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Donnerstag, 12. März 2009
Waldgang
Erwachte im ersten grauen Morgenlicht. Zunächst dachte ich, die Leine würde wieder vom Wind klingend gegen die Fahnenstange geschlagen, aber dann merkte ich, daß es etwas anderes war: im Weidengesträuch draußen vor dem offenen Fenster sang ein Vogel. Mitten im Winter. Kein Wind. Leiser Schneefall. Wurde im Lauf des Morgens dichter, die Welt wieder monochrom weiß. Und so blieb es, bis in den Nachmittag hinein. Dann versiegten die Flocken, die Wolken hoben sich langsam die Bergwände hinauf, der Blick ins Tal öffnete sich. Zeit für den Spaziergang.
Diese Woche habe ich noch den Leihwagen, also fuhr ich hinüber auf die andere Seeseite in das Waldgebiet von Hallormstaður. Es war das letzte zusammenhängende Waldstück, das sich auf der zunehmend abgeholzten, kahlgefressenen und verödenden Insel bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gehalten hatte. Eine Generation nach dem größten nacheiszeitlichen Lavaausbruch auf dieser Erde, der 1783 im Südosten Islands ein Gebiet von 560 Quadratkilometern mit 15 Kubikkilometern Schlackenlava bedeckte und mit seiner Asche jahrelang das Klima der gesamten nördlichen Hemisphäre beeinflusste, in Island drei Viertel des gesamten Viehbestands und in der Folge durch Hunger und Mangel an die 10.000 Menschen oder ein Fünftel aller Einwohner tötete und natürlich in weiten Landstrichen den Bewuchs vernichtete, bezeichnete der Naturforscher Sveinn Pálsson Hallormstaður als den “besten Wald, den es derzeit im Land gibt”, obwohl auch dieses Gebiet schwer unter dem Aschenfall gelitten hatte und in den folgenden Notzeiten weiter gefällt und Wald in Holzkohle verwandelt worden war. 1902 kaufte der Staat das Gebiet der Kirche und dem Pfarrer ab, denen es bis dahin gehörte, Forstfachleute aus dem Noch-Mutterland Dänemark begannen mit ersten Aufforstungsversuchen mit eingeführten Baumarten, und seit 1905 steht der Wald von Hallormstaður unter Schutz. Mehr als zwei Drittel der Fläche sind in den seitdem vergangenen hundert Jahren von der wunderbar duftenden einheimischen Moorbirke wieder besiedelt worden, deren kräftigste Vertreter hier eine Höhe von bis zu 15 Metern erreichen; für die Boden- und Klimaverhältnisse in Island einzigartig. Deutlich über 20 Meter hoch sind inzwischen aus Alaska eingeführte Balsampappeln und Sibirische Lärchen.
Auf der bewaldeten Talseite fällt oft deutlich mehr Schnee, und es war gar nicht so leicht, für den Kleinwagen abseits der Straße einen Platz zum Parken zu finden. Die Zugangswege waren ebenfalls ziemlich verschneit.
Gut, daß ich die Gamaschen dabei hatte. So konnte ich wenigstens über Pfade und Flächen waten, wo ich nur bis zu den Knien einsank. (Wie hatten sich nur die Isländer früherer Zeiten in ihren sohlenlosen, flachen Ballerinas aus Fischhaut in solchem Schnee fortbewegt?)
Der Schnee dämpfte die ohnehin tiefe Stille so völlig, daß ich mir manchmal unwillkürlich die Ohren rieb. Aber sie funktionierten. Es lag nicht an ihnen. Es war so vollkommen still. (Da sich auch kein Lüftchen regte.) Eine solche Stille habe ich nicht einmal in der omanischen Wüste erlebt. Wenn sich unter der Sonneneinstrahlung irgendwo ein Zweig aufrichtete und seine Schneelast abwarf, traf sie wegen der fehlenden Hintergrundgeräusche mit einem hörbaren dumpfen Klatschen unten auf. Sonst regte sich nichts. Nur einmal zog ein großer Rabe einen schwarzen Schlitz über das blaue Tuch des Himmels. Ich stand unten und hatte für einen Moment den Eindruck, ich könnte durch den gleitenden Riß in die Schwärze des Weltalls blicken, ehe er sich wieder schloß. Dann krächzte der Rabe, und es hallte dermaßen über den zugefrorenen See, daß ich zusammenzuckte. Wenn ich für diese Gegend und meine Zeit hier ein Emblem oder eine Fahne entwerfen sollte, fiel mir ein, sähe sie folgendermaßen aus:
Am Abend Vollmond. Ein-, zweimal ziehen die Wolken ihre schwarzen Rauchvorhänge auf und geben den Blick auf den Pausbäckigen da oben frei. (Warum habe ich nicht einmal einen Arno Schmidt mitgenommen? Hier noch mal die Schwarzen Spiegel lesen! Das wär‘s doch.)

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Mittwoch, 11. März 2009
Island: Endlich Experten gefragt
Nachdem die Kreativität der hierzulande sogenannten “Expansions-Wikinger” sich zu beträchtlichen Teilen als kriminelle Energie herausstellt, setzt die Politik in Island bei ihrer Suche nach Lösungen und Wegen für die Zukunft nun endlich in zunehmendem Maß auf ausländischen Sachverstand. Begonnen hat damit übrigens schon der konservative Ministerpräsident Geir Haarde, als er sich während der monatelang andauernden Proteste auf den Straßen, die ihn schließlich zu Fall brachten, einen persönlichen Sicherheitsberater aus Norwegen zulegte. Inzwischen hat eine Lex Davíð endlich auch den unbelehrbar sturen Davíð Oddson aus seinem Amt entfernt. Zu seinem Nachfolger ernannte die neue Regierung den ehemaligen stellvertretenden norwegischen Finanzminister Sven Harald Øgård, der vor 15 Jahren das norwegische Bankensystem durch Verstaatlichungen aus einer Krise rettete.
Eine wahrhaft herkulische Arbeit liegt vor ihm. Die Ausmaße des Mists im isländischen Augiasstall beleuchten schon ganz wenige Zahlen:
Die isländische Börse krachte seit Oktober um 85% ein, gleichzeitig ist die isl. Krone keine frei konvertible Währung mehr, ihren Wechselkurs dekretiert die Regierung, doch zahlen Isländer im Ausland lieber nicht mit ihren Kreditkarten, weil sie nicht wissen können, zu welchem Kurs ihnen die Kartengesellschaften am Ende ihre Ausgaben berechnen. Deutsche Banken zum Beispiel weigern sich überhaupt, Überweisungen nach Island vorzunehmen.
Der Zusammenbruch der vom Staat notgedrungen übernommenen privaten Banken allein lud jedem isländischen Staatsbürger, Säuglinge eingerechnet, 240.000 Euro Schulden auf. Die Staatsschulden, die in den USA 350% des BIP‘s betragen sollen, belaufen sich in Island nunmehr auf schaudernd machende 850%. (Ich beziehe die Zahlen aus einem ganz lesenswerten Artikel im Aprilheft von Vanity Fair.)

Am Sonntag sprach Eva Joly im isländischen Fernsehen. Sie leitete in den neunziger Jahren als oberste und unabhängige Untersuchungsrichterin im Pariser Finanzministerium die sieben Jahre andauernden Ermittlungen im bislang größten europäischen Korruptionsskandal, der Elf-Aquitaine-Leuna-Affaire. (Sie erklärte übrigens, daß sie damals beweisen konnte, daß 256 Millionen Francs an Schmiergeldern nach Deutschland geflossen seien, die deutsche Seite deswegen aber keine Ermittlungen aufnehmen wollte.) Seit ihrer Rückkehr nach Norwegen leitet die “Europäerin des Jahres 2002" dort eine Sonderkommission zur Korruptionsbekämpfung. Den Isländern empfahl sie nun vor allem, einen Arbeitsstab aus unabhängigen Spezialisten für die Aufdeckung von Geldwäsche und anderen Wirtschaftsdelikten zusammenzustellen und erst einmal die Geschäftsbücher aller isländischen Banken genauestens zu durchleuchten. “Denn ohne eigene Beweise hier werden Sie keine Zuarbeit aus dem Ausland bekommen. Auch für den ‘Gesellschaftsvertrag‘ in Island, für die Wiedergewinnung des Vertrauens der Bevölkerung in den Staat, wird diese Aufklärung im übrigen unabdingbar sein. Ein großes Problem dabei ist, daß das heutige Bankensystem und auch Wirtschaftskriminalität komplett international operiert, Ihre Untersuchungsrichter aber auf den nationalen Rahmen beschränkt sind. Eins aber ist sicher, wenn es gestohlene Werte gibt, sind sie nicht in Island. Daher brauchen Sie internationale Zusammenarbeit. Und dafür müssen sie zunächst mit allen kriminologischen Methoden Ihre Hausaufgaben machen.” “Mit Hausdurchsuchungen?”, fragt der Interviewer ungläubig (“in Island”, steht ihm auf die Stirn geschrieben). “Ja, natürlich”, antwortet die unerschrockene Norwegerin. “Nur so finden Sie heraus, ob jemand geheime Bankkonten hat. Und wenn Bilanzmanipulationen o.ä. stattgefunden haben, gibt es Verantwortliche dafür, und deren Vermögen ist dann zu beschlagnahmen.”
Eva Joly lenkte die Aufmerksamkeit auch auf die sogenannten Steuerparadiese, in denen die Fäden einer ganzen Schattenwirtschaft zusammenliefen. Derzeit ständen sie jedoch unter einem so starken Druck der Weltöffentlichkeit, daß sie sich höchstwahrscheinlich kooperativ zeigen würden. (Auf ein isländisches Beispiel komme ich noch zu sprechen.) Übrigens nannte sie neben den bekannten Aspiranten wie Liechtenstein und der Schweiz auch Zypern, das als Geldwäscheanstalt für russische Oligarchen gut im Geschäft sei, Belgien und die Niederlande als Steueroasen für multinationale Konzerne, da sie dort keine Steuern auf ihre Dividenden abführen müßten.
Für die Ermittler aber gebe es überall das gleiche Problem: Selbst wenn die Beweise erdrückend seien, käme es selten zu Verurteilungen, und zwar schon deshalb, weil die Materie und die Tricks so komplex und kompliziert seien, daß selbst Richter die Sachlage nicht mehr begreifen würden. “Und Richter, die etwas nicht verstehen, sprechen frei, Richter, die ein wenig faul sind, sprechen frei. Richter fühlen sich gut, wenn sie freisprechen, denn sie gehen davon aus, daß der Angeklagte der schwache Part ist und vor dem bösen Staat in Schutz genommen werden muß. Bei Wirtschaftsverbrechen ist es aber genau ungekehrt. Im Fall von Elf-Aquitaine standen wir mit drei Anklägern gegen sechzig Verteidiger. Und in manchen Ländern sind die Medien im Besitz der Angeklagten. Aufgrund der Voreinstellung der Richter und der Komplexität der Materie müssen Beweise einem Gericht ungeheuer überzeugend und auf eine sehr simple Weise dargelegt werden. Dabei müssen Sie genau aufzeigen, wie das Geld fließt, und Sie brauchen noch eine vereinfachte Darstellung, damit die Presse und die Öffentlichkeit folgen können. Dann haben Sie eine Chance, auch eine Verurteilung zu erreichen.
Island ist wirklich das Lehrbuchbeispiel einer Blase aus schlechtem Banking, Verantwortungslosigkeit und dem Fehlen internationaler Regulierungen, und das isländische Volk soll jetzt die Zeche dafür zahlen. Dieser Preis ist zu hoch, die Lage, in die Sie geraten sind, ist so schlimm, daß Sie gar keine andere Wahl haben, als die Ermittlung des Jahrhunderts zu betreiben und Gerechtigkeit zu schaffen, damit diese Leute nicht davonkommen, wenn sie kriminell gehandelt haben. Nur Ihre Ermittlungen können das herausfinden, und sie haben kein Recht, diese Ermittlungen nicht zu führen. - Leicht wird das nicht. Sehen Sie, fast überall auf der Welt mögen die Machthaber solche Ermittlungen nicht und sie wollen das Rechtswesen kontrollieren. Kommt ihnen ein Ermittler zu nah, wird er bedroht, manchmal getötet; oder man ändert kurzerhand die Gesetze, damit unabhängige Ermittlungen unmöglich werden. Das passiert sogar in den Ländern des alten Europa. Als man in England in einer Korruptionsaffäre bei British Aerospace im Umfang von 1 Milliarde Pfund ermittelte, stoppte die Regierung die Untersuchungen. In Frankreich operiert Präsident Sarkozy momentan gegen die unabhängigen Untersuchungsrichter.”
Eva Joly, eine imponierend klare, kluge und tatkräftige Persönlichkeit. Gestern wurde sie von der neuen isländischen Linksregierung als Beraterin verpflichtet.
(Quelle: Silfur Egils, RÚV, 8.3.2009)

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Dienstag, 10. März 2009
Vorläufig Letztes zum Wetter

vor der Haustür

So, der Sturm ist vorbei. Bilanz: In den Fjorden des Nordlands fielen binnen 24 Stunden anderthalb Meter Schnee, in den Westfjorden brach ein wichtiges Stromkabel, Menschen in zwei Fjorden sitzen seit zwei Tagen ohne Strom da (und dort wird mancherorts mit Strom geheizt), hier ist der Schnee zu Halden zusammengefegt, auf offenen Flächen kommt dagegen das braune erfrorene Gras unter dem Eis zum Vorschein. Dafür soll jetzt von Süden ein schwerer Sturm heranziehen, der in der Nacht mit Stärke 10 (>28 m/s) die Küste erreichen soll. Ich geb's bis auf weiteres auf, vom Wetter zu melden. Das wird sonst ein seitenfüllendes Thema.

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Montag, 9. März 2009
Durchhaltevermögen


Hier zum Vergrößern:

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Sonntag, 8. März 2009
Erstens kommt es anders...


Also ich möchte mich ja durchaus als einen Freund des Windes bezeichnen. Ich mag es, wenn sich etwas regt, wenn Wind das Gras durchkämmt, die Blätter rascheln und auch rauschen läßt, die Welt atmet. Aber ein stürmischer Nordwind im winterlichen Nordatlantik kann ein ganz schöner Schmerz im Gesäß sein. Jedenfalls wenn man seine wojwodinische Herzogin zum Flughäfchen bringen muß, weil ihre einzige Urlaubswoche leider schon herum ist, und draußen ein Nordweststurm mit 20m/s den trockenen Schnee gleich wolkenweise durch die Gegend peitscht. Ergebnis ist dann schon mal ein Whiteout der besonders kurzsichtigen Art: oben weiß, unten weiß, vorne, hinten und zu allen Seiten weiß, und zwar unmittelbar jenseits der Scheiben. Besonders unangenehm ist daran beim Autofahren, daß man wegen fehlender Kontraste und Sicht zum Beispiel nicht mehr unterscheiden kann, ob die Straße vor einem normal verschneit oder für die kleinen Rädchen am Yaris tückisch hoch verweht ist. (Man merkt‘s dann daran, daß der Wagen auf einmal zu schwimmen anfängt.) Oder daß man eigentlich gar nicht mehr sehen kann, ob die Straße überhaupt noch vor einem liegt oder bereits einen Knick gemacht hat, denn die gelben Plastiklatten, die die Seitenränder markieren sollen, sind auch nicht zu sehen. So tastet man sich denn wie ein Schneeblinder langsam voran, zugleich bemüht, nicht zu langsam zu werden, um in einer dieser verd... Schneeverwehungen stecken zu bleiben. Aber die Leute von der Straßenwacht hatten am Telefon schließlich gemeint, doch, eigentlich sollte die Straße auch für PKW noch befahrbar sein. Eigentlich. Noch. Na dann.
So eine Fahrt durch undurchdringlich wirbelndes Weiß, das unablässig auf einen zu und um einen herum schießt, dauert subjektiv um ein Erkleckliches länger, als wenn man beim Fahren etwas von der Landschaft sieht. Aber alles hängt nur vom Wind ab. Du kommst aus deinem Tal, biegst in ein anderes, dessen Seiten ihn etwas besser abhalten, und das Schneeflimmern in deinem Film ist wie abgeschnitten. Der Wind hat den gefallenen Schnee sogar von der Fahrbahn gefegt und nur blankes Eis zurückgelassen. (Na klar hat hier im Winter jedes Auto Spikes in den Reifen. Wie sollte man sonst irgendwohin kommen?) Du siehst die Straße als dunkles Band klar vor dir, du siehst die wenigen kahlen Bäume, meist eingeführte sibirische Lärchen, du siehst schwarz die steilen Klippenbänder in den weißen Felsen und Bergen, du siehst eine ganze Landschaft, gestochen, wie mit der Kaltnadel radiert. In der Ferne erkennst du sogar schon den Turm des kleinen Flughafens. Und du fragst dich, durch welchen (eingebildeten?) Spuk du eigentlich die letzte Stunde gefahren bist.

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Freitag, 6. März 2009
Wetterberuhigung

Ja, ja, so sah es gestern mittag gleich hinter dem Haus aus, nachdem der Wind ordentlich Schnee gefegt hatte. Nicht sehr gemütlich. Der Wind ließ zwar im Lauf des Vormittags nach, aber die Temperatur auch, und der obligatorische Spaziergang fiel etwas kürzer aus, denn -6° fühlen sich bei einer Windgeschwindigkeit von 8m/sec laut Windchill-Tabelle an wie -20 und darunter. Ich kann's bestätigen. Es biß ganz spürbar in die Gesichtshaut.

Doch unterwegs leuchtete über den Bergen im Südosten ein erster heller Fleck in der Wolkendecke auf...

bald erglänzte auch das blanke Eis auf dem Bergrücken gegenüber.

Und dann gab es noch einen versöhnlich strahlenden Ausklang

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Mittwoch, 4. März 2009
Isländisch, Lektion 1: skafrenningur
Ganz schön was los hier. Gestern wollten wir nach Seyðisfjörður hinüber, dem Fährhafen unten in den Ostfjorden. Der Tag hatte windig, aber sonnig begonnen. Anfangs sah es noch leidlich passabel aus...

Es schneite gar nicht sonderlich viel, aber der Wind fegte die trockenen Schneekörner waagerecht über die Straße, und wo der Luftstrom abriß, wurden sie abgelagert, und im Nu bildeten sich ästhetisch sehr schöne, unschuldig weiße Wanderdünen. Unsere kleine Knutschkugel von Toyota Yaris schraubte sich brav die Serpentinen der Paßstraße über die Fjarðarheiði hinauf, doch als wir sahen, wie sich die Schneefräse dort oben durch hohe Verwehungen grub, ging es für unseren Kleinwagen nicht mehr weiter.
Hier war wenden noch gut möglich

Weiter unten kam bald schon wieder die Sonne hinter den Schneeschauern zum Vorschein.

Tja, wenn man ein solches Geschoß zur Verfügung hätte...

Um aus dem Tag noch was zu machen, sind wir ins Freibad gegangen.

In der Nacht zog dann ein Sturmtief zunächst über die Westfjorde, wo sämtliche Straßen gesperrt oder sowieso unpassierbar waren, und dann die Nordküste entlang. Inzwischen ist es bei uns angekommen. Hier eine Karte von heute abend mit dem Straßenzustandsbericht (zum Vergrößern anklicken). Die grünen Straßen sind frei. Die gelben und blauen bloß vereist. Der Rest für PKW‘s unpassierbar. Hellviolett z.B. steht für “Walken” (Isländisch, Lektion 2: þæfingur). Das bedeutet, man rammt sich mit seinem möglichst hochbeinigen Fahrzeug auf oder in den Schnee, setzt mittels Allradantrieb zurück, nimmt Anlauf und rammt sich wieder rein, bis der Schnee platt und eine Schneise hindurch gebahnt ist. Die sich kreuzenden Pfeile markieren größere Schneeverwehungen: skafrenningur

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Dienstag, 3. März 2009
> 1000 im Monat
Jetzt ist mir noch mal etwas Aktuelles dazwischengekommen: In der Nacht gab es unter dem Westrand des Vatnajökull eine Reihe von Erdstößen bis zur Stärke 4,3 auf der Richterskala. Nach kurzer Bedenkzeit erklärten die Seismologen allerdings, sie kündeten wohl keinen neuen Vulkanausbruch an, sondern gehörten zur üblichen tektonischen Aktivität hier beim Ritt auf dem Mittelatlantischen Rücken.
Der allmonatliche Bericht des Meteorologischen Amts, das auf seiner Homepage auch eine aktuelle Erdbebenkarte aufweist, liest sich entsprechend lakonisch:
"Die Erdbebentätigkeit im Januar entsprach dem Üblichen. Über 1000 Erdbeben wurden gemessen... Fast täglich ereigneten sich Beben im Mýrdalsjökull", wo der Vulkan Katla schon seit Jahren für einen neuerlichen Ausbruch überfällig ist. Aber bislang ist das wohl alles noch business as usual hier. Ich habe jedenfalls tief und fest geratzt und hätte wohl auch den Beginn eines Ausbruchs verschlafen.
Gelb markiert sind die vulkanisch aktiven Zonen, rote Punkte markieren die Erdbeben im Januar.

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Montag, 2. März 2009
B-Day
Bevor ich das Haus vorstelle, muß ich noch an ein freudiges Jubiläum erinnern: gestern vor 20 Jahren war in Island B-Day.
74 Jahre lang hatte auf der für Schmuggler zu weit abgelegenen Insel die Doktrin der Enthaltsamkeits-Taliban geherrscht, der zufolge Bier eine softe Einstiegsdroge und darum oder auch sowieso des Teufels Gebräu sei. Bier war im ganzen Lande nicht erhältlich. Nur die nahe der amerikanischen Militärbasis Wohnenden konnten sich statt eines Taxis schon mal ein "gutes Taxi" bestellen, das dann ein paar Dosen Budweiser aus Beständen der US Army im Kofferraum mitbrachte. Andernorts wurde dafür in Garagen und Schuppen auf dem Lande natürlich umso mehr illegal selbstgebranntes Zeug hergestellt, das einen fast blind machen konnte, das aber trotzdem jedermann bei jedem Anlaß in der Flasche in der Tasche hatte. Die legalisierte, d.h. mit horrenden Steuern belegte Variante davon wurde in den staatlichen Monopolläden mit dem heute für die Kennzeichnung von Giftstoffen verwendeten schwarzen Totenkopfetikett unter dem auch für die Pest geläufigen Markennamen Svarti dauði, "Schwarzer Tod" verkauft.
Am 1.März 1989 hob die isländische Regierung in einer Art legislativen Einladung zum kollektiven Selbstmord das Bierverbot auf. An diesem einen Tag wurden 340.000 Dosen Bier verkauft, also weit mehr als das ganze Land, Säuglinge eingerechnet, damals Einwohner hatte. Drei Tage lang soll mehr oder weniger die ganze Insel geschwankt haben, doch in der Folge haben sich die Trinkgewohnheiten der Isländer stärker zivilisiert.
Wenn ein Isländer früher im Monopolladen eine Flasche Wein zur Hand nahm und das Etikett studierte, grunzte er zufrieden "Guter Wein!", wenn er die Zahl 14% darauf fand. Inzwischen hat sich herumgesprochen, daß man Wein oder Bier auch durchaus zu Genußzwecken und in geringen Mengen, die nicht den Vorsatz des "bis zu den Wurzeln Nässens" erfüllen, trinken kann. Einheimisches Bier ist gegenüber importierten Marken und Spirituosen auf dem Vormarsch: fünf Brauereien stellen inzwischen an die zwanzig Sorten vom weihnachtlichen Jólabjór über Osterbock zu hellem Pils und dunklem Lager her, die allerdings nach wie vor nur im "Ríki", dem Staatsladen, oder in Bars zu saftigen Preisen zu haben sind.

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Sonntag, 1. März 2009
Der erste Morgen
Nach einer langen blauen Dämmerstunde fällt am Morgen um halb zehn der erste Sonnenstrahl über die Berge auf der gegenüberliegenden Talseite.


In der Nacht hat es noch ein wenig geschneit, aber jetzt sind die Berge und der Himmel bei leichtem Frost nur noch blau, blau, blau. Die Luft ist reiner Äther, so klar, daß wir beim Antrittsspaziergang glauben, ein kühles, geruchloses Nichts prickelnd bis in die kleinste Lungenverästelung einströmen zu fühlen. Im Süden, wo auch der letzte Ausläufer des Tals von Bergen umstellt wird, hüllt der Snæfell seine 1800 Meter hohen Flanken in einen Kälte rauchenden Mantel.


Das Haus steht etwa da, wo der Pfeil hinweist

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