dienstag, 14. August 2012
Auf Flüssen und Kanälen



Nun ja, Fortführung sommerlicher Stimmung mit literarischen Mitteln:

“Die Sonne strahlte, die Flut setzte ein – vier lustige Meilen die Stunde. Der Wind blies gleichmäßig, mit gelegentlichen Sturmböen. Ich hatte noch nie zuvor in einem Kanu unter Segeln gesessen. Ich denke, es war eine ähnlich große Herausforderung, wie etwa ein erstes Buch zu veröffentlichen.”

Um beides geht es an diesem Sommermorgen auf der unteren Schelde bei Antwerpen, um die Grand Tour in einem Paddelboot und um das erste Buch. Damals, 1876, im August vor 136 Jahren; dasselbe durchwachsene Schietwetter wie heute, dieselben Überlegungen.

“Ein Mann sollte sich um nichts Wichtigeres kümmern müssen als um seinen Zeitvertreib. Als Gegenargument kann nur die Geldgier dienen [...] Es ist verlogenes Geschwätz, den Kaufmann und Bankier als selbstlosen Kämpfer im Namen der Menschlichkeit darzustellen.”

Ja, in einem Boot dann auf dem Sambre-Oise-Kanal im flachen Flandern kann man die Gedanken schweifen lassen, sofern man die eigene Haut genauso imprägniert wie die Spritzdecke über dem Süllrand des Kanus.

“Wir hatten nun in Bezug auf das Wetter einen Grad an Demut erreicht, den man außerhalb der schottischen Highlands selten erlebt.”

O ja, schöne Sommerlektüre.
Fließt still wie die Oise – “das Zentralbüro der Nerven, das wir in einer gewissen Stimmung als Ich bezeichnen, genoss seinen Urlaub” – und ist doch immer in Bewegung. Der eingeschobene Satz wurde immerhin fast fünfzig Jahre vor Freuds Das Ich und das Es unterwegs flüchtig in ein Notizbuch gekritzelt. Es folgt eine der wohl frühesten genauen Beschreibungen dessen, was man heute als Flow-Zustand bezeichnet. Resümee:

“Ich schmeichle mir, dass nicht einmal sterbende Tiere diese niedrige Form von Bewusstsein unterbieten können. Und was für ein Vergnügen das war!” – “Dieser Geisteszustand war der große Gewinn unserer Reise. Er war das entlegenste Ziel, das wir erreichten... so weit entfernt, dass ich nicht erwarte, die Sympathie des Lesers für die lächelnde, friedliche Ironie meines Zustands zu gewinnen.”

Ich sag ja: schöne Sommerlektüre. Robert Louis Stevenson: Das Licht der Flüsse, gerade sehr schön übersetzt von Alexander Pechmann.

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