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Sonntag, 15. April 2012
Eugenik, Mission, Plutonium und andere Segnungen
der Weißen für Aborigenes
Die Vesteys und andere Großgrundbesitzer, Bergbauunternehmen und Rohstoffkonzerne beute(te)n die Arbeitskraft der Aborigenes und ihr Land aus, zerstörten ihre Wasserlöcher, rassistisch durchgeknallte Weiße und Polizisten wie Willshire knallten sie ab wie flüchtende Kaninchen, Sozialdarwinisten wie Chatterton-Hill, Pitt-Rivers oder auch Walter B. Spencer erklärten sie (etwas vorschnell) zu einer ohnehin aussterbenden Rasse, deren Untergang man nicht künstlich verlangsamen solle, Theoretiker wie Freud und Durkheim benutzten sie (ohne sie jemals zu Gesicht bekommen zu haben) als Belegmaterial für ihre Theorien, das britische Militär nutzte ihnen “auf ewig” zugesicherte “Schutzgebiete” als Raketentestgelände und hinterließ nach seinen Atomversuchen kiloweise Plutoniumstaub auf Gelände, das den Aborigenes dann großzügig “rückerstattet” wurde, Sozialbehörden ließen ihnen (unter anderem auch auf Wave Hill) systematisch die Kinder wegnehmen, die sie (freiwillig oder erzwungen) von weißen Vätern hatten, um sie in Zwangsinternaten zu vermeintlich überlebensfähigeren, weil “zivilisierteren”, billigen Arbeitskräften zu erziehen und ihnen durch Zuchtwahl nach und nach die schwarzen Gene auszumendeln! Vor allem aber fürchteten die Weißen, daß die Mischlinge in Zentralaustralien bald zur Bevölkerungsmehrheit und sie selbst zur Minderheit werden könnten.

Mit dem Northern Territory Aboriginals Act 1910 wurde das Amt eines Chief protector of Aborigines eingerichtet, der als “legal guardian of every Aboriginal and every half-caste child up to the age of 18 years” die Macht und Befugnis erhielt, jeden Aborigene oder Mischling in ein Reservat oder eine Anstalt für Ureinwohner einweisen zu lassen.
1912 ernannte die Regierung den berühmten Professor Walter Baldwin Spencer zum Chief Protector. Genau jenen englischen Anthropologen, der 1894 mit der Horn-Expedition durch Zentralaustralien gezogen war und anschließend zusammen mit dem de facto Verwalter Zentralaustraliens, Francis Gillen, von den Arrernte oder Aranda eingeladen worden war, ihren Riten beizuwohnen, um der Welt der Weißen ein Bild von ihren Vorstellungen zu vermitteln. Das daraus resultierende Buch Native Tribes of Central Australia (1899) wurde eine Sensation in der gesamten wissenschaftlichen Welt. Nicht nur Durkheim (Die elementaren Formen des religiösen Lebens, 1912) und Freud (Totem und Tabu, 1913) bedienten sich unmittelbar daraus. “It is undoubtedly to Spencer and Gillen that we owe the major part of our knowledge about Australia”, schrieb Bronislaw Malinowski 1913 in seiner Studie The family among the Australian aborigenes (S. 128).
Spencer trug das Buch zunächst den Titel eines Ehrendirektors des australischen Nationalmuseums und die Mitgliedschaft in der Royal Society ein. In seinem Jahr als “Oberster Beschützer” der Aborigenes ordnete er dann im Northern Territory die Errichtung von Erziehungs- und Arbeitslagern für die Ureinwohner an, denen er seine Karriere zu großen Teilen zu verdanken hatte.

“No half-caste children should be allowed to remain in any native camp, but they should all be withdrawn and placed on stations... even though it may seem cruel to separate the mother and child, it is better to do so, when the mother is living, as is usually the case, in a native camp.”
(Zit. nach: Bringing them Home. Report of the National Inquiry into the Separation of Aboriginal and Torres Strait Islander Children from Their Families, April 1997. Daraus auch die folgenden Zitate.)

In Alice richtete der Ortspolizist Robert Stott als Vertreter des “Beschützers” (und als der “ungekrönte König von Zentralaustralien” bekannt) 1914 neben der Polizeiwache eine Wellblechhütte ein, wo er Halbblutkinder einsperren und “erziehen” ließ. In den 1920er Jahren waren 50 Kinder und 10 Erwachsene in inzwischen drei Hütten untergebracht. “Wir haben uns Essen von der Müllkippe geholt”, gab einer von ihnen später zu Protokoll und fuhr fort: “culture was really lost there, too. Because religion was drummed into us, y'know, when we'd be out there and we'd have knuckle-up and that, we were that religious we'd kneel down in prayer ... We had to pray every time you swear or anything, you'd go down on your hands and knees ... they pumped that religion into us.”

Besonders der letzte Satz setzt sich in einem fest:
“they pumped that religion into us.”

Etwas diplomatischer, aber in die gleiche Richtung zielend, drückt es auch der Adelaider Historiker Nic Klaassen auf seiner Homepage zur Geschichte Südaustraliens aus:

“It has often been said that missions and missionaries, of whatever religion, have done more harm than good among the Aboriginal population of Australia. There is much evidence to support that statement.”



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Dienstag, 10. April 2012
"Niemandsland"


Landvermesser, Prospektoren und Viehtreiber drangen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts immer weiter ins Zentrum Australiens vor, und es kam nicht selten zu bewaffneten Zusammenstößen mit – oder zutreffender gesagt: Massakern an den hoffnungslos unterlegenen Ureinwohnern. Bei Moorundie am Murray River knallten Weiße 1839 mal eben dreißig Aborigenes über den Haufen. Der vom südaustralischen Gouverneur darauf zum “Resident Magistrate and Protector of Aborigines on the Murray River” ernannte Grundbesitzer John Eyre hielt in seinem Tagebuch fest:

“the only idea of the men was retaliation, to shoot every native they saw [...] if nothing be done to check it, the whole of the Aborigonal tribes of Australia will be swept away from the face of the earth.”
(Edw. John Eyre: Journals of expeditions of discovery into Central Australia, 1845)

Eyre sollte recht behalten. Nur wenige Jahrzehnte später waren bereits ganze Stämme ausgerottet. Bei einer einzigen sogenannten “Strafaktion” ließ der Chef der berittenen Polizei von Alice Springs, William Willshire, mehr als 150 der in der Umgebung lebenden Arrernte massakrieren. Insgesamt sollen während seiner Amtszeit zwischen 500 und 1000 Eingeborene umgebracht worden sein.



Wie man einen ganzen Erdteil trotz offensichtlich vorhandener Bewohner kurzerhand zur Terra nullius erklärt und dementsprechend zweihundert Jahre lang mit Land und Bewohnern zu verfahren beliebt, läßt sich in groben, aber sehr deutlichen Zügen in Sven Lindqvists gleichnamigem (leider noch nicht auf Deutsch, aber wenigstens auf Englisch erschienenen) Buch aus dem Jahr 2005 nachlesen, das so etwas wie eine Chronik der weißen Verbrechen an den Aborigenes darstellt.
Am Beispiel der Wave Hill-Farm im Northern Territory zeichnet Lindqvist in wenigen Strichen paradigmatisch nach, was im Innern Australiens passiert ist. Die Farm umfaßt Weideland von annähernd 100.000 km². Das ist dreimal so groß wie Belgien. In den 1880er Jahren wurde es dem Aboriginevolk der Gurindji einfach weggenommen. Es war ja offiziell Niemandsland, Terra Nullius. Der Wikipedia-Artikel über den Gurindji strike schreibt zu der brutalen Enteignung:

“Aboriginal groups in this predicament found their waterholes and soakages fenced off or fouled by cattle, which also ate or trampled fragile desert plant life, such as bush tomato. Dingo hunters regularly shot the people's invaluable hunting dogs, and kangaroo, a staple meat, was also routinely shot since it competed with cattle for water and grazing land. Gurindji suffered lethal "reprisals" for any attempt to eat the cattle – anything from a skirmish to a massacre. The last recorded massacre in the area occurred at Coniston in 1928.”




Zu der Zeit befand sich das Land längst im Besitz der Vesteys. Sie hatten sich aus einem Liverpooler Fleischerladen ins britische Oberhaus und zu einem Adelstitel hochverdient. Das Geheimnis ihres Erfolgs hieß Kühlfleisch. Sie kauften Viehfarmen in Südamerika, Neuseeland und Australien und verschifften das Schlachtfleisch tiefgekühlt in Schiffen ihrer firmeneigenen Reederei nach England. Für seine Versorgung Englands mit argentinischem Rindfleisch während des Ersten Weltkriegs wurde William Vestey zum Baron erhoben. Da ihm eine ausnahmsweise Befreiung von der Einkommenssteuer jedoch leider nicht bewilligt wurde, verlegte er den Firmensitz zeitweilig nach Buenos Aires, nach Chicago, dann nach Paris, während die Firma weiterhin den englischen Groß- und Einzelhandel dominierte. Die Vesteys waren frühe global player, deren Imperium 1995 teilweise zusammenbrach, inzwischen aber wieder einen in siebzig Ländern operierenden Privatkonzern, die Vesteys Group, darstellt. Der heutige (3.) Lord Vestey besitzt natürlich ein Londoner Stadthaus im vornehmen Viertel Belgravia, seit 1921 den 24 km² großen Landsitz Stowell Park in Gloucestershire und ein Ferienhaus in Nizza; ein geschätztes Privatvermögen von 650 Millionen Pfund nicht zu vergessen, was seinen präsumptiven Nachfolger William Guy Vestey auf Rang vier einer vom Guardian erstellten Liste der reichsten Erben Englands bringt.




Dieses gewaltige Vermögen rafften die Vesteys u.a. mit brutalster Ausbeutung ihrer Landarbeiter zusammen. Ein Untersuchungsausschuß der Regierung des Northern Territory hielt noch 1930 schriftlich fest, “that they [die Vesteys] had been ... quite ruthless in denying their Aboriginal labour proper access to basic human rights.”
Der Aborigene Billy Bunter Jampijinpa, der damals auf Wave Hill Station lebte, erklärte:

“We were treated just like dogs... We lived in tin humpies you had to crawl in and out on your knees. There was no running water. The food was bad – just flour, tea, sugar and bits of beef like the head or feet of a bullock. The Vesteys mob were hard men. They didn't care about blackfellas.”

Weißen Farmarbeitern wurden dagegen wenigstens der gesetzliche Mindestlohn gezahlt und menschenwürdige Unterkünfte zur Verfügung gestellt. “In der Praxis betrieb man die Fleischproduktion Nordaustraliens mit eingeborener Arbeitskraft, die man mit dem Zugeständnis bezahlte, auf dem Land wohnen bleiben zu dürfen, das man ihr vorher gestohlen hatte”, bringt Lindqvist das System auf den Punkt.

1966 begannen die Gurindji einen Streik mit dem ultimativen Ziel, ihr Land zurückzubekommen. Dieser Streik hielt neun Jahre lang an und wuchs zu einer nationalen Angelegenheit, die die Rechtssprechung ganz Australiens zu den Landrechten änderte. 1975 erhielten die Gurindji von Premierminister Whitlam etwas mehr als 3000 km² ihres Landes (also gerade einmal 3% vom Gesamtbesitz der Wave Hill Station) rückübereignet. Anregungen, endlich vernünftige Wohnbedingungen und Sozialleistungen für die schwarzen Arbeiter zu schaffen, lehnte Vesteys ab und investierte stattdessen in Hubschrauber und Road trains. Die Arbeiter wurden entlassen und sind seitdem arbeitslos. So macht man das, wenn die Lohnsklaven nicht spuren, wie seine feine Lordschaft in London oder New York oder Nizza oder auf der Privatjacht das will.



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Samstag, 7. April 2012
Auf dem Weg nach Hermannsburg, N.T.

Am nächsten Tag versuchten wir, wenigstens bis Hermannsburg durchzukommen. Es liegt ja kaum 130 Kilometer von Alice entfernt; ein Katzensprung, und die beiden Zufahrtsstraßen, der Larapinta Drive oder der nördlich davon am Fuß der Macdonnel Range nach Westen führende Namatjira Drive, sind größtenteils asphaltiert, doch ab und zu von einigen rostroten Schotter-und-Staub-Abschnitten mit üblen Schlaglöchern, Waschbrettern oder tief ausgefahrenen Spurrillen unterbrochen. Diese Abschnitte sahen jünger aus als die Asphaltstrecken; als hätte man die Straße an den ausgesetztesten Stellen dem Flugsand aus der Wüste überlassen oder die Asphaltdecke sogar wieder abgerissen. Jedenfalls war es gut, den Allradantrieb zu haben. Der Wagen rollte und rollte, vorbei an überfahrenen Kängurus und winzig kleinen Melonen, die wild gleich neben der Fahrbahn wuchsen. Sie schmeckten noch sehr bitter.

Das lange Fahren durch die gleichförmig karge Landschaft – im Norden das skoliotische Rückgrat der Bergkette, nach Süden eine verstaubt grüne Savanne mit locker stehenden Bäumen und leeren Flecken roter Erde dazwischen – ließ mehr als genug Zeit, sich im Anrollen Paster Harms, den ollen Knasterkopp, vorzustellen, wie er mit der langstieligen Pfeife in der Hand bequem im grünen Hermannsburg an der Örtze, nicht weit von Bergen-Belsen entfernt, auf seinem Ohrensessel saß und schmauchte wie Lehrer Lämpel, während seine von ihm ausgebildeten “Kinder” draußen in der heißen Welt unter auszehrenden Entbehrungen versuchten, den Hottentotten in Afrika und den Kanaken in der Südsee und Australien endlich den rechten Glauben beizubringen und so auch ihre Seelen zu retten.
Der so deutsch klingende Name und der Ort im Outback gehen tatsächlich auf das gleichnamige Hermannsburg in der Lüneburger Heide zurück. Dort gründete der Prediger Ludwig Harms, wenigen noch als der “Erwecker der Heide” bekannt, 1849 ein Missionsseminar. Es sollte vor allem ungebildeten Bauernsöhnen aus der Umgebung in der Nach-‘48er Zeit ein festes, restauratives Weltbild, eine Aufgabe und eine berufliche Perspektive bieten. Bei den eigenen Vorgesetzten in der hannoverschen Landeskirche war Harms seit längerem verpönter pietistischer Neigungen verdächtig. Er selbst verstand sich vor allem als strenggläubiger Lutheraner und politisch als Antidemokrat. So verwahrte er sich strikt gegen jede Art von Mitbestimmung oder gar die 1848 eingeführte Wahl von Kirchenvorständen und sonstigen “demokratischen Kram”. Seine Schüler, die “Kinder”, mußten ihm einen persönlichen Treueid leisten und ihn mit “Vater” anreden. Er unterwarf sie einem strikten Regiment mit einem von morgens bis spätabends streng klösterlich geregelten Tagesablauf. Doch als der erste Jahrgang seiner jungen Missionare vom Konsistorium der Landeskirche examiniert werden sollte, stellten die Prüfer eklatante Wissenslücken besonders auf geistlichem Gebiet fest. In allen anderen Fächern lautete die Note ohnehin: “defectus scientiae”. Pastor Harms focht das nicht an. Er war der Meinung, seine Bauernmissionare sollten mit Axt und Mistforke womöglich besser umgehen können als mit Buch und Feder und schickte sie mit der im Auftrag der Mission gebauten Zweimastbark Candace 1853 zunächst nach Ostafrika. (Ja, sie ist Namengeber und Vorbild für das Schiff, das 1969 mit Missionaren an Bord als Königin Kandace in der Schule der Atheisten Schiffbruch erleidet: "Hier sitz'Ich; hier will Ich fossilisieren." - "Auf einer Reise ist Àlles intressant; sèlbst das UnIntressante".) Der noch im 19. Jahrhundert die ostafrikanische Küste beherrschende Sultan von Maskat und Oman verweigerte den deutschen Missionaren allerdings die Landeerlaubnis, und so fuhren sie zurück nach Südafrika und errichteten in den Bergen von Natal eine erste Missionsstation mit Namen Hermannsburg. Eine zweite wurde 1864 in der indischen Provinz Madras gegründet. Beide standen unter peinlichster Aufsicht des Stammhauses in der Heide und mußten für jede Anschaffung, und sei es nur ein Buch, bei Harms brieflich um Genehmigung nachsuchen.

Im Jahr seines Todes, 1865, erhielt Ludwig Harms einen Brief aus Australien. Dort hatte John McDouall Stuarts erste Durchquerung des Kontinents die Aufmerksamkeit auf das riesige unerschlossene Innere gelenkt und den Missionaren neue Betätigungsfelder zur Bekehrung der unwissend im Heidentum befangenen Schwarzen dort aufgezeigt. Das mildtätige Werk der Heidenmission auf dem Fünften Kontinent sollte in ganz überproportionalem Maß von Deutschen betrieben werden. In den ersten sechzig Jahren der weißen Besiedlung wurde die Hälfte von sechzehn Missionsstationen von Deutschen eingerichtet und unterhalten. Einer der Gründe mag gewesen sein, daß deutsche Staaten zu der Zeit noch keine eigenen Kolonien besaßen, während englische Missionare sich im riesigen britischen Empire angenehmere Posten als im australischen Outback aussuchen konnten. Zudem standen die Protestanten in Preußen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Druck des Königs, die lutherische und die reformierte Konfession zu einer “unierten” Kirche zusammenzulegen. Nicht wenige Pfarrer und Gemeinden weigerten sich und wollten in jenen Jahren der Massenauswanderungen lieber Deutschland verlassen. Das galt u.a. auch für die altlutherische Gemeinde im brandenburgischen Klemzig (heute Klepsk in Westpolen). Ihr Pastor, August Ludwig Christian Kavel, reiste Anfang 1836 nach Hamburg, um Möglichkeiten eines Exodus’ seiner Gemeinde nach Rußland oder Amerika zu sondieren. Dort hörte er, daß man für die erst zwei Jahre zuvor formell gegründete Kolonie Südaustralien dringend Siedler suchte, und reiste weiter nach London, um George Fife Angas zu treffen, den Vorsitzenden der South Australian Company, die in der Kolonie Land erwarb und an integre Siedler weiterverkaufte. (Die Deportation oder Einreise von Sträflingen nach Südaustralien war, anders als im Rest Australiens, gesetzlich verboten.)

Von November 1838 bis Januar 1839 landeten vier englische Schiffe mit knapp 600 deutschen Emigranten aus Klemzig in Adelaide. 1841 folgten noch einmal 224 Auswanderer. Sie gründeten um Adelaide fünf Dörfer, und die deutsche Gemeinde in Südaustralien gedieh und suchte für die ständig wachsende Zahl ihrer Mitglieder Pastoren bei den diversen Missionsgesellschaften in der alten Heimat, darunter auch in Hermannsburg. Am 27. Juli 1865 schrieb Harms seinem Superintendenten Karl Hohls nach Südafrika, daß Gott ihrer Mission ein neues Einflußfeld eröffnet habe. Im Inneren von “Neu-Holland” seien zahlreiche Eingeborenenvölker entdeckt worden, die als lernfähig gälten. Zwölf lutherische Gemeinden dort hätten ihn dringend ersucht, Missionare für die Heidenmission zu entsenden. (Ludwig Harms: In treuer Liebe und Fürbitte, Gesammelte Briefe von 1830 - 1865, Münster, 2004)

Am 24. August 1866 trafen die ersten fünf Hermannsburger in Adelaide ein, vier Missionare und ein Schmied, der ihnen als Gehilfe zur Hand gehen sollte, Hermann Heinrich Vogelsang aus Osnabrück.
Kein Mitglied der Südaustralischen Missionsgesellschaft hatte das Innere des Landes je mit eigenen Augen gesehen, aber sie beauftragten die beiden neuen Missionare Johann Friedrich Gößling und Ernst Homann, mit Vogelsang und einem weiteren deutschen Laienbruder namens Ernst Jacob am Killalpaninna oder Lake Hope im Lake Eyre-Becken 720 Kilometer nördlich von Adelaide eine Missionsstation für die Eingeborenen zu errichten. In dem Jahr hatte es vergleichsweise viel geregnet, und der See enthielt sogar Wasser. Doch das änderte sich in den folgenden Hitzeperioden. 1871 kehrte Homann händeringend an die Küste zurück, um seine Vorgesetzten von der Unhaltbarkeit der Lage zu überzeugen. Vergeblich. Man schalt ihn einen Kleingläubigen und schickte einen Brunnenbohrer und einen Ersatzmann in die Wüste. Der kapitulierte nach zwei Jahren ebenfalls. Heinrich Vogelsang und seine Frau hielten als letzte aus, doch die Missionstätigkeit am Lake Hope kam 1873 zum Erliegen.

Wir hatten auch so ein Ausnahmejahr erwischt, denn die schwarz verkohlten Baumstämme draußen trugen alle frisches Grün. In einigen flachen Senken standen sie sogar mit den Füßen in bräunlich-violettblau schimmernden Wasseransammlungen. Die Herzogin mußte glatt aussteigen und ein kleines Tänzchen vollführen. (Das darf ich aber im Bild nicht zeigen. Darum hier eins ohne savannengrasbehüpfende Elfe.)


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Mittwoch, 4. April 2012
Wüste wegen Überschwemmung geschlossen

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Sonntag, 1. April 2012
The Ghans


Nachdem wir im LandCruiser die defekte Kühlbox gewechselt hatten, verließen wir Alice am nächsten Morgen in südlicher Richtung. Ein kurzes Stück liefen noch die Schienen der Central Australian Railway neben der Straße her. Auf ihnen fährt ein- bis zweimal pro Woche der legendäre “The Ghan” von Adelaide nach Alice und nach 126 Jahren des Planens und Wartens (Baubeginn 1878) seit 2004 von dort weiter nach Darwin an der Timor-See.


Die Trasse von Oodnadatta nach Alice wurde erst 1929 fertiggestellt. Bis dahin transportierte man Passagiere auf dieser Strecke auf Kamelen.“For 50 years the old Ghan bumped and banged twice a month to Alice Springs over a poorly planned combined jumble of broad and narrow gauge tracks. Prior to 1929 passengers made the final lap by camel.” (New York Times, 16.9.1990)
Die ersten Kamele und ihre Treiber holte man aus dem damaligen Britisch-Indien. Es waren Inder, Türken, Ägypter und Perser darunter, doch egal, wo sie wirklich herkamen, die Australier nannten sie allesamt Afghanen und behandelten sie kaum besser als die Aborigenes, dabei leisteten die "Ghans” einen wichtigen Beitrag zur Erschließung des Landesinneren. Nach ihnen ist nun immerhin der Zug benannt, dessen Trasse sie erkundeten und an deren Bau sie mitarbeiteten. Im Red Kangaroo Bookshop in Alice hatten wir mindestens fünf großformatige Bücher über sie gesehen. Noch eine historische Schuld, die erst heute aufgearbeitet wird.


Wir fuhren den Highway entlang, der nach John McDouall Stuart benannt ist. Er war ein kleiner, zäher Schotte, der in den Jahren 1858-62 als erster Weißer den gesamten australischen Kontinent von Süd nach Nord durchquerte und halb blind und skorbutgeschädigt, aber lebend nach Adelaide zurückkehrte. Er fand die einzige Route, auf der man unterwegs genügend Wasser zum Überleben finden konnte. 1872 folgte man ihr, um die erste transkontinentale Telegrafenleitung zu bauen. Durch sie und ihren Anschluß an ein Tiefseekabel nach Java verkürzte sich die Verbindung zum englischen Mutterland von Monaten auf Tage.

Der Stuart-Highway folgt in etwa der alten Route und ist heute ein 1500 Kilometer weit nach Süden führendes, bequem breites Asphaltband, über dem die Hitze in Schlieren flimmert. Auf den 200 Kilometern bis Erldunda kamen uns genau fünf Fahrzeuge entgegen, zwei davon sogenannte “Road Trains”, überlange LKWs mit drei großen Anhängern. Ihre Fahrer sind über alles erbost, was sie zum Ausweichen oder gar Anhalten zwingen könnte, wie etwa ein am Straßenrand haltender Jeep, dessen Fahrer ihm unbekannte Gräser und andere Pflanzen fotografiert.
Wir hatten uns das Outback als Wüste aus rotem Staub vorgestellt, aber die Wüste war grün.
Die rote Erde war von einemTeppich aus frischem Gras überzogen, und auch die von den letzten Buschfeuern schwarz verkohlten Stämme der Bäume hatten wieder ausgeschlagen und waren voll grüner Triebe und Blätter. Mit Abstand die häufigsten höheren Pflanzen waren der unverwüstliche Rundblättrige oder Blaugrüne Salzbusch (Atriplex nummularia) und die Desert Oaks aus der Familie der Kasuarinengewächse (Allocasuarina decaisneana). Sie sind feuerresistent und gedeihen in wasserarmen und heißen Gegenden, weil sie sehr tief reichende Wurzeln haben, ihre Blätter hingegen so zurückgebildet sind, daß man die dünnen Zweige für Nadeln halten könnte. Junge Wüstenkasuarinen stehen wie überdimensionierte Flaschenbürsten in der Landschaft. Erst die älteren Bäume bilden so etwas wie eine schüttere Krone aus. Zur Verbreitung werfen sie mit stacheligen Zapfen um sich, die mittelalterlichen Streitkolben ähneln.
Aus der Wüste war nach ergiebigen Regenfällen eine blühende Savanne geworden.
Jeder, der uns am Abend zurück in Alice nach unserem ersten Ausflug in die “Wüste” fragte, wies uns nachdrücklich darauf hin, in welchem Ausnahmezustand wir das Land erlebten. Wie viel Regen in den Tagen vor unserem Eintreffen gefallen war, erfuhren wir erst, als wir uns nach dem Zustand der Offroad-Pisten erkundigten. Die allermeisten von ihnen waren selbst für geländegängige Fahrzeuge gesperrt, wegen Überflutung! Oder weil der rote Staub zu einem bodenlosen Morast geworden war, aus dem sich auch Allradler nicht mehr eigenständig herauswühlen konnten. In den nächsten Tagen sollte dieser Schlamm unter der heißen Sonneneinstrahlung betonhart ausbacken.

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Freitag, 30. März 2012
Zum roten Zentrum









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Samstag, 24. März 2012


Verbringe mehr Zeit damit, auf Reisen neue Eindrücke zu sammeln, als darüber zu schreiben. Das ist gut und schön für den Fahrtenbuchschreiber, weniger gut für die Leser. Die Einträge über Samoa aber sind jetzt abgeschlossen (s.u.).
Hier noch ein Abendbild mit Wolkenschiff zum Abschied von der Südsee, der mittlerweile schon ein paar Wochen zurückliegt. Sind inzwischen einige Tausend Meilen weitergesegelt.

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