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Sonntag, 14. Dezember 2014
Diamonds, Zebrarock und eine völlig bekloppte Idee

Lake Argyle, der größte (Stau-)see Australiens. Tiefblau, umgeben von eisenoxydroten Bergen. Erster Eindruck, wenn man zwischen Hügeln mit schwarz verkohlten Stämmen auf ihn zu kurvt und dann die letzte Anhöhe nimmt: Es gibt doch Wasser auf dem Mars.
So fremd erscheint das feuchte Element in dieser rottrockenen Umgebung, und in dieser Menge ist es hier auch fremd, denn der See wurde erst Anfang der Siebziger Jahre aufgestaut. Auch gegenüber den in Schichten aufgebauten kahlen Sandsteinbergen (Bungle Bungle ist nicht weit entfernt) fremdelt man so leicht, daß es mit ihnen eine besondere Bewandtnis haben muß. Man braucht das nicht weiter zu mystifizieren, Geologie reicht schon, um zu zeigen, wie einzigartig dieser Ort ist.
Seit 6-700 Millionen Jahren haben sich im Bett des Ord River Sedimente abgelagert, die durch nicht ganz geklärte Vorgänge aus sehr regelmäßig aufeinander liegenden, abwechselnd roten und weißen Schichten bestehen und im Querschnitt den nur allein hier auf der Welt vorkommenden Zebrastein bilden.
Zebrastein
Dieser dekorative Schmuckstein liegt recht nah an der Oberfläche in Flözen am Ostufer des Lake Argyle, an seinem Südende landeinwärts barg und birgt das Gestein eines über eine Milliarde Jahre alten Vulkanschlots noch viel wertvollere Mineralien, hier hat Rio Tinto bis vor kurzem im Tagebau das weltweit größte Vorkommen von Diamanten ausgebeutet; ein ganzes Fünftel der Weltproduktion oder 670 Millionen Karat im Wert von 6 Milliarden Dollar kamen allein aus dieser Mine, und noch kommen jährlich über 30 Millionen Karat oder 7000 Kilo Diamanten hinzu. Allerdings sind 95% davon nur für industrielle Zwecke geeignet. Aber 350 Kilogramm Schmuckdiamanten pro Jahr, darunter 1 Prozent der besonders begehrten rosafarbenen Diamanten, sind ja auch eine ganz hübsche Ausbeute. Darum geht es jetzt im Untertagebau weiter in die Tiefe.





Die Entwicklungsmöglichkeiten dieses so entlegenen Orts, der zur Zeit von einem Dutzend Menschen und 20.000 Krokodilen dauerhaft bewohnt wird, scheinen darum noch längst nicht ausgeschöpft. Aus strategischen Überlegungen sucht die australische Regierung seit längerem nach Möglichkeiten, den tropischen Norden stärker zu erschließen und zu entwickeln. In diesem Jahr hat nun ein Planungsunternehmen mit dem höchst glaubwürdigen Namen Ecoscape ein Zukunftsprojekt an die Öffentlichkeit gebracht, das vorsieht, ausgerechnet am Lake Argyle eine Planstadt für 150.000 Menschen zu errichten.
"We just thought here's a perfect opportunity and such beautiful scenery", erklärte einer der Planer der Firma blauäugig. Ein internationaler Flughafen soll natürlich auch dazugehören. Um Touristen einzufliegen? Vielleicht auch. Doch manche argwöhnen andere Absichten dahinter. "It's got industries around it, it's got mining and agribusiness, it's got a whole range of different industries which can attract and hold people", sagt Mr Kaesehagen. Und diesen Bergbau- und Agrobusinessunternehmen böte so ein Flughafen natürlich beste Möglichkeiten, um nach Bedarf billige Lohnsklaven aus Südostasien ein- und auszufliegen.
‟The proposal has had a mixed response from locals”, kommentierte ABC-News zurückhaltend. Die Leserbriefe einiger ‟locals” lesen sich weitaus weniger zurückhaltend. Hier zwei stellvertretend in Auszügen:

‟I comment here as one who has spent most of my life in northern Australia, and have spent time in the northwest (Kunnanurra), Top End and now live on the north Qld coast.
First a lesson in the weather. Historically about 70% of the rain that falls on Australia falls north of the Tropic of Capricorn. This figure is likely to increase as the trend, already identified, for the high pressure belt to move southward as the oceans and land warms.
Indentifying Lake Argyle as a significant population centre is perhaps a step too far. It is in the hottest part of northern Australia, and a damn long way from anything else. Between October and March the maximum temperature on most days is over 40, except when it's raining, and from December when the real humidity sets in it's quite stifling.”

‟Having been there recently, I concur that this proposal is madness. The temperature was 28-30 degrees in the middle of a Southern winter. Few sane Southerners are going to live there in the wet season. The distances to everywhere else in Australia are immense. Few urbanites would move there. – Try again Ecoscape, stop being delusional!”

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Freitag, 12. Dezember 2014
Lake Argyle, Kimberley
Lake Argyle, Kimberley, NT
Ach, einmal geht es auch ohne Worte, oder?

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Mittwoch, 10. Dezember 2014
Über die Grenze nach Westaustralien

Und dann fuhren wir über die Grenze. Jawohl. Mitten in der Halbwüste westlich von Timber Creek tauchte ein Kontrollposten mit Schlagbaum, Wachhäuschen, Kontrollkameras und allen Schikanen auf. (Fotografieren verboten!) Es gibt ein interessantes Blog im Netz, das den Titel trägt ‟Africa is a country”. Wir dachten ‟Australia is a country”. Weit gefehlt, an der Grenze zwischen dem Northern Territory und dem Bundesstaat Westaustralien wird man rund um die Uhr kontrolliert. Ein Zöllner stellte die üblichen dummen Fragen von Grenzern: ‟Transportieren sie Sprengstoff? Sind sie Mitglied einer terroristischen Vereinigung? Haben Sie ein Glas Honig im Gepäck? Haben Sie etwa Pflanzensamen in den Profilrillen ihrer Schuhsohlen versteckt?” Er hakte unsere Antworten auf seinem Klemmbrett ab und verlangte dann, hinten in den Wagen gelassen zu werden, um unsere Aussagen zu überprüfen. Er kroch uns also hinten rein und öffnete tatsächlich auch noch die Kühlbox und wühlte sie nach versteckten Äpfeln und anderem schädlichen Obst durch. Aber den Apfel der Erkenntnis bewahren wir nicht im Kühlschrank auf.

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Sonntag, 7. Dezember 2014
Kurzer, holpriger Abstecher ins Präkambrium

So propper sah unser rollendes Zuhause noch aus, als wir an der Abzweigung zum Gregory Nationalpark die Asphaltstraße verließen. Am Ende der folgenden langen Piste, die anfangs noch freundlich aus rotem Schotter bestand, mußte der solide, kraftvolle und verläßliche Hilux dann zeigen, wieviel Achsverschränkung er aufbringen kann, denn das letzte Stück des Wegs, bis die Piste in der Limestone Gorge endete, war nur noch ein schmaler Hohlweg (oder ein ausgetrocknetes Bachbett) mit engen Kehren und aus blanken Felsbuckeln mit tiefen Rinnen dazwischen. Dabei bestand die Landschaft ringsum weitgehend aus offener, leicht hügeliger Savanne mit gelb verdorrten Gräsern, dornigen Akazien und den charakteristischen australischen Baobabs (Adansonia gregorii) und lud zum Wandern ein (so lange man mit der Hitze klar kam), nur für Fahrzeuge war sie nie gedacht.

Australischer Baobab (Adansonia gregorii)

Zu einer Zeit, als die Atmosphäre der Erde noch zu giftig und lebensfeindlich für Sauerstoff atmende Wesen war, lag hier flacher Meeresboden des Urozeans. Die Limestone Gorge ist eine der seltenen Stellen auf der Erde, wo man noch fossile Stromatolithen sehen kann – die ältesten Spuren von Leben, die es auf unserem Planeten gibt, ‟our singular visual portal into deep time on earth, the emergence of life”. In Stromatholiten sind die zu Stein geronnenen Überreste von bis zu 3,8 Milliarden Jahre alten Organismen erhalten. Mit anderen Worten aus der Frühzeit der Erde, dem Präkambrium. ‟Es umfasst den Zeitraum von der Entstehung der Erde vor etwa 4,56 Milliarden Jahren bis zur Entwicklung der Tierwelt [...] Der genaue Zeitpunkt der Entwicklung des Lebens ist nicht bekannt. Jedoch weisen etwa 3,8 Ga (Ga=Jahrmilliarde) alte Gesteine auf Inseln westlich von Grönland auf einen organischen Ursprung. Es gibt daneben gut erhaltene fossile Bakterien, nämlich als Stromatolithen vergesellschaftete Cyanobakterien (früher als Blaugrünalgen bezeichnet) mit einem Alter von 3,46 Ga, die in Westaustralien gefunden wurden.” (Wikipedia). Und da liegen sie zu unseren Füßen im Steppengras, die versteinerten Kohlköpfe vom Beginn der Welt. Auf manchen sieht man noch Riffel, die vielleicht die Wellen des Urozeans vor dreieinhalb Milliarden Jahren hinterlassen haben.


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Donnerstag, 4. Dezember 2014
Buschfeuer

Kakadu, Ubirr, Nitmiluk mit der Kathrine Gorge – es sind im Wortsinn zauberhafte Orte hier oben am nördlichen Top End Australiens, wir könnten noch Wochen verweilen, herumlaufen und täglich Neues entdecken, aber wir haben auch noch viel vor, weit mehr als tausend Kilometer müssen wir noch unter die Räder nehmen, um allein unser nächstes Etappenziel zu erreichen: die Perlenstadt Broome am Indischen Ozean.

Der erste Abschnitt ist einfach, immer den Highway entlang Richtung Südwesten, Westaustralien und der Kimberley-Region entgegen, der heißesten Gegend auf der Südhalbkugel. Er deutet aber schon einmal an, was uns dann später, wenn wir nur noch über Staubpisten durch den Busch fahren wollen, noch erwarten könnte. Als wäre es nicht schon heiß genug, geraten wir unterwegs in ein Buschfeuer. Zum Glück steht der Wind von uns weg, so hält sich der Rauch in Grenzen, und die Flammen fressen sich knisternd und knackend von der Straße weg in den Busch. Trockenes Gras und niedriges Gebüsch werden von den Flammen verzehrt, die Pyrophyten unter den höheren Bäume bleiben mit schwarz verkohlten Stämmen stehen und werden beim ersten Regen mit neuer Kraft wieder ausschlagen.

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Sonntag, 30. November 2014
Nitmiluk - Ort der Zikaden

Nitmiluk – Ort der Zikaden. An diesem Morgen hielten sie noch andächtig die Singmuskel still. Es hätte sonst ein schrilles Höllenkonzert gegeben, denn der Wasserstand in der Schlucht des Katherine River lag sechs Meter unter dem Niveau in der Regenzeit, und die engen Wände hätten den schreihalsigsten Schalltrichter gebildet. Aber es war ruhig, wunderbar ruhig.

Das Dahingleiten im Wasser, ein leises Aufplätschern das einzige zu hörende Geräusch. Keiner machte so viele Worte wie ich jetzt im Nachhinein. Es gab zu viel zu sehen und aufzunehmen. Klüfte, Rinnen im brüchigen Gefels, ausgewaschene Felströge, Katarakte, durch die zur Regenzeit Wasserfälle schießen, zusehen, wie das Licht der noch hinter der östlichen Felswand höher steigenden Sonne die Westwände hinabwanderte und dabei das schattige Grau der Dämmerung in zahllosen Rot- und Gelbtönen aufflammen ließ, einzelne dünnstämmige Bäumchen, die sich in lebhaftem Grün in Felsvorsprünge krallten; hinter einer Biegung schwamm zur Mahnung eine Krokodilfalle am Ufer. Den Biestern war die Morgenluft noch zu kühl, sie ließen sich nicht blicken, sondern blieben im wärmeren Wasser auf Tauchstation. Doch dann kam sie, die Sonne, stieg rauschend über die Schluchtwände empor und übergoß uns und alles mit flüssigem Rotgold, und es war über alle Maßen prächtig, zumal der Himmel noch für eine Weile den klarblausten Hintergrund dazu lieferte.



Krokodilfalle


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Dienstag, 25. November 2014
Wie am Anbeginn des ersten Morgens
Das Aufwachen im australischen Busch um diese Jahreszeit ist etwas Feines für die Sinne.

Eine der zahlreichen unbekannten Vogelstimmen dringt als erstes in dein Unterbewußtsein. Ein stetig wiederholter Ruf nistet sich darin ein, gibt dir seinen Rhythmus vor: Du hörst, hörst nicht, hörst. Deine Haut fühlt, daß es im Lauf der Nacht abgekühlt ist, und du ziehst zum ersten Mal deine Decke bis zu den Schultern hoch, wickelst dich behaglich in deine Körperwärme, den Gesang der Vögel und die noch herrschende Dunkelheit.
Deine Nase registriert, daß der Rauchgeruch der Buschfeuer nicht mehr in der Luft hängt, es riecht frisch, ein wenig feucht wie nach Morgennebel. Dann wird es heller vor deinen Augenlidern. Du bist längst wach, schlägst aber erst die Augen auf, als ein erstes Bündel goldener Sonnenstrahlen durch die Laubkronen auf deine Lichtung trifft.
Du setzt dich auf und siehst und hörst und riechst und fühlst und bist lebendig und mitten in diesem Leben, und das ist es.




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