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Mittwoch, 17. März 2010
Lichtblick II

Wärmende Sonnenstrahlen, 12° auf dem Balkon: es sieht so aus, als sei dem Winter endlich das Genick gebrochen. Rundum erscheinen Menschen in den Gärten, rechen altes Laub zusammen, bereiten Beete auf den Frühling vor. (Noch drei Tage!) Heute gäbe ich das ganze Königreich für einen Garten. Mit den Händen in Erde graben!

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Dienstag, 16. März 2010
Theopornie oder Ansichten vom Niederrhein II
Meine Güte, was waren das für Zeiten - und was für Zeitgenossen!!
Noch kein Verbrennungsmotor im Einsatz, d.h. kein Dampfschiff, keine Eisenbahn, kein Auto, kein Flugzeug, aber der Sohn eines Dorfpfarrers aus der polnischen Kaschubei bereist mit 10 Jahren Rußland, übersetzt mit 13 Lomonossovs Russische Geschichte ins Englische, von einer Fremdsprache in eine andere also, zieht mal eben von Ostpreußen nach London um und geht mit 17 auf seine erste Weltumsegelung unter keinem Geringeren als Captain Cook.
Als er sich danach in Mainz verständlicherweise mopst, besteigt er wie unsereins ein Schiff der Köln-Düsseldorfer für einen Ausflug rheinabwärts und hat mal eben einen Alexander von Humboldt als Reisegenossen dabei.
Hätte man bei Kaffee & Kuchen auf dem Sonnendeck neben ihnen gesessen und wäre durch den schönen Rheingau getrieben, hätte man hören können, wie sie sich über die ästhetischen Auswirkungen des Weinbaus auf die Landschaft unterhielten:
“Der Weinbau giebt wegen der krüppelhaften Figur der Reben einer jeden Landschaft etwas Kleinliches; die dürren Stöcke, die jetzt von Laub entblößt, und immer steif in Reih' und Glied geordnet sind, bilden eine stachlichte Oberfläche, deren nüchterne Regelmäßigkeit dem Auge nicht wohl thut... ihre Einförmigkeit ermüdet endlich, und wenn gleich die Spuren von künstlichem Anbau an ihrem jähen Gehänge zuweilen einen verwegenen Fleiß verrathen, so erwecken sie doch immer auch die Vorstellung von kindischer Kleinfügigkeit... selbst die Lage der Städtchen, die eingeengt sind zwischen den senkrechten Wänden des Schiefergebirges und dem Bette des furchtbaren Flusses, – furchtbar wird er, wenn er von geschmolzenem Alpenschnee oder von anhaltenden Regengüssen anschwillt – ist melancholisch und schauderhaft.”
Der romantische Blick auf das Rheintal entwickelte sich eben erst einige Jahre später.
Bei einem kurzen Landgang hätten einem neben den beiden ganz schön die Ohren geklungen:
“In Bacharach und Kaub, wo wir ausstiegen und auf einer bedeckten Galerie längs der ganzen Stadtmauer hin an einer Reihe ärmlicher, verfallener Wohnungen fortwanderten, vermehrten die Unthätigkeit und die Armuth der Einwohner das Widrige jenes Eindrucks... Aber auch in ergiebigeren Gegenden bleibt der Weinbauer ein ärgerliches Beispiel von Indolenz und dar aus entspringender Verderbtheit des moralischen Charakters. Der Weinbau beschäftigt ihn nur wenige Tage im Jahr auf eine anstrengende Art; bei dem Jäten, dem Beschneiden der Reben u.s.w. gewöhnt er sich an den Müßiggang, und innerhalb seiner Wände treibt er selten ein Gewerbe, welches ihm ein sicheres Brodt gewähren könnte.”
13 Stunden brauchte das Schiff übrigens damals von Mainz bis Boppard, dessen Gasthäuser im “Forster” auch nicht gerade mit vielen Sternen ausgezeichnet wurden.
Am nächsten Tag wäre uns im Angesicht der Gefängnisfestung Ehrenbreitstein bei Koblenz ein Vortrag über die (gerade erst formulierten) unveräußerlichen Menschenrechte zuteil geworden, und beim Besuch der Herrnhuter in Neuwied stellte Forster einige gerade wieder hochaktuelle moralphilosophische Betrachtungen zum Verhältnis von Körper und Geist und geschlechtlichem Umgang an.

Ich glaube in meiner Erfahrung hinlänglichen Grund zu der Überzeugung zu finden, daß man in der Welt nie stärker gegen das Böse und seine Anfechtungen ist, als wenn man ihm mit offener Stirne und edlem Trotz entgegengeht: wer vor ihm flieht, ist überwunden. Wer steht uns auch dafür, daß, wo der gebundene Wille mit der erkannten Pflicht im Kampfe liegt, die Sünden der Einbildungskraft nicht unheilbarer und zerrüttender seyn können, als die etwanigen Folgen eines gemischten und durch freiwillige Sittsamkeit gezügelten Umgangs! Giebt es nicht wollüstige Ausschweifungen der Seele, welche strafbarer als physische Wollüste sind, da sie den Menschen im wesentlichsten Theile seines Daseyns entnerven? [...] Die Täuschung, womit man sich über den Gegenstand dieser Entzückungen hintergeht, ist so vollkommen, daß die tiefste Tiefe, wohin der menschliche Geist sinken kann, dem Verblendeten die höchste Stufe der Tugend, der Läuterung und der Entwicklung zum seligen Genusse scheint. Genau wie die Entartung des physischen Triebes die Gesetze der Natur beleidigt, eben so muß in einem noch ungleich höheren Grade der Seelenraub strafbar seyn, den man durch jene unnatürliche Vereinigung mit einer Idee, am ganzen Menschengeschlechte begeht. Geistesarmuth ist der gewöhnliche, jedoch von allen gewiß der unzulässigste Vorwand zu dieser Theopornie*, die erst in der Einsamkeit und Heimlichkeit angefangen, und dann ohne Scheu öffentlich fortgesetzt wird. Zuerst ist es Trägheit, hernach Egoismus, was den Einfältigen über die natürlichsten Mittel, seinem Mangel abzuhelfen, irre führt.

Theopornie. Man lernt doch noch immer tolle Wörter dazu. Das Neue Rheinische Conversations-Lexicon oder encyclopädische Handwörterbuch für gebildete Stände von 1834 führt es unter dem Stichwort Mystizismus auf als Ausdruck für "Vergröberungen des reinen Geistesgenusses". Dr. Joh. Christ. Aug. Heyse's Allgemeines verdeutschendes und erklärendes Fremdwörterbuch oder Handbuch zum Verstehen und Vermeiden der in unserer Sprache gebräuchlichen fremden Ausdrücke (Berlin 1902) erklärt es schon deutlicher als "Hurerei der Gottesdiener".

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Samstag, 13. März 2010
Ansichten vom Niederrhein I

“Den ganzen Winter muss ich kompilieren und übersetzen! Mein Kopf ist leer, ich weiß der Welt nichts Eigenes mehr zu sagen. Wer doch auch nach Italien oder nach England oder nach Spanien oder noch weiter hin, wo nur irgend Neues zu sehen ist, reisen könnte! Denn am Ende, mehr hat man doch nicht, als was einem durch diese zwei kleinen Öffnungen der Pupille fällt und die Schwingungen des Gehirns erregt! Anders als so nehmen wir die Welt und ihr Wesen nicht in uns auf. Die armseligen vierundzwanzig Zeichen reichen nicht aus; etwas ganz anderes ist die Gegenwart der Dinge und ihr unmittelbares Einwirken.”

Schrieb Georg Forster im Herbst 1788 an seinen Düsseldorfer Freund Jacobi, nachdem der Weltumsegler, an einer zweiten Weltreise gerade verhindert, eine neue Stelle als Bibliothekar im geistlich regierten Mainz angetreten hatte.
Im nächsten Sommer stürmte in Paris das Volk die Bastille und betrieb Umsturz und Weltgeschichte. Der Dritte Stand schaffte in der Nationalversammlung am 5. August 1789 adelige Privilegien, Leibeigenschaft und Frondienste ab. “Welch eine Sitzung”, schrieb Forster. “Ich glaube, sie ist noch in der Welt ohne Beispiel.”
“Frankreich schuf sich frei. Des Jahrhunderts edelste Tat”, dichtete Klopstock im dänischen Altona.
“O Schicksal! das sind sie also, das sind sie
Unsere Brüder die Franken; und wir?
Ach ich frag, umsonst; ihr verstummet, Deutsche! Was zeiget
Euer Schweigen? bejarhter Geduld
Müden Kummer? oder verkündet es nahe Verwandlung?
Wie die schwüle Stille den Sturm,
Der vor sich her sie wirbelt, die Donnerwolken, bis Glut sie
Werden, und werden zerschmetterndes Eis!
Nach dem Wetter, atmen sie kaum die Lüfte, die Bäche
Rieseln, vom Laube träufelt es sanft,
Frische labet, Gerüch' umduften, die bläuliche Heitre
Lächelt, das Himmelsgemälde mit ihr;
Alles ist reg', und ist Leben, und freut sich!”
Ein Georg Forster konnte da nicht mehr still in jesuitischen Bücherkellern und Karthausen sitzen. Im nächsten Frühjahr brach er auf. Als Begleiter kam der 21jährige Alexander von Humboldt mit, der „kleine Apotheker”, der an der Uni Göttingen gerade Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein veröffentlicht und damit die Bekanntschaft des berühmten empirischen Naturforschers Forster gesucht hatte. Vor genau 220 Jahren bestiegen sie im März 1790 ein rheinab fahrendes Schiff. Doch es ging diesmal nicht über den Welthafen Amsterdam zur unauffindbaren Terra australis, zu den Menschenfressern Neuseelands oder gar zum märchenhaften O‘Tahiti. “Auf der Fahrt durch das Rheingau hab‘ ich, verzeih es mir der Nationalstolz meiner Landsleute! eine Reise nach Borneo gelesen”, beginnt Forsters Reisebericht ein wenig gelangweilt, die 1791 und ‘94 erschienenen Ansichten vom Niederrhein.


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Mittwoch, 10. März 2010
Kleine Flucht
Kleine Flucht ins östliche Ausland. Arnheim, Nimwegen, über Rhein und Waal, dann die Grenze auf dem letzten Tropfen. Tanken. Jeder Liter 12 Cent billiger als in Holland. Früher unternahmen wir hin und wieder eine Butterfahrt nach Venlo, heute lohnt es sich mehr in umgekehrter Richtung. Sonst nicht viel Unterschied, in der Landschaft, den Leuten, ihrer Mundart. Und doch.
Leere Spargelfelder, leere schwarze Folienfelder für die Frühanzucht; aber noch ist es zu kalt. Richtig winterlich kalt auf dieser offenen Plaine, auf der ein eisiger Nordwind zieht.
Dann die winzig kleine Stadt mit der riesengroßen Blumen- und Gemüsebörse und, fast unerklärlich, einem einzigartigen Hort für Literatur. Was hätte Hüsch, der Meister vom Niederrhein, nur dazu gesagt? Hat er eigentlich Elmar Tophoven gekannt? “Schon möglich, Sir”, sagte Yvonne de Carlo, und die Vorstellung war zu Ende, alle Männer schlugen die Krägen hoch und sahen ein bißchen wie Richard Widmark aus.

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Donnerstag, 4. März 2010
Düstere Aussichten für NL


Ich habe mich hier im Fahrtenbuch schon einmal darüber gewundert, wie die Niederländer es geschafft haben, der Welt ihr Image zu verkaufen, eines der tolerantesten und lockersten Völker der Welt zu sein. Gestern hat Holland gewählt, und auf einmal zeichnen sich die Schatten eines ganz anderen Bildes ab. Eine Ein-Mann- und Ein-Thema-Partei ist bei den landesweiten Gemeinderatswahlen eindeutiger Sieger geworden: die Partij voor de Vrijheid des Geert Wilders. Zwar trat sie nur in zwei Städten zur Wahl an, doch wurde sie in Almere, einer Schlafstadt von Amsterdam, mit 21,6% (und 9 Sitzen) auf Anhieb stärkste Partei, in Den Haag erreichte sie mit 18% der abgegebenen Stimmen Platz 2 und 8 Sitze im Stadtrat.
Seitdem vor kaum zwei Wochen die niederländische Regierung über die Afghanistanfrage stürzte, galt die Kommunalwahl als Stimmungsbarometer für die Parlamentsneuwahl Anfang Juni, und alle Beobachter stimmen darin überein, daß sehr, sehr viele Wähler gestern bei ihrer Stimmabgabe viel weniger an die Kommunalpolitik in ihrer Heimatgemeinde als an die nächste Landesregierung dachten. Heute steht nun fest, daß die Wilderspartei dabei ganz vorn mitspielen dürfte. Nach einer Umfrage des öffentlichen Fernsehsenders NOS während der gestrigen Wahl könnte sie im Juni landesweit drittstärkste Kraft werden. Wilders selbst ist überzeugt: “Wir werden am 9. Juni die größte Partei der Niederlande.”
Und wofür haben die Niederländer, die gestern die Wilderspartei wählten, gestimmt? In erster Linie wohl nicht für, sondern gegen etwas, nämlich gegen die Toleranz, derer sie sich nach außen hin so rühmen. Das alles beherrschende Thema von Wilders Wahlkampagne ist nämlich eine Kampfansage an die Moslems im eigenen Land, flankiert von mehr als rüden Polizeistaatsforderungen. Letztes Jahr gewann er die Europawahlen in den Niederlanden mit der Forderung eines generellen Einwanderungsstops für Muslime. “Ich hasse den Islam”, hat er dem Spiegel schon vor zwei Jahren in einem Interview erklärt und fordert, den Koran ebenso zu verbieten wie “Mein Kampf”. Kopftuchtragen in öffentlichen Gebäuden soll seiner Meinung nach unter Strafe gestellt und generell mit einer Steuer von 1000 Euro pro Kopf und Jahr bestraft werden. Die “Haß-Bärte” der “marokkanischen Straßenterroristen” (so seine Wortwahl) sollten am besten auch gleich ab. Unter dem Titel “Der Angsthändler” hat der Spiegel letztes Jahr ein recht gutes Porträt Wilders gebracht. Für die Gemeinderatswahlen haben seine PVV-Kandidaten abgesehen von ihrer offenen Feindseligkeit gegen Einwanderer noch einen hübschen Strauß billigst populistischer Forderungen aus dem Hut gezaubert. Zu ihnen gehört die Abschaffung von Parkgebühren für Anwohner und der Hundesteuer. PVV-Spitzenkandidat Raymond de Roon möchte in Almere demnächst zusätzlich zur Polizei bürgerwehrähnliche “Stadtkommandos” patrouillieren lassen und der Polizei gegen “Randalierer” gezielte Schüsse in die Knie erlauben.
Zeigt das die Richtung an, in die sich die vermeintlich ach so offene Gesellschaft in den Niederlanden bewegt? Jedenfalls haben die gewählten PVV-Kandidaten in Den Haag gestern abend schon einmal angekündigt, daß sie die etablierte Politik noch gehörig aufmischen und “helemaal gek maken” wollen.

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Mittwoch, 3. März 2010
Lichtblick I
Ein schöner Tag heute. Vorübergehend strahlt die Sonne der Bürgerrechte hell vom Karlsruher Himmel.
35.000 Bürger und das Bundesverfassungsgericht haben den BND- und Verfassungsschutzlobbyisten und Musterdemokraten der Regierung einmal mehr eine schallende Ohrfeige verpaßt. Wo stecken sie denn heute, die Schäubles und Bosbachs und Merkels? Gestern kurz den Kopf eingezogen und abgetaucht, heute reckt “Der Innenexperte” schon wieder das kahle Haupt unter dem Toupetdach und krächzt vergrätzt seine immergleichen Sprüche und “Besorgnisse” in die Mikrophone. Da ist sogar der bayerische Innenminister Herrmann kreativer, der auf einmal sein karitatives Herz entdeckt: “Datenspeicherung sei notwendig, um schwersten Straftaten vorzubeugen, aber auch, um eventuell Selbstmordgefährdete oder Vermisste zu retten.” - Da lachen ja die Hühner! Geht endlich in eure Datenkeller, Jungs (und Mädel), und räumt dort augenblicklich so vollständig auf, wie es das Gericht euch vorschreibt!



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Montag, 1. März 2010
Xynthia im Anzug


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