Dienstag, 15. September 2009
Kolkasrags
Hohe Stockrosen, blühende Bauerngärten, Apfelbäume, deren Äste sich unter der üppigen Last ihrer Früchte schwer nach unten bogen, hellgrün mit ihrem Laub herüberwinkende schlanke Birken in schmal geschnittenen weißen Kleidern, immer wieder Sonnengeflirre zwischen den japanischen Schattenrissen licht stehender Kiefernhaine: es lag etwas, nein, nicht Liebliches, aber doch eine sommerlich heitere Atmosphäre über Kurland an diesem Augusttag.
Je weiter wir hinaus kamen, der Spitze der breiten Halbinsel zu, desto seltener wurden die offenen Wiesen und Lichtungen mit der scheinbaren kleinbäuerlichen Idylle, desto länger dehnte sich der Wald zusammenhängend, wichen die Kiefern mit Schiefwuchs vor einem beständigeren Winddruck zur Seite, wurde ihre Borke rauher und rissiger. Dann ganz hinaus auf die äußerste Spitze, wo die Wellen der großen Rigaer Bucht und die Ostsee aus entgegengesetzten Richtungen kommend aufeinander einschlagen. Kap Kolka, auf Lettisch klingt es noch passender, wie heiseres Rabengekrächz: Kolkasrags.
Das letzte Stück zu Fuß durch einen verwunschenen Wald. Dichte Moospolster, Blaubeer- und Preiselbeergestrüpp bedecken den Boden zwischen gewundenen und gedrehten Baumstämmen. Immer wieder habe ich unversehens klebrige Fäden im Gesicht, weil Spinnen unsichtbare Netze mit einer Spannweite von zwei bis drei Metern von Stamm zu Stamm gewebt haben. Lange bevor wir es sehen, hören wir das Meer das ohnehin schon laute Brausen des Windes überrauschen. Dann sehen wir es, aufgewühlt grünbraun und mit weißen Schaumkronen, zwischen den Stämmen heranrollen, treten hinaus aus der letzten Baumreihe auf den breiten Strand, der übersät ist mit entwurzelten, umgeworfenen und wieder angespülten Treibholzstämmen. Ebenso zahlreich sollen die Schiffswracks sein, mehr als sonstwo in der Ostsee, die draußen vor dieser Landspitze liegen, mit ihren Strömungen, die immer neuen Sand herantragen und zu Untiefen ablagern. Deshalb steht der Leuchtturm weit draußen, fast auf der Kimmlinie, auf einer künstlich erhöhten Sandbank. Der muß es gewesen sein, den wir in der Nacht vom Schiff aus so lange sehen konnten.
Kolkasrags, ausgesetztes Kap zweier Meere, deren Winde dir die Bäume zu Berg bürsten; Salz in der Luft, der Wind orgelt in mittleren Basslagen ein Rezitativ von Arvo Pärt, die Mauern einer sowjetischen Beobachtungsstation liegen schon geborsten in einem Walddickicht verstreut, Habichte streichen flach über die Bäume, sechs Stück.
Je weiter wir hinaus kamen, der Spitze der breiten Halbinsel zu, desto seltener wurden die offenen Wiesen und Lichtungen mit der scheinbaren kleinbäuerlichen Idylle, desto länger dehnte sich der Wald zusammenhängend, wichen die Kiefern mit Schiefwuchs vor einem beständigeren Winddruck zur Seite, wurde ihre Borke rauher und rissiger. Dann ganz hinaus auf die äußerste Spitze, wo die Wellen der großen Rigaer Bucht und die Ostsee aus entgegengesetzten Richtungen kommend aufeinander einschlagen. Kap Kolka, auf Lettisch klingt es noch passender, wie heiseres Rabengekrächz: Kolkasrags.
Das letzte Stück zu Fuß durch einen verwunschenen Wald. Dichte Moospolster, Blaubeer- und Preiselbeergestrüpp bedecken den Boden zwischen gewundenen und gedrehten Baumstämmen. Immer wieder habe ich unversehens klebrige Fäden im Gesicht, weil Spinnen unsichtbare Netze mit einer Spannweite von zwei bis drei Metern von Stamm zu Stamm gewebt haben. Lange bevor wir es sehen, hören wir das Meer das ohnehin schon laute Brausen des Windes überrauschen. Dann sehen wir es, aufgewühlt grünbraun und mit weißen Schaumkronen, zwischen den Stämmen heranrollen, treten hinaus aus der letzten Baumreihe auf den breiten Strand, der übersät ist mit entwurzelten, umgeworfenen und wieder angespülten Treibholzstämmen. Ebenso zahlreich sollen die Schiffswracks sein, mehr als sonstwo in der Ostsee, die draußen vor dieser Landspitze liegen, mit ihren Strömungen, die immer neuen Sand herantragen und zu Untiefen ablagern. Deshalb steht der Leuchtturm weit draußen, fast auf der Kimmlinie, auf einer künstlich erhöhten Sandbank. Der muß es gewesen sein, den wir in der Nacht vom Schiff aus so lange sehen konnten.
Kolkasrags, ausgesetztes Kap zweier Meere, deren Winde dir die Bäume zu Berg bürsten; Salz in der Luft, der Wind orgelt in mittleren Basslagen ein Rezitativ von Arvo Pärt, die Mauern einer sowjetischen Beobachtungsstation liegen schon geborsten in einem Walddickicht verstreut, Habichte streichen flach über die Bäume, sechs Stück.
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