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Mittwoch, 13. Mai 2009
Städtehüpfen: Bremerhaven
2. Station. Wie schön, wieder einmal im Zug durch die norddeutsche Wald- und Heidelandschaft zu rollen. Alle Heckensträucher blühen: Schlehen, Weißdorn, Ginster und Flieder, Flieder! Die Bäume sind bauschige, dicht gefüllte grüne Bälle, und zwischendurch leuchtet selbst unter dunklem Himmel schon Raps auf weiten Feldern.
Bremerhaven machte ganz auf norddeutsch: blaugrau, s-teife Brise mit schräg einfallendem Regen, windgepeitschte Fahnen, kühl. Das “Becks”schiff ordentlich festgemacht im Hafenbecken vor dem neu aufgepumpten Klimahaus. (Da werden die Bremerhavener nach Fertigstellung wohl massenhaft reingehen, um sich mal ein bißchen aufzuwärmen.) Aber die Stadt investiert, auch oder gerade in Krisenzeiten. Nach Schiffahrtsmuseum, Zoo und Auswandererhaus wird es mit dem Klimahaus schon fast ein wenig eng auf der Museumszeile am alten Leuchtturm. Das Hotelzimmer, gleich im Anschluß auf dem schmalen Streifen zwischen Weserdeich und Seglerhafen gelegen, war angenehm groß und hell. Blick auf Wasser zu beiden Seiten. (Gut.) Am Morgen dann sogar von der Sonne beschienen.

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Dienstag, 12. Mai 2009
Städtehüpfen: Berlin
Zurück in die Welt und ein Übermaß an schnellen Zügen und Flugzeugen, Tempo, Hektik, Terminen... - ja, all das und zwar reichlich; jede Nacht ein anderes Hotelbett. Wenigstens blieb kurz Zeit, in Rotterdam an einer Hochzeit von Freunden teilzunehmen. Zum Heiraten kann man sicher verschiedene Meinungen haben, aber daß ich das Motto auf dem Sockel der Statue vor dem Standesamt im Rotterdamer Rathaus gelungen und ermunternd gefunden hätte, kann ich nun nicht behaupten.


Wer diese Reise geplant hat, hat der Route anscheinend einen Schnittmusterbogen zugrunde gelegt: Verbinden Sie die folgenden Punkte!
1. Station: Berlin. Ach Gott, ja, man kann die knapp bemessene Zeit zur eigenen Verfügung wenigstens nutzen, um endlich mal wieder eine Buchhandlung aufzusuchen, deren Bestand größtenteils deutschsprachige Bücher ausmacht. Wozu trage ich schließlich auf Reisen nach Deutschland stets meine Wunschliste mit mir rum? Fündig wird in den kaufhausgroßen Filialen der Buchhandlungsketten wie Hugendubel oder Wohltat allerdings nur, wer Bestseller, Krimis und aktuelle Neuerscheinungen lesen möchte. Sie kommen dem buchhändlerischen Ideal immer näher, das zu Zeiten meines studentischen Jobs in einer Buchhandlung einmal der Besitzer träumerisch vor sich hin hauchte: Auf drei Etagen und dreihundert Quadratmetern an allen Wänden in den Regalen nur ein einziger Titel. Was würde das Personal und Lagerhaltung sparen!
Die Neuübersetzung von Bruno Schulz‘ Zimtläden? Ja, tut‘s denn die alte nicht auch? Davon hätten wir noch ein Exemplar. Hélène Duffaut. Pardon? Robbe-Grillet? Ich dachte, der wäre längst auf der anderen Seite. Ach, das ist der Titel. Bedaure. Abe Opincar? Wie schreiben Sie das? Sadek Hedayat? Nie gehört. Josef Winkler? (Triumph) Den könnte ich Ihnen bis morgen bestellen.
- Abreise aus Berlin mit zwei neuen Hemden im Gepäck.

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Montag, 11. Mai 2009
Zurück in die Welt


Irgendwann - die Zeit verging und verging doch nichtoder spielte zwischen diesen Ewigkeiten des Meeres und der Berge keine Rolle - irgendwann also wartete im nächsten Ort, Höfn am Hornafjörður, dem einzigen an dieser Küste, dann doch die Maschine, die mich wegbringen sollte, für diesmal, zurück in eine Welt, in der es Termine gibt und Lärm und viele Menschen; zu volle Züge, zu schnelle Flugzeuge, rasende Autos, ein Tempo, bei dem zu vieles auf der Strecke bleibt, zu viel künstliche Beleuchtung, bei der man die Sterne nicht mehr sieht; zu viel, zu viel von zu vielem.

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Montag, 4. Mai 2009
Hali
Auf dem Weg entlang der Südküste zurück nach Osten fährt man durch all diese grandiosen Landschaften, die so atemberaubend großartig sind, daß sie auch Nicht-Islandreisenden schon vielfach auf der Leinwand vorgeführt wurden, in isländischen Kinofilmen aus dem historischen Fach etwa wie z.B. Hrafn Gunnlaugssons Wikingerfilmen “Der Flug des Raben” u.a.m., die größtenteils am Fuß der Eyjafjöll gedreht wurden, Hollywood-Fellschuh-und-Keule-Produktionen à la “Beowulf” mit Szenen an den heute verlandeten Inselbergen wie Ingólfshöfði und besonders natürlich in zahllosen Werbespots. Selbst James Bond kurvte schon vor der Gletscherlagune Jökulsárlón herum, und den Hinweis auf neue, recht eigenwillige
Modeaufnahmen
dort habe ich gerade dem Hermetischen Café von
kid37
entnommen.
Auch im Fahrtenbuch gab es schon Aufnahmen etwa von der beeindruckenden Steilwand des Lómagnúpur, die senkrecht 500 Meter hoch auf der Küstenebene steht, bevor es hinausgeht auf den 40 Kilometer breiten Sander vor Skaftafell, oder aus der Gletscherlagune oder von den einsamen Höfen, die so vereinzelt in dieser ungezügelten Natur liegen (siehe unter Themen: Island). Bei gutem Wetter ist wegen seines unvergleichlichen Panoramas vielleicht der am schönsten gelegene Hof an der gesamten Südküste Hali í Suðursveit. Es war bis 1974 auch einer der isoliertesten Höfe im ganzen Land. Gleich hinter ihm ragen Berge auf, die als Barriere Europas größten Gletscher, den Vatnajökull, zurückhalten, der sich dahinter korsikagroß und früher unüberquerbar ausbreitet. Links und rechts fließen seine unberechenbaren, ständig ihren Lauf ändernden breiten und reißenden Gletscherströme ab, die erst vor einer Generation überbrückt werden konnten. Davor mußten sie auf eigens dafür gezüchteten und abgerichteten “Wasserpferden” durchschwommen werden. Gleich vor der Haustür dehnt sich der endlose Ozean; aber der von den Gletscherflüssen unablässig ins Meer getragene Sand bildet überall vor der Küste Untiefen und Bänke, so daß an diesem gesamten Küstenstrich die Anlage eines Hafens vollkommen unmöglich war. Wir könnten uns sicher nicht vorstellen, wie das Leben auf diesem Hof noch bis weit ins 20. Jahrhundert ausgesehen hat, wenn nicht ausgerechnet von diesem Hof einer der drei besten und der vielleicht originellste Schriftsteller Islands stammte: Þórbergur Þórðarson.
Sein Name ist bei uns fast völlig unbekannt, denn sein Werk ist derart eigenwillig, daß es als unübersetzbar galt. Dabei waren seine Briefe an Laura von 1924 ein Skandalerfolg sondergleichen in Island und gelten heute als das (gattungssprengende) Werk, das neben Laxness‘ Der große Weber von Kaschmir die isländische Literatur des 20. Jahrhunderts eröffnete. Þórbergur war sein Leben lang Sozialist, daneben auch Esperantist und Spiritist (was ihm keineswegs unvereinbar erschien), und er war der erste Isländer, der Freiluftgymnastik und Joga praktizierte. Die meisten seiner Bücher, die sich fast nie einer der üblichen Gattungen zuordnen lassen (einen Roman hat er sein Leben lang nicht geschrieben), sind bis zu einem gewissen Maß autobiographisch geprägt und doch keine rein autobiographischen Werke. In Steinarnir tala (“Die Steine reden”) von 1956 erzählte er jedoch ausufernd von seiner Kindheit auf dem einsamen Hof am Rand des Weltmeers und der Gletschereinöden:
“Hali war ein Grassodenhaus wie auch andere Höfe in der Skaftafellssýsla. Die Gebäude standen eins neben dem anderen, die Giebelwände zeigten nach Süden (zum Meer) und die rückwärtigen Wände zur Bergwand. Es war ein schöner Anblick unten von der Hauswiese, sie dort Seite an Seite stehen zu sehen, als würden sie sich aneinander wärmen. Und man sah ihnen gleich an, daß sie gut miteinander auskamen. Wenn es dunkel wurde, sah es so aus, als schliefen sie, eins ans andere gelehnt, ein.”


Wenn auch inzwischen hinter Wellblech verkleidet, steht der Hof von Hali heute noch. Mittlerweile ist ein kleines, schmuckes Museum für den großen Sohn des Hofs hinzugekommen, und der Mann, der da manchmal Kaffee ausschenkt, sieht Þórbergurs Bruder zum Verwechseln ähnlich. Schließlich ist er sein Enkel und heutiger Bauer auf dem Hof.
Wenn das Wetter schön ist und die Aussicht freigibt, hat man von hier in der absolut klaren Luft einen Blick, der Hunderte von Kilometern umfaßt, von den markanten Zacken des Vesturhorn im Osten den Horizont auf dem offenen Nordatlantik entlang bis zum Massiv von Islands höchstem Berg im Öræfajökull im Westen. Ich war am Morgen schon vor 7 unterwegs, und der Wind schlief noch.





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Samstag, 2. Mai 2009
Reykjavíker Stadtansichten. Anzeichen einer Krise


Hier sieht man ganz gut, was passiert, wenn eine Stadt dem Rausch scheinbar unbegrenzt wachsender Profite verfällt, wenn Geld alles regiert. Welche Stadtplanungsbehörde, welches Bauaufsichtsamt hätte je erlaubt, mit einem solchen schwarzen Kasten ein solches Panorama einer Stadt dermaßen mittendurchzuschneiden und zu zerstören, wenn nicht alle Macht von den scheinbar prall gefüllten Brieftaschen der Investoren ausginge, die ihre Abschreibungs- und Spekulationsobjekte nach Belieben plazieren dürfen?


In den letzten Jahren fraß sich Reykjavík mit gewaltigen Bissen immer weiter in sein Umland hinein. Buchstäblich jedes Jahr entstanden gänzlich neue Wohnviertel. Jetzt gibt es etliche, in denen verlorene Individuen ganze Blöcke oder Straßenzüge ohne Infrastruktur allein bewohnen, weil der weitere Ausbau unterbrochen oder eingestellt wurde. In der Innenstadt haben die neureichen Investoren besonders entlang des bisher unverbauten Fjordufers Hochhaustürme von bis dato in Island unbekannter Höhe errichten lassen, die vielen älteren Wohnungen, die mit Bedacht so ausgerichtet worden waren, den Blick über den Fjord hinaus auf das Meer oder die Berge zustellen. Mag der viele, viele Projekte treffende Baustop auch für einzelne ein Desaster sein, für die Stadt als Ganzes erscheint mir die gegenwärtige Krise fast als ein Segen, der diesem Bauwahn ein Ende bereitet.
Neben dem dunklen Haus auf dem Bild oben steht ein mindestens doppelt so hoher Turm, die gläserne Fassade nahezu völlig transparent, denn es gibt keinen Innenausbau. Und es ist fraglich, ob es ihn jemals geben wird. Die Eingänge sind versiegelt. Die Reykvíkinger nennen ihn den "Turm der geplatzten Illusionen".


Die Krise wird aber nicht nur an den stillstehenden Baukränen neben den unvollendeten Neubauten sichtbar, sondern ebenso am zunehmenden Verfall älterer Häuser. Das Detail oben befindet sich an der größten Buchhandlung der Stadt. Vielleicht sieht die Zukunft Reykjavíks sogar bald wieder so aus wie seine Vergangenheit, die schon dabei war, allmählich im Boden zu versinken:


Hier eine der Wurzeln des Übels: Islands Börse "Kauphöllin", der undurchsichtig verspiegelte "Kaufpalast".


Aber enden wir diese betrüblichen Aussichten lieber mit einem Blick auf eine Jugend, die sich auch von frostigen Zeiten nicht Optimismus und Lebensfreude trüben läßt. Hier spaziert Islands größtes Kapital für die Zukunft: Seine selbstbewußten, gut ausgebildeten und schöpferischen jungen Leute.

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Freitag, 1. Mai 2009
Abflug aus dem Winter

Es ist schon einige Tage her, aber so schön verschneit sah der Flughafen in Egilsstaðir am Tag meines Abflugs noch aus. Entsprechend lag das Hochland im Zentrum noch dick unter Eis und Schnee verpackt. Da das Wetter recht ordentlich war und die Turbopropmaschinen auf den Inlandflugstrecken nicht gar so hoch steigen, gab es unterwegs ein paar schöne Ansichten, von denen ich hier einige folgen lasse.

Freunden, die sich allmählich Sorgen machen, wo ich bleibe, sei auf diesem Weg versichert: ich bin unterwegs und werde rechtzeitig eintreffen. (Schade, daß Ihr nicht kommen könnt. Und gute Genesung!)
Die dunkle Diagonale auf dem Bild unten ist übrigens die berühmte Kontinentalspalte bei Þingvellir. Bei diesen Schneeverhältnissen aus der Luft bestens zu sehen.

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Montag, 27. April 2009
Island hat gewählt
Rund um den Globus fand die Parlamentswahl im winzigen Island Beachtung als “erste Testwahl nach Ausbruch der Weltwirtschafstkrise” (Financial Times). In der deutschen Tagesschau kam ein Bericht aus Reykjavík an zweiter Stelle, und selbst in Australien wurde darüber berichtet. Allerdings hat der Korrespondent des Australian etwas vollkommen falsch verstanden, als er titelte “Conservatives win power in Iceland”. Genau anders herum fiel die Wahl nämlich aus: Die nach dem Bruch der konservativ-sozialdemokratischen Regierung im März angetretene Minderheitsregierung aus Sozialdemokraten (Samfylkingin) und Linken-Grünen (Vinstri-Grænar) errang nun mit 51,5% die absolute Mehrheit im neuen Althing (wenn sie denn ihre Koalition fortsetzen wird).


Das Endergebnis war keine große Überraschung; die Stimmung im Land in den letzten Wochen deutete eindeutig auf diesen entschiedenen Politikwechsel voraus. Immerhin hat nun zum ersten Mal in der Geschichte der zweiten Republik auf Island, also seit 1944, ein rot-rotes Linksbündnis die absolute Mehrheit der Wähler hinter sich. Landesweit stärkste Partei sind die Sozialdemokraten mit 29,8% der Stimmen und 20 Sitzen im Parlament. Drittstärkste Partei sind ihre Koalitionspartner, die Linken-Grünen mit 21,7% und 14 Sitzen, die damit seit der vorletzten Anteil ihren Sitzanteil im Althing verdreifacht haben. Im Nordosten wurden sie sogar stärkste Partei.
“Historisch” dagegen die Klatsche, die die Konservativen (Sjálfstæðisflokkur) einstecken mußten. Zwar wurden sie doch zweitstärkste Partei, aber noch nie hat eine Partei in Island bei einer Wahl Stimmenverluste in Höhe von 13% kassiert. Im nordöstlichen Wahlkreis halbierte sich die Partei sogar auf 17,5% und kam landesweit auf nur 23,7% und 16 Abgeordnete. Dafür fing offenbar die ehemalige Bauernpartei Framsóknarflokkur etliche konservative Wähler auf und legte von 11,7% auf 14,8% zu. Die (allerdings sehr viel kleinere) liberale Partei wurde dagegen praktisch pulverisiert und wird im nächsten Althing nicht vertreten sein. Hingegen zieht die erst vor neun Wochen gegründete “Bürgerbewegung” gleich mit 4 Abgeordneten ins Parlament ein.
Wahlsiegerinnen sind auch die Frauen. Sie stellen nicht nur die Ministerpräsidentin, sondern überhaupt einen Rekordanteil von 27 oder 43% der 63 Abgeordneten. Nur in Kuba, Schweden und Ruanda sitzen mehr Frauen in den Parlamenten.

Höchstwahrscheinlich werden sich die bisherigen linken Regierungsparteien auf eine Fortsetzung ihrer Koalition verständigen. Schon gestern nahmen sie ihre Gespräche darüber auf. Aber die richtigen Probleme werden erst danach aufkommen. In einer der zentralen Fragen des Wahlkampfs stehen sie nämlich in grundverschiedenen Lagern: die Sozialdemokraten wollen so schnell wie möglich Beitrittsverhandlungen mit der EU aufnehmen, und die Links-Grünen haben sich strikt gegen einen EU-Beitritt ausgesprochen.

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