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Samstag, 28. Februar 2009
Gelandet!

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Die Flüge von A‘dam nach Kopenhagen und weiter nach Keflavík waren übliche Routine, wenn man einmal davon absieht, daß die hysterische Filzerei bei den Sicherheitskontrollen, die ohnehin bloß wie ein Placebo für eine tatsächlich nicht zu gewährende Sicherheit die Passagiere in Sicherheit wiegen soll, diesmal ein Glas Marmelade als ein Zuviel an Flüssigkeit ergo potentiellen Sprengstoff beschlagnahmte.
Auch das Wetter bei der Ankunft entsprach durchaus dem in Westisland üblichen: alle zehn Minuten kompletter Kulissenwechsel, von dunkel dräuenden Wolkenwänden zum wirbelnden Ausschütteln von Frau Holles Kissen zu letzten tanzenden Flocken vor einem goldsprühenden Wolkenschleier, den die Sonne zerteilt, bis sie vorübergehend von einem unendlich klar gewaschenen, tiefblauen Himmel strahlt, ehe die nächste Schauerwand heranrückt.
Mit dem Bus durch die nackten Lavafelder zur fünfzig Kilometer entfernten Hauptstadt und dem inzwischen zu kleinen Inlandsflughafen. Zehn Minuten vor dem Abflug lieber am Schalter nachgefragt: Durch welches Gate soll es denn bitte zu der Maschine nach Egilsstaðir gehen? Isländische Antwort: Wissen wir auch noch nicht. Es wird sich zur gegebenen Zeit noch herausstellen.
Es stellte sich heraus, und die Maschine und ihre Besatzung warteten geduldig, bis sich jeder eingefunden und zurechtgesetzt hatte. Die paar Minuten ließen sich bei günstigem Rückenwind leicht wieder hereinholen, und bei heftigem Gegenwind oder einem Vulkanausbruch kam es auf die paar Minuten auch nicht mehr an. Muß wieder lernen, zu internalisieren, daß man im isländischen Winter mit von Menschen nicht zu beherrschenden Faktoren rechnen muß, die das deutsche Bedürfnis nach frühzeitiger Organisation und pünktlich ablaufenden Plänen ein bißchen kleinlich und lächerlich wirken lassen.
Leider starteten wir schon in die beginnende Dunkelheit hinein und konnten trotz der relativ niedrigen Flughöhe der Turbopropmaschine die verschneiten Vulkanlandschaften des Hochlands unten nicht mehr sehen. Ein Ausbruch erfolgte diesmal auch nicht (der letzte, den ich erlebt hatte, lag nun schon fast dreizehn Jahre zurück), aber der Gegenwind war ganz schön heftig und turbulent. Besonders als wir die Reiseflughöhe verließen, geschah das ruckartiger als unseren Mägen lieb war. Immer wieder sackte die Maschine durch und fiel in tiefe, schwarze Löcher. Fahrstuhlfahrt mit Überraschungseffekten. Vor dem Bullauge durchzuckte nur das Stroboskoplicht an der Tragfläche die Schwärze der Nacht. Irgendwann wurde es sogar der Stewardess unheimlich. Jedenfalls erklärte sie über Lautsprecher, daß alles völlig normal und die Maschine den Belastungen spielend gewachsen sei. Auf Englisch klang das bedeutend kürzer: There is nothing to worry about. Als am Boden unten endlich ein paar Lichter auftauchten, gab der Pilot jedoch richtig Schub und wir stiegen noch einmal höher anstatt tiefer zu gehen. Dann schlingerten und sackten wir in drei großen Spiralkreisen der Erde entgegen und setzten butterweich auf einer hart vereisten Landebahn auf. Mann, fliegen können die!

Da der Autoverleih um diese Zeit natürlich längst geschlossen war, sollte der Schlüssel für den Leihwagen in der Flughafencafeteria deponiert sein. Ich fragte das junge Mädchen an der Theke, ob wohl...? Ja, klar. Sie griff nach einem Umschlag auf der Fensterbank und reichte ihn mir ohne jede Formalität. Der Wagen soll irgendwo draußen stehen. - Er stand draußen; direkt vor der Glastür des Ausgangs. Gepäck einladen und los! Die letzten vierzig Kilometer durch die rabenschwarze Neumondnacht. Hinter dem Ort kam uns kein Auto mehr entgegen. Das einzige Licht reflektierte die spiegelglatt vereiste und leicht überschneite Straße. Immerhin war sie seit meinem letzten Besuch vor Jahren asfaltiert worden und keine löchrige Buckelpiste mehr. Sonst leuchteten im Scheinwerferlicht nur ein paar aus dem Dunkel auf uns zu schießende Schneeflocken auf. Und verschneite Bäume, immer mehr. Wir rollten durch das einzige größere Waldgebiet Islands. Irgendwo rechts von uns mußte jetzt der See liegen. Nach ein paar engeren Kurven auf einmal eine Brücke. Wieso schon hier? Nach meiner Erinnerung hätten wir doch fast ganz um den See herumfahren müssen. Aber gut, soll mir nur recht sein. Am anderen Ufer noch wenige Kilometer, und ein Haus kam in Sicht, in dem jedes Fenster erleuchtet zu sein schien. Die “Statthalterin” hatte selbstverständlich auf uns gewartet. Feierabend? Ach, das spielt hier doch keine Rolle, wenn Gäste kommen. Kurzer Rundgang durchs Haus, dann ging sie. Gute Nacht! Danke. Góða nótt!

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