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Freitag, 5. Oktober 2007
Gefangen in der Wüste
Selbst Menschen, die nie freiwillig in die Wüste gegangen sind, konnten sich ihrer Faszination nicht entziehen: "Wie es kommt, daß mich nirgendwohin so unbändige Sehnsucht verzehrt wie nach der Wüste, weiß ich selbst nicht zu sagen. - Wenn ich mein Leben noch einmal lebte und wegließe, was stumpf war und schal und verfehlt: ich ließe diese Zeiten nicht weg."
Der Mann, der dies schrieb, meinte seine Jahre in der Kriegsgefangenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Sicher eine Zeit der Entbehrungen und zuweilen qualvoller Enge, noch gesteigert durch die die unbegrenzte Weite jenseits des Stacheldrahts: "Die Sinnlosigkeit, deren Urbild die Wüste selbst ist, war mit der Sinnlosigkeit, daß wir darin nur ein winziges überfülltes Viereck besaßen, multipliziert."
Verständlich, dass Erhart Kästner und seinen Kameraden im Lager Tumilat in der ägyptischen Wüste diese zunächst als abgestorbenes "Land, das nichts mehr empfing und nichts mehr schenkte", erschien. "Dies war, was auf Erden dem Leben am abgewandtesten war. Es war das Antlitz des Todes, und nicht einmal das. - So war nur das Gestorbensein, das weit weg vom Menschlichen ist."

Doch allmählich wandelte sich das Bild, etwas von der Weite und dem Atem der Wüste muss selbst in den schmalen Gassen zwischen den dicht gedrängten Reihen der Zelte spürbar gewesen sein, in denen jedem Gefangenen gerade einmal 2 m² zustanden. "Nach und nach vollzog sich ein Wandel. Die Unruhe fiel ab." An ihre Stelle trat eine neue Offenheit für Eindrücke und Bilder, die teils aus dem Inneren und Erinnerten aufstiegen, teils dem Außen, der immensen Landschaft und dem weiten Himmel darüber entstammten. Und diese Eindrücke legten nahe, wie leicht man auf Überfluss verzichten kann: "Es ist unglaublich, wie wenig Wohnung der Mensch bedarf, wenn Kälte und Nässe nicht ist. - Wer im Wohlstand fortlebt, kann die heftigen Ausschläge zwischen Glück und Wohlstand nicht kennen."
Die Wüste lehrt die Ethik der Genügsamkeit und der Selbstbescheidung.
"Nur dieses Licht war da in der Welt und man selbst mitten darin: welches Glück. - Kaum kann ich mich erinnern, irgendwann gestillter gelebt zu haben als in jenen Tagen." (E. Kästner, Zeltbuch von Tumilat)

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Mittwoch, 3. Oktober 2007
Weitergehen
Die Wüste also ist einfach, aber komplex; Vielheit, aus Einfachem erwachsen; viel aus wenig. Ein gutes Prinzip.

Der erste Blick über die isländischen Sandwüsten zeigt wenig, sehr wenig. Abgezogenes Land im doppelten Verstand des Wortes. Abgezogen von den Gletschern, die darüber schrammten und es auf ihrem Rückzug buchstäblich abzogen. Weggeschlämmt von den Wassermassen der Gletscherläufe im Gefolge der Vulkanausbrüche unter dem Eis. Zersprengt von Wasser und Frost. Weggeblasen vom ewigen Wind aus dem Hochland oder vom offenen Meer.
Geblieben sind endlose Flächen von schwarzem Sand. Selbst der warme rotbraune Ockerton der südlichen Wüsten fehlt ihm. Zu schwarzen Fahnen reißen ihn Stürme empor. Vorhänge aus schmirgelnden Körnern. Im Winde klirren die Fahnen hier tatsächlich.



Abgezogen auch im übertragenenen Sinn: Das Abstraktum einer Landschaft, reduziert auf Linie, Farbe, Fläche. Kühle Farben: Schwarz, Weiß, Blau. Sand, Eis, Äther.
Die Wasserläufe farblos klar, den Himmel spiegelnd. Wo sie stiller fließen, in flachen Mulden, erwartet einen lautlos schreiend die erste Sensation: ein Moospolster. Lebendiges in dieser Kältewüste. Fluoreszierend grell sein Grün in der tiefschwarzen Umgebung. Einen Wasserlauf weiter, wieder in einer Mulde, sodass sie nicht über die Umgebung ragt, eine einzige Engelwurz mit den Füßen im Wasser. Auf dem kräftigen Stengel eine sternförmig prangende Dolde. Marzipanduft. Leben behauptet sich, hier, und verströmt und verduftet sich, saugt Lebenskraft aus der Dürftigkeit und gibt Leben, Samen, Duft. Leben geht über sich hinaus.
Man geht in die Wüste, um Reduktion und Leere zu suchen, und findet das Wunder, das man anderswo so leicht übersieht. Man geht und findet. Was findet man, wenn man nicht geht?
P.S.: "Wir sind nichts; was wir suchen, ist alles." (Hyperion)

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Montag, 1. Oktober 2007
Gehen
Ist der Laugavegur überlaufen, gibt es im isländischen Hochland glücklicherweise noch Platz und Möglichkeiten genug, seiner eigenen Wege zu gehen. Erst einmal mit sich allein unterwegs, wird einem der Kopf bald frei für alle möglichen Gedanken, die immer wieder einmal auch um das Gehen selbst kreisen.

Warum gehe ich?
2 einfache Gründe:
- Ich habe nur dieses 1 Leben, und darum will ich es aufmerksam und bewusst leben und es ausschöpfen.
- Die Welt ist größer als 1 Ort.
Wo ich still sitze, häufen sich viele Dinge um mich an und es entstehen Gewohnheiten, die zu Routinen werden, bald mehr oder weniger automatisch ausgeführt, ohne bewusstes Erleben. Beides verstellt den wachen Blick. Es entsteht eine bequeme äußere Überfülle, die im Inneren zusehends leerer wird. Sie spurt mich in die Karrengleise eines sich wiederholenden, abstumpfenden Alltagstrotts ein, die am Ende so tief sein können, dass ich kaum mehr aus ihnen herauszutreten vermag. Darum gehen, ehe man das Bewusstsein verliert.

Wohin ist vielleicht gar nicht so entscheidend. Aus Gründen der neuen Orientierung aber sinnvollerweise zunächst dorthin, wo die Verhältnisse einfacher und so überschaubar sind, dass ich das, was vor sich geht, seine Mechanismen, Regeln oder Gesetze durchschauen und verstehen kann.
Die äußerste Reduktion herrscht in der Wüste. Sie ist ihr Sinnbild, aber auch ihre Wirklichkeit.
"die physik der dünen ist extrem einfach", erklärt Otl Aicher in seinem Buch über "gehen in der wüste", doch "das gesetz in seiner einfachsten anwendung führt zu einer hohen komplexität, die sonst nur höheren ordnungen abzugewinnen ist. dünen sind äußerst komplexe gebilde und sind doch das einfachste, was man sich denken kann: sand. es gibt nur drei größen, drei parameter, die sie bestimmen, sand, wind und schwerkraft. und gerade weil alles einer so einfachen mechanik folgt, weil sich die elemente überblicken lassen, hat unser intellekt ein so großes vergnügen an dem zustandekommen einer ungeheuren vielfalt."

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Sonntag, 30. September 2007
Laugavegur
... ist nicht nur der Name der längsten Einkaufsstraße in Reykjavík, sondern auch des bekanntesten Wanderwegs in Island: Von Landmannalaugar in die Þórsmörk (oder noch eine Tagesetappe weiter über den Sattel zwischen den Gletschern bis ins Küstentiefland), so bekannt, dass es manchmal nachts in den Hütten entlang der Route eng wird und man auch beim Wandern nicht wirklich allein ist. Also noch eine "übliche Route", die man eigentlich... dann doch lieber nicht einschlägt.

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Freitag, 28. September 2007
Landmannalaugar (IS '07, 5. Etappe)

Hätte, könnte, würde... Die übliche Route wäre... - war sie aber nicht. Wir verließen die Straße Nr. 1 und fuhren landeinwärts. Zwischen Búrfell und Hekla hindurch, durch das Dómadalur bis hinauf zum Ljótipollur, der "hässlichen Pfütze".

Am Fuß der Berge, die hinter ihrem schwarzen Rand zu sehen sind, das nächste Etappenziel: Landmannalaugar

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Dienstag, 25. September 2007
Ein denkbares Ziel

... entlang der endlos sich erstreckenden Küste könnte der zur Zeit wieder südlichste Punkt Islands sein, Kap Dyrhólaey.

Und wer schafft es die steile Felspiste hinauf bis nach oben auf's Plateau?

Der kleine Yaris.

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Sonntag, 23. September 2007
So hätte es weitergehen können
Jetzt hält auch hier schon der Frühherbst mit immerhin mildem, sonnigem Altweibersommerwetter seinen Einzug. Zeit, die Islandreise weiterzuschreiben.
Die übliche Fortsetzung der Route hätte unter den Küstenbergen der Eyjafjöll weiter ostwärts geführt.

Vorbei an hohen Wasserfällen

und mittlerweile fast vergessenen Schwimmbädern, deren heißes Wasser unmittelbar an Ort und Stelle aus der Erde kommt.

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