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Sonntag, 2. August 2009
Späte Erdbeeren
Natürlich ist man versucht. Wenn noch im Natur und Pflanzen weiß zudeckenden Winter die Supermärkte aus südlicher Wärme eingeflogene Erdbeeren anbieten, kann man nicht widerstehen und kauft eine Schale dieser rotroten Früchte. Vielleicht auch noch ein zweites Mal, um die Probe aufs Exempel zu machen; dann ist man kuriert. Erdbeeren sind Geschöpfe der im Frühling und Frühsommer stärker werdenden Sonne, deren warme Strahlen in ihnen nur mit der Zeit ganz allmählich das saftigsüße Aroma reifen läßt. Der Vorgang läßt sich beschleunigen, auf überheißen Beeten in der spanischen Estremadura oder im afrikanischen Sahel, in Gewächshäusern, durch Bestrahlung, Wärmezufuhr auch von unten, vielleicht chemisch, gentechnisch, was weiß ich. Aber dafür, daß der Landmann oder Händler früher Profit macht, bleibt eins auf der Strecke: der Geschmack. Holländische Erdbeeren schmecken wie holländische Tomaten.
Die Freude auf den Sommer im Mund und am Gaumen aber ist zu groß, man kauft diese Dinger doch, zwar nur zur natürlichen Erntezeit, aber die Erdbeeren schmecken nicht mehr so wie wir sie aus prägenden Kinderzeiten in Erinnerung haben. Sie sind im Lauf der Jahre fad geworden. Man gewöhnt sich auch daran, nimmt es als unumkehrbar hin, überstreut sie manchmal sogar mit Zucker, damit der ziehende Saft wenigstens eine ersatzweise Süße annimmt, und gibt sich am Ende der Täuschung hin, nimmt wider besseres Wissen ihre Wässrigkeit für Süße und Saft.
Eines Sommers fährt man nach Schweden. Kein sonderlich exotisches Land, die gleichen Fußgängerzonen wie bei uns, ein bißchen öder noch vielleicht, die gleichen Warenhausketten, einige auch bei uns sind ja schwedischer Herkunft, das gleiche Sortiment, auch an den Obstständen auf den Märkten alle gängigen Obst- und Gemüsesorten, die nahezu rund ums Jahr verfügbar gehalten werden. Irgendwann fällt mir ins Auge, daß die meisten Stände, fein säuberlich getrennt, “Erdbeeren” und “Schwedische Erdbeeren” feilbieten, letztere um ein Erhebliches teurer. Gängiger Marketinggag, denke ich. “Schützt unsere Arbeitsplätze, kauft einheimische Produkte!” Kennt man, die Masche. Trigema. Sogar die holländischen Obsthändler entblöden sich nicht, ihre Erdbeeren mit dem Zusatz “holländische” zu versehen, als ob das potentielle Käufer nicht vollends abschrecken würde. Aber in Holland hast du keine Wahl. Es gibt nur nederlandse aardbeien. Hier in Schweden ist das anders, du hast die Wahl, kannst billig Importware erstehen oder einen patriotischen Obulus entrichten. Etliche Schweden scheinen recht patriotisch gesinnt zu sein, ich beobachte, daß oft svenskar jordgubbar gekauft werden. Probieren wir doch mal, ob die vielleicht wirklich ein wenig blaugelb schmecken!
Wir kaufen ein Körbchen, setzen uns auf eine Bank und schieben skeptisch die erste schwedische Erdbeere in den Mund. Eine Sensation, eine Geschmacksexplosion am Gaumen. Die schmecken überhaupt nicht blaugelb, die schmecken tiefrot! Mit dem Saft breiten sich Aromen in deiner Mundhöhle aus, die du fast vergessen hattest, aber jetzt kehrt die Erinnerung schlagartig zurück. So haben Erdbeeren einst geschmeckt. So schmecken schwedische Erdbeeren in diesem schwedischen Sommer. So und nur so sollen Erdbeeren schmecken! Gebt mir mehr von diesen schwedischen Erdbeeren!


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