Dienstag, 8. Februar 2011
Der kommandierende Folterer soll Ägypten zur Demokratie führen.
Sieht so aus, als bekämen die Amerikaner die Sache endlich in den Griff. Wurde auch langsam Zeit. Anscheinend soll tatsächlich Suleiman, den Mubarak letzte Woche zu seinem Vize ernannte, die beunruhigende Lage in Ägypten für sie abwiegeln/schaukeln. Von einer Forderung sofortiger Neuwahlen, die US-Außenministerin Clinton angeblich per Telefon in Ägypten erhoben hat, ist in der US-Rhetorik schon längst keine Rede mehr.
Erstmal viel reden und noch mehr versprechen, lautet die neue Parole. Das beruhigt schon mal einige der nur zu bereitwillig gutgläubig Kleinmütigen, die inzwischen vielleicht Angst vor der eigenen Courage bekommen haben und den Tahrirplatz verlassen. Wer will es ihnen angesichts neuer Schätzungen von Human Rights Watch verdenken, denen zufolge die Unruhen der letzten beiden Wochen 300 Menschen das Leben gekostet haben? Die verbliebenen Aufständischen wird Suleiman erst einmal mit honigträufelnder Stimme schön einseifen, um sie hinterher umso ruppiger über den Löffel zu balbieren, je kleiner ihre verbleibende Zahl am Ende sein wird.
Was denn? Ist dem stets wie ein elder statesman sibyllinisch in die Kameras lächelnden Suleiman etwa nicht zu trauen? Keineswegs. Das Internetmagazin Jaddaliyya, dessen Analyse der Kräfteverhältnisse hinter dem ägyptischen Aufstand inzwischen auch von der FAZ nachgedruckt wurde, hat auch seine Informationen zu Omar Suleiman veröffentlicht, und die verheißen nichts Gutes.
Woher kommt Suleiman? Aus Mubaraks Geheimdienst. Seit 17 Jahren, also seit mehr als der Hälfte von Mubaraks Regierungszeit, ist er dessen Chef. Was immer "Egypt’s General Intelligence Service" (EGIS) in dieser Zeit angestellt hat, Suleiman hat es befohlen und zu verantworten.
Sobald er 1993 das Kommando übernahm, stand der ägyptische Geheimdienst willig bereit, von den Amerikanern gekidnappte mutmaßliche Terroristen in seinen Gefängnissen zu “verhören”. Der ehemalige US-Botschafter in Kairo, Edward Walker, bekannte der Journalistin Jane Mayer für ihr Buch The Dark Side, er habe damals durchaus von “ein paar negativen Dingen” auf Seiten der Ägypter gewußt, “Folter und so”.
Suleiman hat auch selbst Hand angelegt. Unter der Bush-Regierung, so Lisa Hajjar in Jadaliyya,
“the extraordinary rendition program landed some people in CIA black sites and others were turned over for torture-by-proxy to other regimes. Egypt figured large as a torture destination of choice, as did Suleiman as Egypt’s torturer-in-chief. At least one person extraordinarily rendered by the CIA to Egypt – Egyptian-born Australian citizen Mamdouh Habib – was tortured by Suleiman himself.”
Die von der US-Regierung inzwischen anerkannte Aussage Habibs ist auf Jadaliyya nachzulesen. US-Offiziellen, und zwar mindestens bis hinauf zu CIA-Chef Tenet war bekannt, daß Suleiman ein Folterer ist. Dessen ungeachtet setzten sie in Ägypten besonders auf ihn. Lisa Hajjar: “He has been the CIA’s main man in Cairo.” Und nicht nur das. Wegen seiner entschieden anti-islamistischen Einstellung und seiner Bereitschaft, gegen den Iran zu arbeiten, ist Suleiman seit langem der Favorit des US-Außenministeriums und Israels in Ägypten. Er sorgte z.B. dafür, die Nachschubtunnel der Hamas aus Gaza zu zerstören.In einer der von Wikileaks veröffentlichten US-Botschaftsdepeschen aus Kairo wird Suleiman schon im Mai 2007 als möglicher Nachfolger Mubaraks genannt. “Soliman, because of his military background, would at the least have to figure in any succession scenario.”
Die scheinbar so flexible Reaktion auf den “berechtigten Ruf des ägyptischen Volkes nach mehr Demokratie”, die Clinton jetzt abspult, war längst vorbereitet.
Aber, schließt Lisa Hajjar, “Omar Suleiman is not the man to bring democracy to the country. His hands are too dirty, and any “stability” he might be imagined to bring to the country and the region comes at way too high a price.”
Es soll mir keiner weißzumachen versuchen, die zuständigen Mitarbeiter und Dienste hätten Clinton und Obama nicht ein lückenloses Dossier über den ägyptischen “torturer-in-chief” auf den Schreibtisch gelegt, bevor sie entschieden, auf dieses Pferd in Mubaraks (Augias-)stall zu setzen. Mit anderen Worten, die USA belohnen ihren langjährig verdienten Folterknecht nun mit staatsmännischen Ehren, und in Berlin wird auch die “Ehrenformation der Bundeswehr” noch vor ihm Männchen machen. Das wird dem Wüstensohn gefallen.
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