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Donnerstag, 2. Februar 2012
Auf nach Tahiti!
Dreieinhalb Jahre hielt der “Wilde” (Oviri) es nach der Rückkehr aus dem Paradies in Paris und in der Zivilisation aus. Dreieinhalb Jahre, in denen er vorne und hinten nicht zurechtkam. Für ein “normales”, bürgerliches Leben war er komplett verloren, wenn er denn überhaupt je für eines geeignet war. Zwischenzeitlich flüchtete er aus der Großen Stadt in die Bretagne, ans Meer und unter die dort versammelte Künstlerbohème, doch vor lauter Sehnsucht nach den unzivilisierten, üppigen Tropen malte er eine Eva im Paradies mit einem Jugendbildnis seiner eigenen Mutter als Vorlage. Seine Geliebte malte er dagegen bleich wie eine wächserne Leiche nackt auf dem Rücken liegend und mit der gepflückten Blume ihrer Unschuld in der Hand. Sie war schwanger und mußte eilends verlassen werden, wenn er durch sie und das erwartete Kind nicht dauerhaft gebunden werden wollte, und das wollte er unter keinen Umständen. Ein junger Bewunderer hatte ihm soeben von einem Buch erzählt, das schon früher viel zu seiner Sehnsucht nach fernen exotischen Inseln beigetragen hatte: Le mariage de Loti.

Es war der zweite Roman des französischen Marineoffiziers Julien Viaud. Nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen hatte Viaud im chilenischen Valparaiso auf der Fregatte La Flore angemustert und war in Tahiti wieder von Bord gegangen. Ein Jahr später kehrte er an Bord des gleichen Schiffs nach Frankreich zurück. 1880 veröffentlichte er zunächst unter dem Titel Rarahu einen Roman, der zum Teil auf eigenen Erlebnissen auf Tahiti beruhte. Zwei Jahre später wurde er unter dem neuen Titel Le mariage de Loti noch einmal verlegt und ein Welterfolg. Loti hieß eine Blume auf Tahiti, und so hatte angeblich eine tahitianische Prinzessin Viaud getauft. Von seinem berühmtesten Buch an, den Islandfischern, benutzte er Loti als seinen Schriftstellernamen.

Gauguin hatte Le mariage de Loti schon verschlungen, bevor er nach Panama und Martinique ging, und als ihm nun sein junger Kollege Emile Bernard vorschlug, ein gemeinsames “Atelier des Tropiques” auf Tahiti zu gründen, war er begeistert und machte sich bald daran, alles zu veräußern, was er nicht mit auf die Reise nehmen wollte. Als Bernard angesichts der Verwirklichung seiner Tahiti-Träume kalte Füße bekam, schrieb Gauguin ihn kurzerhand ab und bereitete seine alleinige Reise vor. Durch andere Künstlerfreunde nahm er Kontakt zu Clemenceau auf, und ausgerechnet der profilierte Antikolonialist verschaffte ihm beim Ministerium für Bildung und Kunst ein Schreiben, das Gauguin als jemanden auswies, der in “offizieller Mission” unterwegs sei. Er versprach sich davon, unterwegs und in der Kolonie von den Beamten der Kolonialverwaltung respektiert und besser behandelt zu werden. De facto sollten sie in ihm einen geheimen Inspektor oder Kontrolleur des Ministeriums vermuten und ihm mit entsprechendem Mißtrauen begegnen. Das Wichtigste war zunächst einmal, daß die “Ernennung” Gauguin berechtigte, auf Schiffen staatlich subventionierter Reedereien mit einem Rabatt von 30% zu reisen.
Am 1. April 1891 ging er in Marseille an Bord des Dampfers Océanien, nicht mehr als einige Meter Leinwand, Farben, Pinsel und 3000 Franc in der Tasche, die für einen Aufenthalt von drei Jahren reichen sollten.



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