Die Bestandteile der Absperranlagen scheinen übrigens vom Vereinigten Königreich geleast zu sein. Jedenfalls tragen die Tieflaster, die das Material anliefern, englische Kennzeichen, und auch die Männer in den Bautrupps sprechen Englisch. Die Engländer haben ja viel Erfahrung im Errichten von bürgerkriegsgemäßen Zäunen und Checkpoints. Ich denke nur so an Nordirland.
Nur stehen sich hier nicht zwei verfeindete Volksgruppen gegenüber, sondern ein exklusiver Klub von Herrschenden requiriert und okkupiert zu seiner Bequemlichkeit und Sicherheit das Zentrum einer großen Stadt und ihre Hauptverkehrsadern und sperrt alle Normalsterblichen komplett aus. Die können tagelang nicht mehr normal ihre Wohnungen aufsuchen und verlassen, sie kommen nicht zu ihren Arbeitsplätzen, Schulwege sind unterbrochen, die Menschen stehen auf ihren alltäglichen Wegen in der Innenstadt vor Panzersperren und Checkpoints, müssen sich auf dem Weg zum Bäcker kontrollieren lassen, werden an den Zäunen von Polizisten (13.000) und Soldaten (8000) abgewiesen und müssen große Umwege gehen, radeln oder fahren, um in ihrer Stadt ihre Ziele zu erreichen.
Mr Obama ist es zwischenzeitlich eingefallen, daß er vor Beginn seines Gipfeltreffens noch ein Stündchen Zeit hat und auch gern mal die Bürgerwehr in Rembrands ‟Nachtwache” sehen möchte. Also wird der ganze Platz um das Rijksmuseum mal eben mit einer meterhohen Mauer aus Frachtcontainern gesperrt, und es wird niemand außer ihm und seinen Sicherheitshunden Zugang haben. Ein paar jobsuchende Arbeitslose werden sagen können, sie wären auch am Gipfeltreffen beteiligt: ‟Ich konnte eine Woche lang Container weiß pinseln.” Anwohner mit Sicht auf den Platz wurden von den Behörden ermahnt, sich während Obamas Besuch von ihren Fenstern fernzuhalten und keinesfalls Fotos zu machen.
Man möchte auf die dem Museum zugewandten Wände der Container sprühen: ‟Mr President, tear down this wall!” Aber so weit wird man nicht kommen. Dafür läßt der Apparat Hunderte oder auch Tausende Kameraaugen kreisen und Polizei und Militär patrouillieren. Allein der sicherheitstechnische Aus- und Umbau des Konferenzzentrums (mit einem neu angelegten Privateingang für Obama) kostet die Stadt Den Haag, also den holländischen Steuerzahler, 28 Millionen Euro. Für das Tamtam drumherum zahlt der niederländische Staat, also der niederländische Steuerzahler, noch einmal mindestens 24 Millionen Euro – darin sind die Kosten für den Einsatz von Polizei und Armee noch nicht enthalten.
Sicher, hier zeigt sich die übliche provokante Arroganz der Macht. Früher wollte sie das Volk allerdings gern als jubelnde und fähnchenschwingende Menge im Hintergrund dabei haben, heute verbannt sie es vollständig aus ihrem Sichtkreis und zieht sich selbst hinter Mauern und Schutzzäune zurück. Kann es dafür in der Tiefe nicht nur einen Grund geben? Angst.
Ich frage mich, wie viel schlechtes Gewissen wegen dem, was sie Menschen auf der ganzen Welt angetan haben, müssen unsere Regierenden eigentlich haben, um derart die Hosen voll zu bekommen, um ein solches Schutz- und Sicherheitsbedürfnis zu entwickeln und solche Abschottungs- und Befestigungsanlagen für ein zweitägiges Gesprächstreffen zu errichten?
... comment
... link
Heute abend fliegt Obama nach Brüssel weiter, wo er morgen mit Van Rompuy und Baroso zu Mittag essen will - mit denen er gerade erst beim G7-Gespräch hier in Den Haag an einem Tisch saß. Der Guardian bringt heute einen Artikel darüber. Demnach wird Obama außer mit seiner "Airforce 1" mit drei Transportmaschinen nach Brüssel fliegen, die 45 gepanzerte Fahrzeuge und eine Entourage von 900 Personen mitbringen. Das Sicherungskommando ist natürlich längst vorausgeflogen und hat die belgische Hauptstadt auf us-präsidentengerechte Alarmstufe 3 gebracht. Der 24-Stundenbesuch Obamas kostet die Belgier nach Angaben von Brüssels Bürgermeister gute 10 Millionen Euro.
Noch Fragen?
... link
... comment