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Freitag, 7. August 2009
Bergmans Insel
”Ich überredete Victor Sjöström, in Wilde Erdbeeren die Hauptrolle zu übernehmen... Victor war erschöpft und kränkelte; seine Arbeit sollte durch etliche Rücksichtnahmen unsererseits abgeschirmt werden. Unter anderem mußte ich ihm versprechen, daß er jeden Tag pünktlich um halb fünf zu seinem gewohnten Whisky-Soda zu Hause sein konnte.
Die Zusammenarbeit begann unglücklich. Victor war nervös und ich angespannt. Er übertrieb sein Spiel, und ich machte ihn darauf aufmerksam, daß er für die Galerie agierte. Er wurde sofort sauer und zog sich zurück.
Als die Mädchen ins Spiel kamen, besserte sich die Lage... Ich habe Bibi Andersson einmal in einem leicht ausgeschnittenen Kleid aus der Zeit der Jahrhundertwende unbemerkt und privat gefilmt. Sie sitzt auf einer abschüssigen Wiese und füttert Victor mit wilden Erdbeeren. Er schnappt nach ihren Fingern, und beide lachen. Die junge Frau ist offensichtlich geschmeichelt, der alte Löwe erkennbar entzückt...
Die Dreharbeiten gingen weiter, und eines Tages sollten wir die Schlußszene drehen... Wir hatten dafür eine Stelle auf dem Gelände der Filmstadt ausgewählt. Punkt fünf Uhr nachmittags strich das Sonnenlicht über das Gras hin und ließ den Wald dunkel erscheinen. Victor wurde wütend und boshaft. Er erinnerte mich an mein Versprechen: punkt halb fünf, nach Hause, Whisky. Ich flehte. Nichts half. Victor zog ab. Eine Viertelstunde später war er zurück: Wollen wir diese verfluchte Szene nicht drehen?
Unser Angebot, ihm hier einen Whisky zu servieren, lehnte er höhnisch ab. Als alles fertig war, kam er herangetrottet, auf den Regieassistenten gestützt, erschöpft von schlechter Laune. Die Kamera lief, und die Klappe fiel. Plötzlich öffnete sich sein Gesicht, seine Züge wurden weicher, er wurde still und sanft. Ein Augenblick der Gnade. Und die Kamera war da.”
Ich bin überrascht, wie gut Bergmann in seiner Autobiographie Laterna magica manchmal schreiben kann; sehr zupackend, direkt, oft ehrlich, auf den Punkt. Meist ist es gar nicht, was er schreibt, sondern viel mehr, wie er es schreibt, was mich bei der Stange hält. Ingmar Bergman, auch ein guter Short Story Autor. Hier sind wir in seinem Land, auf seiner Insel. 1960 wurde er von seiner Produktionsfirma gezwungen, sich die Insel als möglichen Drehort anzusehen. Der widerwillige Trip endete damit, daß er sich dort sein Haus baute. 2007 ist er darin gestorben. Bei Christie‘s Great Estates steht es zum Verkauf.
Die Zusammenarbeit begann unglücklich. Victor war nervös und ich angespannt. Er übertrieb sein Spiel, und ich machte ihn darauf aufmerksam, daß er für die Galerie agierte. Er wurde sofort sauer und zog sich zurück.
Als die Mädchen ins Spiel kamen, besserte sich die Lage... Ich habe Bibi Andersson einmal in einem leicht ausgeschnittenen Kleid aus der Zeit der Jahrhundertwende unbemerkt und privat gefilmt. Sie sitzt auf einer abschüssigen Wiese und füttert Victor mit wilden Erdbeeren. Er schnappt nach ihren Fingern, und beide lachen. Die junge Frau ist offensichtlich geschmeichelt, der alte Löwe erkennbar entzückt...
Die Dreharbeiten gingen weiter, und eines Tages sollten wir die Schlußszene drehen... Wir hatten dafür eine Stelle auf dem Gelände der Filmstadt ausgewählt. Punkt fünf Uhr nachmittags strich das Sonnenlicht über das Gras hin und ließ den Wald dunkel erscheinen. Victor wurde wütend und boshaft. Er erinnerte mich an mein Versprechen: punkt halb fünf, nach Hause, Whisky. Ich flehte. Nichts half. Victor zog ab. Eine Viertelstunde später war er zurück: Wollen wir diese verfluchte Szene nicht drehen?
Unser Angebot, ihm hier einen Whisky zu servieren, lehnte er höhnisch ab. Als alles fertig war, kam er herangetrottet, auf den Regieassistenten gestützt, erschöpft von schlechter Laune. Die Kamera lief, und die Klappe fiel. Plötzlich öffnete sich sein Gesicht, seine Züge wurden weicher, er wurde still und sanft. Ein Augenblick der Gnade. Und die Kamera war da.”
Ich bin überrascht, wie gut Bergmann in seiner Autobiographie Laterna magica manchmal schreiben kann; sehr zupackend, direkt, oft ehrlich, auf den Punkt. Meist ist es gar nicht, was er schreibt, sondern viel mehr, wie er es schreibt, was mich bei der Stange hält. Ingmar Bergman, auch ein guter Short Story Autor. Hier sind wir in seinem Land, auf seiner Insel. 1960 wurde er von seiner Produktionsfirma gezwungen, sich die Insel als möglichen Drehort anzusehen. Der widerwillige Trip endete damit, daß er sich dort sein Haus baute. 2007 ist er darin gestorben. Bei Christie‘s Great Estates steht es zum Verkauf.
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