Freitag, 28. Januar 2011
Tage des Zorns im arabischen Haus
So, den Spaß einer “Verteidungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland in siebenundzwanzig Zeilen” beiseite! Schließlich geschehen spannende Dinge in der Welt, zur Zeit vor allem in der arabischen. Vom Tagesschau-Sessel aus kann man den Eindruck bekommen, an die tunesische Ecke des Dar al-arab habe jemand ein Streichholz gehalten, und jetzt brenne es plötzlich in allen Stockwerken, nachdem die Bewohner jahrzehntelang unter der Knute ruhig gehalten wurden: Algerien, Libanon, Jemen und jetzt Ägypten, überall kracht es im Gebälk, versuchen Menschen, die alten Bollwerke, die sie eingemauert hielten, aufzusprengen.
Leute, die von diesem Teil der Welt deutlich mehr Ahnung haben als ich, warnen allerdings davor, jetzt all diese Aufstände über einen Leisten zu schlagen. Ein aus Pakistan stammender Blogger namens Sepoy, der erst im Dezember Kairo besucht hat, schreibt heute angesichts dessen, was sich gerade in Ägypten anbahnt:
Interessant sind auch wieder einmal Reaktionen des Westens auf die Unruhen in der arabischen Welt. Während man die spontanen Rebellionen in Tunesien und Algerien bei uns als Freiheitsaufstände begrüßt, stehen die USA als Meinungsführer im Westen den Demonstrationen in Ägypten viel reservierter oder janusköpfiger gegenüber. Einerseits äußerte Präsident Obama Verständnis für die Frustrationen in der ägyptischen Bevölkerung, bemühte sich aber gleichzeitig “careful to avoid any sign of abandoning Mubarak”, meldet Reuters. Seine Außenministerin hat das Regime Mubaraks gerade erst wieder “stabil” genannt, und Robert Danin vom Council on Foreign Relations erklärte vorgestern, die US-Regierung “doesn't want to see the means adopted in Tunisia”, meldete die Huffington Post. (Ein Blick in die Ägypten-Depeschen bei Wikileaks erlaubt auch Einblicke in die "Special Relationship" zwischen Washington und Kairo. Ägyptens strategische Rolle und Bedeutung für die USA im Nahen Osten sind hinlänglich bekannt.)
"I was stunned to hear secretary Clinton saying the Egyptian government is stable”, erklärte dagegen Mohammed El-Baradei CNN, bevor er nach Kairo flog, um an den Demonstrationen teilzunehmen, und fuhr fort: “And I ask myself at what price is stability? Is it on the basis of 29 years of martial law? Is it on the basis of 30 years of [an] ossified regime? Is it on the basis of rigged elections? That's not stability, that's living on borrowed time."
Natürlich ist Mubarak nicht gewillt, den Protesten nachzugeben. Heute Nacht hat er erstmal seine Sicherheitskräfte aufmarschieren und das Internet in Ägypten schließen lassen. Fast 90% aller Provider wurden seit Mitternacht abgeschaltet, meldet der Guardian in seinem aktuellen News-Blog. Dort lassen sich die Ereignisse so nah, wie zur Zeit möglich, verfolgen. Der Aufmarsch von uniformierter und Zivilpolizei sowie Geheimdienst scheint sehr massiv zu sein. Letzte Meldung: “Cairo in COMPLETE lockdown. Security everywhere, including special forces.”
Leute, die von diesem Teil der Welt deutlich mehr Ahnung haben als ich, warnen allerdings davor, jetzt all diese Aufstände über einen Leisten zu schlagen. Ein aus Pakistan stammender Blogger namens Sepoy, der erst im Dezember Kairo besucht hat, schreibt heute angesichts dessen, was sich gerade in Ägypten anbahnt:
“It isn’t a domino effect. What happened in Tunisia, isn’t what is happening in Egypt and what is happening in Yemen and what is happening in Lebanon and what will happen in Oman. The internet or twitter or facebook is not behind this. Neither is al-Jazeera. Each of these states have their very particular histories, very particular teleologies which are more decisive – whether politically or symbolically – than anything in the social media netscape bullcrap.”
Man wird also genauer hinsehen müssen, und das schadet eigentlich nie.Interessant sind auch wieder einmal Reaktionen des Westens auf die Unruhen in der arabischen Welt. Während man die spontanen Rebellionen in Tunesien und Algerien bei uns als Freiheitsaufstände begrüßt, stehen die USA als Meinungsführer im Westen den Demonstrationen in Ägypten viel reservierter oder janusköpfiger gegenüber. Einerseits äußerte Präsident Obama Verständnis für die Frustrationen in der ägyptischen Bevölkerung, bemühte sich aber gleichzeitig “careful to avoid any sign of abandoning Mubarak”, meldet Reuters. Seine Außenministerin hat das Regime Mubaraks gerade erst wieder “stabil” genannt, und Robert Danin vom Council on Foreign Relations erklärte vorgestern, die US-Regierung “doesn't want to see the means adopted in Tunisia”, meldete die Huffington Post. (Ein Blick in die Ägypten-Depeschen bei Wikileaks erlaubt auch Einblicke in die "Special Relationship" zwischen Washington und Kairo. Ägyptens strategische Rolle und Bedeutung für die USA im Nahen Osten sind hinlänglich bekannt.)
"I was stunned to hear secretary Clinton saying the Egyptian government is stable”, erklärte dagegen Mohammed El-Baradei CNN, bevor er nach Kairo flog, um an den Demonstrationen teilzunehmen, und fuhr fort: “And I ask myself at what price is stability? Is it on the basis of 29 years of martial law? Is it on the basis of 30 years of [an] ossified regime? Is it on the basis of rigged elections? That's not stability, that's living on borrowed time."
Natürlich ist Mubarak nicht gewillt, den Protesten nachzugeben. Heute Nacht hat er erstmal seine Sicherheitskräfte aufmarschieren und das Internet in Ägypten schließen lassen. Fast 90% aller Provider wurden seit Mitternacht abgeschaltet, meldet der Guardian in seinem aktuellen News-Blog. Dort lassen sich die Ereignisse so nah, wie zur Zeit möglich, verfolgen. Der Aufmarsch von uniformierter und Zivilpolizei sowie Geheimdienst scheint sehr massiv zu sein. Letzte Meldung: “Cairo in COMPLETE lockdown. Security everywhere, including special forces.”
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