Hier der Bericht und vor allem Bilder aus den Abendnachrichten des Fernsehens:
Sjónvarpsfréttir, 30. mars
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Die zahllosen Fragezeichen bezeichnen einen von der Polizei erklärten Unsicherheitsstatus, was bedeutet, daß ein Unterwegssein mit Risiken verbunden ist, die von Null-Sicht im Schneetosen über Festfahren und Steckenbleiben in Schneewehen weitab von der nächsten Siedlung bis hin zu Lawinengefahr reichen, und man tunlichst zuhause bleibt. Ekkert ferðaveður, kein Fahrwetter.
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Über 28 m/s Wind, wie sie im Südosten erreicht werden sollen, bedeuten orkanartigen Sturm der Stärke 11.
Aus Nord, direkt aus dem Polarmeer heranbrausend.
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Wenn ich näher hinsehe, kann ich jede einzelne Flocke unterscheiden, so locker liegen sie einander auf. Das hat gar nichts von Schwere, es hat etwas Graziles, Leichtfüßiges an sich, wie sie herabgeschwebt kommen und sich behutsam wie auf Zehenspitzen auf ihren Vorgängerinnen niederlassen. Wenn ich hineinbliese, würde das ganze Völkchen wie eine Staubwolke aufwirbeln. Kann man schneetrunken sein? Ich bin‘s und kann mich darein versenken, diesem mäuschenstillen Tanz zuzusehen, der die braune Erde wieder zudeckt mit dem Weiß einer anderen, traumgleichen Wirklichkeit. In dieser undurchsichtigen Wolke aus federleichtem Schnee bin ich außer der Welt, unsichtbar, gehöre dem huldufólk an, dem Verborgenen Volk, das es ja gar nicht gibt.
In der Nacht, es fällt weiß aus tiefer Schwärze in den Lichtkreis der Hoflaterne, erhebt sich Wind. Morgen wird die Straße verweht sein.
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Heute möchte ich die ganze Breite des neuen Spielfelds nutzen, für einen Ausflug hinauf ins Hochland. Ganz bis zum höchstgelegenen Bauernhof der Insel im Möðrudalur konnten wir wegen der Schneeverhältnisse nicht vordringen, aber für einen Eindruck von der nahezu unbewohnten Weite dort oben reichte es.
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Dank eines hier zurückgelassenen idiotensicheren großherzoglichen Rezepts wird es in meiner Klause morgen zum Frühstück einen selbstgebackenen Stuten mit Rosinen und Mandeln geben. Tätää:
P.S.: Trockenhefe geht nicht halb so gut wie frische
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Bin bekennender Wiederholungstäter bei Waldgängen.
Hier in flagranti (noch zu Fuß):
Besonders die einheimischen Moorbirken haben es mir angetan
Tief im Wald traf ich einen Reiter, der mit vier seiner Pferde unterwegs war. Man grüßte sich, kam in ein kurzes Gespräch, und dann kam unvermittelt das Angebot: "Ja, wenn du dir zutraust, auch ohne Sattel sitzen zu können, darfst du gern den Kastanienbraunen hier nehmen. Ich mache das ja ohnehin, um die Burschen ein bißchen zu bewegen und in der Gewöhnung zu halten." Auch wenn wir bei dem Schnee auf vereister Unterlage im Wald nur Schritt gingen, fühlte es sich nach so langer Pause wieder richtig gut an.
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Heute fand in den öffentlichen Räumen des Hauses ein Leichenschmaus statt. Ich weiß mittlerweile, daß Leich in Österreich die Beerdigung bezeichnet, aber Leichenschmaus hat für mich immer einen atavistischen, dunkel kannibalischen Beiklang gehabt.
Die Feier dauerte sicher länger als eigentlich gedacht, denn die Gäste mußten erst warten, bis der nächste Bauer mit der großen Räumschaufel vor seinem Traktor kam, da uns über den Tag das sogar Reykjavík von Straßenverbindungen abschneidende Sturmtief der letzten Nacht noch als heftiges Schneegestöber erreichte.
Nachdem auch die letzten Trauernden das Haus verlassen hatten, ging ich noch einmal durch die nun wieder leeren Räume, wohl nur, um der Anwesenheit von so vielen Menschen an diesem sonst so einsamen Ort noch etwas nachzuspüren. Dabei kam ich auch am Bücherschrank des Hausherrn vorbei, ließ den Blick über die Buchrücken streifen, alle schön gebunden, die Rücken in Leder, und zog schließlich einen schmalen Band heraus, dessen Titelbedeutung sich mir nicht erschloß. Er klang wie ein Kinderwort oder wie eine Dadaschöpfung, aber die “notwendige Vorrede” klang ganz und gar nicht nach einem Kinderspiel, sie deutete eher darauf hin, daß der Inhalt des Buchs ebensogut zum Anlaß des heutigen Besuchs wie zu meinem Aufenthalt hier passen könnte. Ich nahm es mit nach oben.
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In der Nacht vom 11. März 1984 kenterte sein Fischerboot im winterkalten Nordatlantik östlich der zu Island gehörenden Westmänner-Inseln. Außer ihm konnten sich noch zwei weitere Besatzungsmitglieder zunächst auf den Kiel des umgeschlagenen Boots retten. Nach etwa einer Stunde sackte das Boot ganz weg, und der Kapitän sagte, sie sollten versuchen, auf das ferne Licht des Leuchtturms der Inseln zuzuschwimmen. Jeder für sich. Einander helfen könnten sie doch nicht. Nach einer Weile schwamm Guðlaugur nur noch allein. Seine beiden Kollegen wurden vermutlich, wie es bei diesen Temperaturen im eisigen Meer normal ist, Opfer von Unterkühlung und ertranken. Der damals 22jährige Guðlaugur aber schwamm. In Jeans, Pullover und Overall. Nach etwa einer Meile, berichtete er später, fuhr in kaum mehr als 100 Metern Entfernung ein anderes Boot an ihm vorbei, ohne sein Schreien und Winken zu bemerken. “Erst wurde ich von Hoffnungslosigkeit gepackt, als ich dem Boot nachsah. Dann dachte ich, wenn dir keiner hilft, mußt du dir selber helfen, und das gab mir neue Kraft. Ich streifte den Overall ab und schwamm eine Weile auf dem Rücken, bis mir am Kopf zu kalt wurde.
Ich ließ mir alles Mögliche durch den Kopf gehen, um mich abzulenken und wach zu halten. Einmal schwamm ich mit geschlossenen Augen, doch als ich sie öffnete, sah ich, daß ich vom Kurs abgekommen war. Da erzählte ich mir alle Witze, an die ich mich erinnern konnte." So kam er Heimaey, der bewohnten Hauptinsel langsam näher, doch an einer abgelegenen Steilküste mit hoher Brandung. "Erst schwamm ich wieder ein Stück raus. Doch dann beschloß ich, es zu riskieren, und ließ mich von der Brandung auf die Felsen werfen. Ich bekam einen Stein zu fassen, klammerte mich fest und kroch nach dem Ablaufen des Wassers weiter. So kam ich endlich aufs Trockene." - Nachdem er im tiefsten Winter mehr als fünf Stunden lang durch den eisig kalten Ozean geschwommen war.
Naß, frierend, erschöpft und barfuß mußte er noch weitere drei Stunden über scharfkantige Lava stolpern, bis er das erste Haus erreichte.
Heute ist es auf den Westmänner-Inseln an diesem Tag Tradition, die gleiche Strecke von sechs Kilometern im Schwimmbecken zurückzulegen. Ich lag hier im Freibad lieber bequem im warmen Hot Pot, aber auch da kam das Gespräch auf Guðlaugur Friðþórsson. Jemand erzählte, daß man ihn später ausgiebigst darauf hin untersucht hätte, was ihn zu dieser eigentlich menschenunmöglichen Leistung befähigt hatte. "Er war sicher ausdauernd und stark. Das Entscheidende soll aber gewesen sein", sagte mein Gegenüber, "daß Guðlaugur zu den seltenen Menschen gehört, die auch richtig Speck im Schulter-Nacken-Bereich ansetzen. Das hat seine Halsschlagadern besser isoliert und ihn an dieser lebenswichtigen Stelle vor Auskühlung bewahrt."
Weiß nicht, ob's ein Befund oder Seemannsgarn war, was da gesponnen wurde, aber die Geschichte von Guðlaugur Friðþórsson ist wahr, so unglaublich sie klingt. -
Ich sollte mehr essen. In meiner jetzigen Konstitution wäre ich wohl nach den üblichen zehn Minuten nach dem Eintauchen ins kalte Wasser gestorben.
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