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Samstag, 15. Januar 2011
Oh Wunder! [aus gegebenem Anlaß]
Ein nach außen hin eher unauffälliger Diktator ist vor seinem Volk geflohen? Na und, das ist nicht mehr als politisches Tagesgeschäft. Ist nicht bald in Turkmenistan, Weißrußland oder Italien der nächste fällig? Nein, von überzeitlicher, ja ewiger Geltung ist ein anderes großartiges Unternehmen, das jetzt in die Wege geleitet wurde. Ich zitiere einführend dazu aus den Aufzeichnungen eines Eingeweihten:

"Auf der Suche nach Hintergrundinformationen für [...] habe ich soeben im Geiste dem Vatikan einen Besuch abgestattet, insbesondere dem Verwaltungsbereich um den Cortile del Triangolo. Hier steht der Palazzo aus dem sechzehnten Jahrhundert, scherzhaft Castel Birbone genannt, in dessen Erdgeschoss sich ein großes Büro mit der Aufschrift De Reliquiis Sanctis an der Tür befindet [...] Im ersten Stock kommt man am Ende eines Korridors an eine schwere Holztür, auf der De S.S. Manifestis steht. Dies ist das Amt, das für Erscheinungen, hauptsächlich der Jungfrau Maria, zuständig ist. In früheren Zeiten wurde es regelrecht belagert von irischen, portugiesischen und französischen Bauern in abgetragener schwarzer Kleidung, die ihren Anspruch auf eine persönliche Heimsuchung anmeldeten. Doch mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ihrer Länder und der um sich greifenden Volksbildung gingen die Zahlen der Antragsteller, die hier vorstellig wurden, drastisch zurück. Es war fast, als ob die Mutter Gottes auf einmal nervös wurde bei dem Gedanken, sie könnte nach ihrer Meinung zu Gendertheorien oder Nationalökonomie gefragt werden. So erklärt es sich, dass sie in letzter Zeit fast ausschließlich Kindern aus den verbliebenen Hinterlanden katholischer Gutgläubigkeit erscheint: Polen, Bosnien-Herzegowinern, Woiwonwiern und dergleichen, die aus Dörfern stammen, wo die Ochsenkarren noch hölzerne Scheibenräder haben und der Homosexualität Verdächtige hin und wieder verbrannt werden.”
(Gerald Samper in James Hamilton-Patersons Heilige der Trümmer, Klett-Cotta 2009)


Um eine Marienerscheinung geht es im aktuellen Fall nicht – sie treten nach Auskunft des Zeugen ja selbst in Frankreich nur noch selten auf – wohl aber um eine Heilung, die nach den strengen Maßstäben des Vatikans die Bedingungen eines Wunders erfüllen.
Im Frühjahr Anno Domini 2005 genas nämlich Marie Simon-Pierre, Ordensfrau des Institut des Petites Soeurs des Maternités Catholiques, die seit langem an einer besonders schweren Form der Parkinson-Krankheit litt, ganz plötzlich von ihrem Leiden, nachdem sie den Namen des Papstes Johannes Paul II., der an der gleichen Krankheit gelitten hatte, auf ein Stück Papier schrieb.
“Von Juni 2005 bis April 2007 wurden daher sowohl die diözesane römische Hauptuntersuchung als auch die Untersuchungen in verschiedenen anderen Diözesen (durch Rechtshilfe) vorgenommen, was das Leben, die Tugenden und den Ruf der Heiligkeit sowie die Wunder betrifft. Die rechtliche Gültigkeit der kanonischen Verfahren wurde mit Dekret vom 4. Mai 2007 durch die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse anerkannt”, heißt es im jetzt bekanntgegebenen Dekret der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse im Vatikan. “Nach Prüfung der entsprechenden Positio äußerten sich dann neun theologische Konsultoren des Dikasteriums im Juni 2009 positiv in Bezug auf den heroischen Grad der Tugenden des Dieners Gottes.” Nach weiteren rechtlichen und theologischen Prüfungen erstellten unabhängige Ärzte ein detailliertes gerichtsärztliches Gutachten, das sie im Oktober 2010 “dem wissenschaftlichen Studium des medizinischen Beirates des Dikasteriums für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse übergaben. Seine Gutachter sprachen sich für die wissenschaftliche Unerklärbarkeit der Heilung aus, nachdem sie die prozessualen Zeugnisse und die gesamte Dokumentation mit der gewohnten Gründlichkeit studiert hatten. (Haben die Herren - ausschließlich um solche dürfte es sich handeln - eigentlich nach diesem Gutachten ihre Approbation zurückgegeben? Mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Medizin und dem Ethos des Arztes läßt es sich jedenfalls nicht auf aufrichtige Weise vereinbaren.)
Die theologischen Konsultoren schritten dann nach Sichtung der medizinischen Schlußfolgerungen am 14. Dezember 2010 zur theologischen Bewertung des Falles und erkannten einstimmig die Einzigartigkeit, das Vorausgehen und die Stimmigkeit der an den Diener Gottes Johannes Paul II. gerichteten Anrufung an, dessen Fürbitte zum Zwecke der wunderbaren Heilung wirksam gewesen war.” -
Unfehlbarkeit will schließlich nach allen Seiten hin gut abgesichert sein.
Nachdem schließlich am 11. Januar 2011 auch noch die ordentliche Vollversammlung der Kardinäle und der Bischöfe der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse “ein einstimmiges positives Urteil erließ, mit dem sie die Heilung von Schwester Marie Pierre Simon als wunderbar erachten, insoweit sie von Gott in wissenschaftlich unerklärlicher Weise vollbracht wurde”, hat nun “der Heilige Vater Benedikt XVI. während der Seiner Eminenz, dem hochwürdigsten Herrn Kardinal Angelo Amato, Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, gewährten Audienz dieselbe Kongregation bevollmächtigt, das Dekret über das Wunder zu promulgieren.”


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Kann
Schüttellähmung nicht auch durch einen abrupten Tod geheilt werden? Wird jener dann auch seliggesprochen?

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