Sonntag, 13. September 2009
In Kurland unterwegs
Raus aus Riga, und schon hat uns der Wald. Seine Säulenreihen aus hohen, geraden Stämmen tragen das blaue Himmelsgewölbe hoch über uns, sein Laub oder Nadelwedel sieben das Sonnenlicht; abwechselnd tannengrün oder im hellen Grün junger Birken kommt es unten bei uns an. Angenehm und entspannt rollt es sich auf dem Grund dieses Baummeers, das sich vor uns teilt und teilt und hinter uns geräuschlos wieder schließt. Wir sitzen in dem Schlitten auf diesem Reißverschluß, das Schiebedach weit geöffnet, und schnurren dahin. Die zweispurige Straße ist tadellos.
12 Kilometer südlich von Šlokenbek liegt ein winziger, halb vergessener Waldfriedhof nahe der Straße. Ein schmiedeeisernes Kreuz steht für eine Linda von Hüsselem, geboren 1800, - unsere erste deutsche Spur im Baltikum. Daneben gibt es auch Grabsteine mit lettischen und russischen Inschriften, halb in den Birkenwald zurückgesunken; der alte Friedhof aber wird noch gepflegt, wie man an einer von Unkraut befreiten Einfassung oder einem vor nicht langer Zeit gepflanzten Blümchen erkennen kann. Doch nirgends wird der Eindruck, daß dieser Ort dem Wald gehört, durch übertriebene Akkuratesse, klinisches Stutzen, Harken und Laubablesen oder polierte Grabmale gestört. Später sehen wir, daß die Letten und auch die Esten ihre Friedhöfe fast durchweg und mit Vorliebe in Wäldern anlegen. Ein schöner Brauch. Der vielleicht etwas über ihre Verbundenheit mit dem Wald aussagt, den Toten aber jedenfalls eine angenehme letzte Ruhe läßt.
(Anders als so mancher Gottesacker bei uns, der gleich hinter der Lärmschutzwand einer Autobahn und in der Einflugschneise eines Flughafens liegt.)
Hinter Gut Schlockenbeck, im Jahr 1484 von einem von Butler als wehrhafte Vierflügelanlage gegründet, rollen wir dann durch lichte Kiefernwälder zum Westufer der Rigaer Bucht und daran entlang nach Norden. Links, hinter Uferwäldern verborgen, die langgestreckte Lagune des Engure-Sees, rechts, immer wieder zwischen den schönen, rötlichen Stämmen der Kiefern mit ihrem filigranen Nadelwerk aufblitzend, die Ostsee. Die alten, aber nicht heruntergekommenen einzelnen Bauernhöfe mit Scheunen und Ställen und wohlbestellten Gemüse- und Obstgärten erwecken - zumal bei diesem milden Sommerwetter - den Eindruck, daß es der Landbevölkerung in dieser Gegend, zumindest was die Versorgung angeht, auch zu Zeiten, als Lettland eine Sowjetrepublik war, nicht ganz schlecht gegangen sein kann. Trotzdem sind wir überrascht, was für ein geschmackvoll modernisiertes Boutiquehotel bei Kaltene steht. Finnisches Design, zuckt mir spontan durch den Kopf, und dann wohl auch finnisches Kapital. Schwere, grobe Balken und freigelegte alte Mauern in den bis ins Dach geöffneten alten Gebäuden, kombiniert mit großen, glatt verputzten Flächen, neuem Eichenparkett, modernen Designerleuchten und Armaturen. Die Neubauten streng kubisch, aber warm mit rotem Holz verkleidet; kühle Rechtecke gegen die vertrauten Winkel alter Dächer und Rundungen alter Steine. Gut gemacht. Dabei zu bezahlbaren Preisen. Das Mittagessen im Restaurant war jedenfalls lecker und sehr günstig.
12 Kilometer südlich von Šlokenbek liegt ein winziger, halb vergessener Waldfriedhof nahe der Straße. Ein schmiedeeisernes Kreuz steht für eine Linda von Hüsselem, geboren 1800, - unsere erste deutsche Spur im Baltikum. Daneben gibt es auch Grabsteine mit lettischen und russischen Inschriften, halb in den Birkenwald zurückgesunken; der alte Friedhof aber wird noch gepflegt, wie man an einer von Unkraut befreiten Einfassung oder einem vor nicht langer Zeit gepflanzten Blümchen erkennen kann. Doch nirgends wird der Eindruck, daß dieser Ort dem Wald gehört, durch übertriebene Akkuratesse, klinisches Stutzen, Harken und Laubablesen oder polierte Grabmale gestört. Später sehen wir, daß die Letten und auch die Esten ihre Friedhöfe fast durchweg und mit Vorliebe in Wäldern anlegen. Ein schöner Brauch. Der vielleicht etwas über ihre Verbundenheit mit dem Wald aussagt, den Toten aber jedenfalls eine angenehme letzte Ruhe läßt.
(Anders als so mancher Gottesacker bei uns, der gleich hinter der Lärmschutzwand einer Autobahn und in der Einflugschneise eines Flughafens liegt.)
Hinter Gut Schlockenbeck, im Jahr 1484 von einem von Butler als wehrhafte Vierflügelanlage gegründet, rollen wir dann durch lichte Kiefernwälder zum Westufer der Rigaer Bucht und daran entlang nach Norden. Links, hinter Uferwäldern verborgen, die langgestreckte Lagune des Engure-Sees, rechts, immer wieder zwischen den schönen, rötlichen Stämmen der Kiefern mit ihrem filigranen Nadelwerk aufblitzend, die Ostsee. Die alten, aber nicht heruntergekommenen einzelnen Bauernhöfe mit Scheunen und Ställen und wohlbestellten Gemüse- und Obstgärten erwecken - zumal bei diesem milden Sommerwetter - den Eindruck, daß es der Landbevölkerung in dieser Gegend, zumindest was die Versorgung angeht, auch zu Zeiten, als Lettland eine Sowjetrepublik war, nicht ganz schlecht gegangen sein kann. Trotzdem sind wir überrascht, was für ein geschmackvoll modernisiertes Boutiquehotel bei Kaltene steht. Finnisches Design, zuckt mir spontan durch den Kopf, und dann wohl auch finnisches Kapital. Schwere, grobe Balken und freigelegte alte Mauern in den bis ins Dach geöffneten alten Gebäuden, kombiniert mit großen, glatt verputzten Flächen, neuem Eichenparkett, modernen Designerleuchten und Armaturen. Die Neubauten streng kubisch, aber warm mit rotem Holz verkleidet; kühle Rechtecke gegen die vertrauten Winkel alter Dächer und Rundungen alter Steine. Gut gemacht. Dabei zu bezahlbaren Preisen. Das Mittagessen im Restaurant war jedenfalls lecker und sehr günstig.
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