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Donnerstag, 25. August 2011
Kleine Zeitreise in die Anfänge der holsteinischen Landesgeschichte (II)
Am 7. August 1106 starb in Lüttich Kaiser Heinrich IV., nachdem er in der Karwoche desselben Jahres das Heer seines abtrünnigen Sohnes noch einmal geschlagen hatte. Keine drei Wochen später starb in Sachsen mit Herzog Magnus auch der letzte männliche Sproß der Billunger.
König Heinrich V. überging dessen Schwiegersöhne und gab das sächsische Herzogtum aus welchen Gründen auch immer in die Hände eines seiner Parteigänger, des eher zweitrangigen Adligen Lothar von Süpplingenburg (bei Helmstedt). Allerdings hatte dieser Lothar sechs Jahre zuvor mit 25 die höchstens 13jährige Richenza von Northeim geheiratet, eine Enkelin des ehemaligen Bayernherzogs Otto aus dem Geschlecht der in Sachsen sehr begüterten Northeimer Grafen, die Lothar nach deren Erlöschen im Mannesstamm ebenso beerben konnte wie die mütterliche Linie seiner Frau, die Brunonen. Doch schon vorher zeigte Lothar, daß er – in Sachsen besser verwurzelt als die schwäbischen Ministerialen, mit denen Kaiser Heinrich das Land hatte regieren wollen – in seinem Herzogtum und darüber hinaus sehr viel energischer zu walten gedachte. Besonders zog er gleich mehrfach gegen die Slawen nördlich und östlich der Elbe zu Felde.

Siegel der Schauenburger Grafen von Holstein, 13. Jh.Im Jahr 1110 tötete ein Trupp Abodriten, die einen Vergeltungszug unternommen hatten, in einem Hinterhalt den Hamburger Grafen Gottfried. Als Nachfolger rief Lothar im folgenden Jahr seinen sächsischen Lehnsmann Adolf von Schauenburg von der mittleren Weser in den Norden und ernannte ihn auch zum Grafen der nordelbischen Sachsengaue Stormarn und Holstein. Es war eine der zukunftsträchtigsten Entscheidungen des späteren Kaisers Lothar, denn die Schauenburger sollten 350 Jahre lang die regierende Dynastie in Holstein bleiben, und ihr Familienwappen ist noch heute als gezacktes Nesselblatt das des Landes. Als Zugereister hatte Graf Adolf I. jedoch zeit seines Lebens einen schweren Stand gegen den einheimischen Adel, gegen die Abodriten und auch gegen die immer wieder von Norden angreifenden Dänen. Aber er behauptete sich und ging allmählich sogar in die Offensive.

“Mit der Berufung der Schauenburger nach Nordelbingen schuf Lothar die Voraussetzung, daß in der Folgezeit Mission und deutsche Siedlung im Raum an der westlichen Ostsee erfolgreich beginnen konnten.” (Karl Jordan)

1126 tauchte der ehemalige Bremer Domscholaster Vizelin bei Graf Adolf auf. Nach fortgesetzten Studien in Frankreich hatte er sich nach seiner Rückkehr auf eigenen Wunsch von Erzbischof Adalbert II. zum Missionar in Wagrien ernennen lassen. Doch bekam er dort kein Bein auf den Boden und durfte mit Erlaubnis seines Erzbischofs zunächst auf der halbwegs sicheren Seite des Sächsischen Limes im Faldera-Gau am sogenannten Ochsenweg nach Dänemark ein neues Kloster gründen. Aus diesem novum monasterium wurde später Neumünster.
Wie undurchsichtig verwickelt die Verhältnisse in dem Grenzraum damals waren, erhellt vielleicht am schnellsten aus dem Umstand, daß sich 1129 mit Knud Lavard ein Sohn des dänischen Königs Erik Ejegod zum knes oder Fürsten der slawischen Wagrier aufschwingen konnte, das Land dann aber von dem inzwischen zum deutschen König aufgestiegenen Lothar zu Lehen nahm. (Seine Residenz behielt er allerdings nach wie vor auf der Juriansburg in Schleswig.)
1128 hatte Knud damit begonnen, den Kalkberg im nachmaligen Segeberg zu befestigen, doch ließ Graf Adolf die Bauten kurz vor seinem Tod 1130 wieder abreißen. Auch Knuds Vetter Magnus in Dänemark fürchtete dessen wachsende Macht, lud ihn Anfang 1131 zu einer Unterredung ein und brachte ihn beim Gastmahl kurzerhand um.
Für König Lothar war die Ermordung seines Lehnsmanns Grund genug, augenblicklich mit einem Heer in Dänemark einzufallen. Magnus unterwarf sich kampflos und erkannte den deutschen König als Lehnsherrn Dänemarks an.
Nachdem Lothar 1134 von seinem Italienzug als gekrönter Kaiser zurückgekehrt war, gelang es Vizelin, ihn zu einem nochmaligen Besuch der nördlichen Grenzgebiete zu veranlassen. Dabei führte er Lothar auch zum Segeberger Kalkberg und machte ihn auf dessen strategische Lage aufmerksam. Der Kaiser befahl, auf dem Gipfel eine Burg zu errichten, die den Namen Siegesburg erhielt und später dem Ort ihren Namen gab. An ihrem Fuß gründete er ein Stift der Augustinerchorherren wie in Neumünster und unterstellte es ebenfalls Vizelin. Zu den ersten Mönchen dort gehörte auch ein damals wohl erst 14jähriger Helmold aus dem Harzvorland, der bald zur Ausbildung an die Braunschweiger Domschule geschickt wurde.
Kaiser Lothar war unterdessen ein zweites Mal nach Italien gezogen, um Papst Innozenz II. und den Kirchenstaat vor dem inzwischen Süditalien beherrschenden Normannenkönig Roger II. von Sizilien zu schützen. Sein Schwiegersohn, der Welfe Heinrich, wegen seines hochfahrenden und übergriffigen Wesens mit dem Beinamen der Stolze belegt, begleitete ihn mit einem eigenen Ritteraufgebot und eroberte Bari. Dann wurde es den Sachsen im apulischen Sommer zu heiß. Viele erkrankten, wohl auch an Malaria, unter ihnen der Kaiser. Der Feldzug wurde abgebrochen. Auf dem Rückzug über die Alpen starb Kaiser Lothar Anfang Dezember in Tirol. Vor seinem Tod übergab er seinem Schwiegersohn die Reichsinsignien.
Heinrich der Stolze war auch so schon der mächtigste Fürst im Reich; er war Herzog sowohl in Bayern als auch in Sachsen und rühmte sich, seine Macht reiche “von Meer zu Meer, von Dänemark bis nach Sizilien”. Gerade darum aber gab es unter den Fürsten und in der römischen Kirche auch Gegner, die seinen vorgezeichneten Aufstieg zum König verhindern wollten.
Der Wahltermin für einen Nachfolger Lothars war auf Pfingsten 1138 festgesetzt worden, doch der Wahlleiter, Erzbischof Adalbero von Trier, berief nahezu heimlich eine Versammlung von Fürsten des anti-welfischen Lagers schon Anfang März nach Koblenz, wo man in einem Coup überraschend den Staufer Konrad zum deutschen König wählte. Ein Gesandter des Papstes war natürlich nicht zufällig gleich zur Stelle, um Konrad nur wenige Tage später wenigstens am rechten Ort, nämlich am Thron Karls des Großen in Aachen, zu krönen.
Der stolze Heinrich lieferte zwar die Reichsinsignien aus, verweigerte dem Nacht-und-Nebel-König Konrad aber die Huldigung, weil dieser ihm seine Reichslehen nicht bestätigen wollte. Ein Enkel des letzten Billungerherzogs, Albrecht der Bär aus dem Haus der Askanier, erhob offiziell Ansprüche auf Sachsen, und als Heinrich nicht auf einem Reichstag zur Klärung erschien, wurde er für geächtet und seiner Herzogtümer für verlustig erklärt.
Damit brach der Konflikt zwischen Welfen und Staufern im Reich offen aus, und selbst Nordelbien wurde hineingezogen. Da Graf Adolf II. seinem Lehnseid und damit dem von Lothar designierten Nachfolger treu blieb, wurde er vom neuen Herzog abgesetzt und der aus dem Lüneburgischen stammende Heinrich von Badwide mit der Grafschaft belehnt. Der unternahm erst einmal einen Plünderungs- und Verwüstungsfeldzug durch Wagrien, der postwendend mit einem Vergeltungszug der Wagrier unter Pribislaw aus der Abodritendynastie der Nakoniden gegen die erste sächsische Siedlung auf wagrischem Boden in Segeberg beantwortet wurde.
Anfang 1139 überließ Heinrich der Stolze den Kampf gegen die Staufer in Süddeutschland seinem Bruder Welf und zog mit einem Heer nach Sachsen. Selbst König Konrad, der sich dort aufhielt, verzog sich fluchtartig, und Albrecht der Bär mußte ihm bald folgen. Im Oktober desselben Jahres starb der 40jährige Heinrich plötzlich in Quedlinburg eines so raschen Todes, daß sofort von Gift gemunkelt wurde.
Sein damals acht oder neun Jahre alter Sohn Heinrich, der spätere Löwe, wurde in Sachsen sogleich als sein Nachfolger anerkannt. Seine Mutter Gertrud und seine Großmutter, die Kaiserinwitwe Richenza, übernahmen für ihn die Regentschaft. Besonders die etwa 50jährige Richenza führte erfolgreich den Kampf gegen den Askanier weiter. Erst ihr Tod im Juni 1141 erlaubte die Anbahnung eines Ausgleichs. Albrecht der Bär verzichtete auf seinen Herzogstitel und erhielt dafür seinen Eigenbesitz in Sachsen zurück. Heinrich der Löwe verzichtete auf das Herzogtum Bayern zugunsten des österreichischen Markgrafen Heinrich II. aus der Familie der Babenberger, der des Löwen erst 28jährige Mutter Gertrud heiratete, und wurde dafür mit dem Herzogtum Sachsen belehnt.
Sogleich kümmerte sich der junge Löwe um die unsichere Lage im Norden seines Herzogtums. Gegen eine größere Geldsumme belehnte er Adolf II. erneut mit der Grafschaft Holstein; für seinen Rivalen Heinrich von Badwide richtete er im Land der Polaben eine nach deren Hauptort Ratzeburg benannte neue Grafschaft ein. Um seine Herrschaft über das Land (und die Slawen) zu festigen, ließ Adolf nicht nur südlich der Elbe und in Westfalen, sondern bis hinüber nach Flandern, Holland und Friesland Einwanderer anwerben, die sich zunächst vor allem um den Plöner See und am Unterlauf der Trave ansiedelten. Dort, an der Einmündung der Schwartau in die Trave, lag seit dem 9. Jahrhundert eine slawische Siedlung: Liubice, “die Liebliche”. Die christlichen Abodritenfürsten hatten sie seit dem Ausgang des 11. Jahrhunderts zu einer stadtähnlichen Siedlung mit Hafen, Kaufmanssiedlung, Burg und Kirche ausgebaut. 1138 zerstörten die heidnischen Ranen von Rügen auf einem Kriegszug Liubice, doch Graf Adolf gründete bei einer jüngeren slawischen Wallanlage auf einer Halbinsel etwas traveaufwärts 1143 eine neue Siedlung gleichen Namens: Lübeck.



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