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Freitag, 21. November 2014
Kalte Vögel

Jetzt wäre mein Ärger über unsere scheinheilige Regierungschefin fast so hochgekocht, daß ich meine lange Berichterstattung von ganz weit weg von alledem beinahe unterbrochen hätte. Denn was heuchelte sie gestern in ihrer Stimmungsmache gegen Rußland in polnische Mikrophone: "Für uns sind Nachbarländer Partner und keine Einflusssphären".
Aha, aber gleichzeitig, am selben Tag schlägt der neue "Nachbarschaftskommissar” der EU, ein Herr Hahn aus Österreich, in Belgrad auf und fordert von den Serben ultimativ: Wenn ihr in die EU aufgenommen werden wollt, schließt euch unseren Sanktionen gegen Rußland an. ‟Serbien ist dazu rechtlich verpflichtet.”
Wohlgemerkt, Serbien gehört nicht der EU an. Aber wir haben ja keine Einflußsphären, nur Partner. Man sollte ihr einen nassen Waschlappen um die Schlabberbacken hauen!

Mach doch lieber mal was mit Vögeln! Schrieb mir ein alter Freund, nachdem er den letzten Eintrag gelesen hatte. – Also gut, ‟wie Euer Heiligkeit befehlen”:

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Dienstag, 18. November 2014
Endstation Pine Creek

Die nächste Station war lange eine Endstation: Pine Creek. So klein und unbedeutend, wie es sich anhört. Heute. –
1870 kreuzte hier die erste transkontinentale Telegraphenleitung den Fluss. Mehr wäre nicht zu erwähnen, wenn nicht beim Ausheben der Löcher für die Leitungsmasten ein Bautrupp auf Gold gestoßen wäre. Der unmittelbar ausbrechende Goldrausch war ebenso fiebrig wie kurzlebig, und nachdem die ergiebigsten Claims abgeschürft waren, trieb man in Malaysia, Singapur und Hongkong für 20 £ das Stück gekaufte chinesische Kulis in die Minen. Zehn Jahre später mußten sie Zwangsarbeit beim Bau einer Eisenbahn vom Ausfuhrhafen Darwin landeinwärts leisten. Pläne für eine den ganzen Kontinent durchquerende Bahntrasse scheiterten an den Schwierigkeiten des Geländes, und Pine Creek blieb bis gegen Ende des Ersten Weltkriegs Endstation. Dann aber kehrten etliche Bergbaugesellschaften zurück. So unscheinbar, gesichts- und geschichtslos wie Pine Creek mit seinen kaum 300 Einwohnern (ein Zehntel der Einwohnerzahl vor 1900) auch heute noch aussieht, so ist es doch der einzige Ort für die ganzen Bergleute, die im weiten Umland weiterhin Gold, Silber, Blei, Zink und Uran abbauen und mal etwas anderes sehen wollen als ihre Werkskantine in der trockenen Halbwüste.
Ein paar von ihnen hingen auch in der offenen Bar/Café/Kneipe/Restaurant unter dem heißen Blechdach herum, in der wir Rast machten (die Katze war auch da), und spielten mit ihren Smartphones. Inklusive Billardroom und aborigene-style bemalter Longhornschädel an den Pseudoquaderwänden aus Zement sah der Schuppen ganz wie eine Saloon-Nachbildung aus einem Western aus. Nur der angrenzende Swimming Pool und etliche bunte und aufdringliche Tropenvögel paßten irgendwie nicht ganz ins Bild.

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Montag, 17. November 2014
Firestick Farming

"Firestick Farming” (als Begriff geprägt von einem der Gründerväter der australischen Archäologie, dem Waliser Rhys Jones) erschien uns denn doch als leicht verniedlichender Ausdruck für das in Australien seit Jahrtausenden von Menschen inszenierte großflächige Abfackeln der Vegetation, als diese Rauchwand eines mächtigen Buschfeuers immer näher auf uns zu wallte. Es war Zeit, dass wir uns aus dem Staub machten.

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Sonntag, 16. November 2014
Grüne Ameisen
Werner Herzog hat sie nur gefilmt, ich habe sie gegessen: Grüne Ameisen.
Ihr Hinterleib, frisch vom lebenden Insekt abgebissen, schmeckt wie ein Tropfen konzentrierten Limonensafts.

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Donnerstag, 13. November 2014
Gedanken auf einem Buschspaziergang: Zur Savannentheorie
Spaziergang im Busch. Bei annähernd 40° Hitze; und Busch meint hier nicht schattenspendenden Hochwald, sondern eher offene Gras- und Buschsavanne mit Ansammlungen von etwas mehr als mannshohen Pandanus- oder Schraubenbäumen und lichten Eukalyptushainen, eingerahmt von roten Sandsteinfelsen, die wie hitzereflektierende Backöfen wirken. Das alles unter einer Sonne, die einem auf 12° südlicher Breite fast senkrecht Löcher in die Schädeldecke bohrt, wenn man keinen Hut trägt. Ich schwitze unter dem Hut aber noch mehr, und habe das Gefühl, ihn immer wieder abnehmen zu müssen, um den Hitzestau darunter zu lüften. Seitdem unsere ‟very English rose” Jennifer an einem der ersten Tage in Jowalbinna fast einen Kreislaufkollaps durch Dehydrierung erlitt, haben wir unsere Lektion zum Trinken gelernt, aber trotzdem: die empfohlenen 4 Liter Flüssigkeit am Tag schaffe ich einfach nicht. Statt andauernd eine Flasche an den Hals zu setzen (und anschließend sofort noch mehr zu schwitzen), halte ich es lieber mit dem Rezept der australischen Kamellady Robyn Davidson und trinke morgens einen ganzen Billy Tee, über den Tag nur hin und wieder einen Schluck aus der Feldflasche, um die Kehle feucht zu halten, und dann abends wieder ausgiebig. ‟When the sun and the dry air suck gallons of sweat out of you during the day, the more you drink the more thirsty you become.” Genau diese Erfahrung mache ich auch.
Nanguluwur
An Zoologischem läßt sich bei dieser Hitze und zu dieser Tageszeit nicht viel sehen, die Tiere sind schlauer als wir. Lediglich etwas Avifauna macht sich von Baum zu Baum flatternd oder krächzend bemerkbar. Papageien und Kakadus vor allem, in der weißen und in der schwarzen Variante, Gelbhauben- und Rabenkakadus also. Und wie immer der eine oder andere Schwarzmilan oben in der Thermik kreisend, die Aasvögel des Kontinents. Aber noch bin ich nicht gar für ihn, schreite vielmehr einigermaßen munter fürbaß, denn in der trockenen Hitze und ohne Gepäck fühle ich mich geradezu leicht. (Ans leichte Dauerschwitzen gewöhnt man sich.) Und ich mag diese halboffenen, weiten Savannenlandschaften. Wenn das mal nicht genetisch angelegt ist. Wie es der Evolutions- und Soziobiologe Gordon H. Orians glaubt: Instinktive Vorlieben für bestimmte Landschaftsformen sind ererbte Kondensate stammesgeschichtlicher Erfahrungen: Da geht es uns gut. Und welche Landschaftsform könnte diese gespeicherte Urerfahrung eher in uns auslösen als die Savanne Ostafrikas, in der der moderne Mensch entstanden ist, ein Habitat also, das ihm offensichtlich entgegenkam?
‟Vergleichen wir diese zwanzig Millionen Jahre mit einem Tag, so wären die 6000 Jahre der geschichtlichen Zeit gerade dessen letzte 26 Sekunden und die Neuzeit gar nur seine letzten zwei – gegenüber den Zeiträumen, in denen sich die elementaren körperlichen und seelischen Anpassungen des Menschen entwickelt haben, fielen sie nicht ins Gewicht”, schrieb der unvergessene Dieter E. Zimmer einmal in einem Bericht des Zeit-Magazins über Orians ‟Savannen-Theorie”. ‟Die tropische Savanne, ganz besonders jene mit unregelmäßigen Bodenerhebungen, welche schützende Klippen und Höhlen boten, muß die optimale Umwelt des Frühmenschen gewesen sein”, folgert Orians. ‟Ihr Bild hat er sich bewahrt... als die Bereitschaft, mit positiven Emotionen zu reagieren, wenn er in Landschaften kommt, die ihr ähnlich sind.”

‟Skeptiker werden es nie glauben”, räumt Zimmer ein, aber unser eigener Körper könnte Orians Theorie stützen. Er ist ja, ohne Hilfsmittel wie Heizung, Kühlung, Kleidung etc., auf einen bestimmten Temperaturbereich geeicht. Unser Temperaturoptimum, bei dem unser thermoregulatorisches System überhaupt nicht mit Schutzfunktionen wie Frieren oder Schwitzen in Aktion zu treten braucht, liegt (ich gebe es in Richtung einer bestimmten Adresse nur ungern zu) bei 29 Grad. ‟Zwischen 24 Grad und 35 Grad muß es nur Minimales leisten” – sofern keine hohe Luftfeuchtigkeit wie in tropischen Regenwäldern hinzutritt. ‟Unser ganzer Körper, sein Vermögen der Thermoregulation ist die Erinnerung: Wo es am wenigsten strapaziert wird, fühlt es sich einfach am wohlsten, zieht es ihn am stärksten hin.” –

Funktioniert absolut in meinem Fall. Wie es mir schon auf unserer ersten Australienreise mit der Spinnifex-Savanne im Roten Zentrum erging, so ist auch dieses Kennenlernen und Erkunden der offenen Savanne im Süden des Kakadu-Nationalparks fast wie ein Wiedererkennen. So fremd die einzelnen Tier- und Pflanzenarten auch sein mögen, das Gesamtbild ‟paßt”, es fühlt sich insgesamt überhaupt nicht fremd an. Wie groß die Hitze auch sein mag, durch die geringe, ‟richtige” Luftfeuchtigkeit kann ich sie gut aushalten, mein Organismus fühlt sich nicht niedergedrückt, sondern sogar leicht und frei.
À propos fremde Pflanzenarten: Ich frage mich doch, welche seltsame Art der Felsenbirne da hinten zwischen den Felsen wächst, und gehe näher. Hat sich was mit ‟Felsenbirne”. Wenn die grünen ‟Früchte” reif und braun werden und sich öffnen, sieht man die dichte Watte an Fasern, die sie enthalten. Hier wächst der beste Stoff für Polster- und Matratzenfüllungen: Kapok. Die nach Pappelflaum leichteste Naturhohlfaser der Welt, noch dazu wasserabweisend.

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Montag, 10. November 2014
Ubirr
Wo auch immer die Besucher sich tagsüber in dem riesigen Nationalpark tummeln – seine Fläche ist fast so groß wie das Staatsgebiet von Slowenien (oder Israel ohne die besetzten Gebiete) –, zum Abend hin kommen viele auf dem Affenfelsen von Ubirr zusammen, um andächtig die Farborgie eines Sonnenuntergangs über dem riesigen Schwemmland am Fuß der Felsen zu verfolgen.

Erst kommen sie noch paarweise oder in kleinen Grüppchen den Berg heraufgepilgert, dann knippst man sich ausgiebig gegenseitig oder selbst im weichen, rötlichen Abendlicht und vor dem Hintergrund der weiten Landschaft, doch je tiefer die Sonne sinkt, desto leiser werden die Gespräche, verstummen endlich ganz, und ‟andächtig” ist wirklich das treffende Wort für die Haltung, mit der dann alle das grandiose Schauspiel betrachten, das sich wie viele große Naturereignisse in vollkommener Stille vollzieht.
Der Tafelberg von Ubirr, in dessen Höhlungen die Menschen früherer Zeiten ihre von uns kaum zu deutenden, geheimnisvollen Bilder geritzt und gemalt haben, wird zu einem riesigen Altartisch auf dieser bis zum Horizont und weit darüber hinaus reichenden Ebene, und wir auf seinem Gipfelplateau werden winzige Teilnehmer einer großen, stillen Feier, in der die Natur ihre überwältigende Schönheit vor unseren Augen entfaltet.

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Freitag, 7. November 2014
Ein letztes Mal noch: Bemalte Felsen in Australien
Anbangbang-Galerie, Nourlangie Rock, Kakadu NP
Vielleicht ist man zunächst ein klein wenig enttäuscht, wenn man nach dem Fußmarsch unter stechender Sonne entlang in der Hitze zerspringender Sandsteinfelsen die phantasievolle Bildergalerie von Anbangbang an der Südspitze des Nourlangie-Felsens erreicht und dann erfährt, daß sie gerade einmal fünfzig Jahre alt ist.
Anbangbang ist der größte Felsüberhang der ganzen Gegend, fast schon eine Höhle, aber dadurch entstanden, daß ein riesiger Quarzit-Felsbrocken vom 265 Meter hohen Burrungui oder Nourlangie Rock abbrach und auf zwei anderen Felsblöcken liegen blieb. Die so entstandene, luftige Höhlung nutzten Aborigenefamilien seit Jahrhunderten und länger jeweils in der Regenzeit als Wohnplatz. Spuren und Hinterlassenschaften aus mindestens 6000 Jahren sind ausgegraben worden, doch im 20. Jahrhundert ging diese jahrtausendealte Tradition sehr schnell zu Ende, es kamen keine Menschen mehr, um hier während der Regenzeit zu wohnen, und mit ihrem Ausbleiben drohten auch die mit dem Ort verbundenen und von ihnen mündlich tradierten mythischen Geschichten zu verschwinden. Mit Erlaubnis der Stammesältesten suchte ein bekannter eingeborener Maler namens Najombolmi den Ort im Jahr 1964 noch einmal auf und malte im traditionellen, alten ‟Röntgen-Stil” die Wesen auf den Fels, deren Geschichten er als einer von ganz wenigen noch kannte, den gefährlichen Geist Namandjolk, den Blitzemacher Namarrkon mit Steinäxten an seinen Ellbogen, um Blitz und Donner aus den Felsen zu schlagen, und seine Frau Barrkinj. In Sichtweite des Wohnplatzes liegt der hohe Steilrand des Arnhemland-Massivs. Es ist die Heimat von Namarrkon, und an einer Stelle sind dort drüben in glastiger Ferne drei riesige Säulen aus Sandstein aus der Wand gewittert und stehen fast allein vor ihr. Dieser Platz ist tabu, er ist "Lightning dreaming", der Ort an dem Blitz und Donner entstehen.
Lightning Dreaming, Arnhem Land

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