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Freitag, 2. November 2007
Die Vergänglichkeit der Steine

So weit im Osten wie im vorigen Eintrag sind wir noch nicht. Wer zu Fuß geht hat Zeit und tauscht sie in kleiner Münze gegen Raum: Von Landmannalaugar langsam ostwärts zum Kirkjufell und die nördliche Fjallabaksleið entlang bis in die Eldgjá.
Allein mit Steinen, Moos und Flechten. Und dem Wind, unablässig kalt von den Gletschern herab. Scheinbar unbewegt liegen sie über das Land gebreitet, das einem seltsame Gedanken eingibt. “Hätten wir Augen aus Stein, sähen wir die Berge fließen.” (Eero Suvilehto) Oder auseinanderspritzen wie vor tausend Jahren in der Feuerschlucht (Eldgjá), der längsten Eruptionsspalte auf der Erdoberfläche. 600 Meter breit, heute noch 200 Meter tief und 40 Kilometer lang. In dieser Landschaft zersetzt sich die Vorstellung, dass Gestein etwas Dauerhaftes sei. Ganze Bergstöcke liegen da wie soeben hingeschleudertes Riesenejakulat, und doch frisst sie schon der Zahn der Zeit. Ihr massiger Fels wird vom Wind zu Staubkörnchen zerrieben oder in Scherben gesprengt durch Frost und ein wenig Wasser. Wo ist die Dauer? Dauer hat bloß das Nicht-Sein. Sein ist Entstehen und Vergehen. Insofern gehören auch die Steine dem Reich des Lebendigen an, wenn man sie mit steinigen Augen betrachtet.

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Sonntag, 21. Oktober 2007
Zu jener Zeit
"Í þann tíð vas Ísland viði vaxit á miðli fjalls og fjöru... Zu jener Zeit war Island zwischen Berg und Küste weithin bewachsen. Damals gab es hier Christen, die die Nordmänner Papar nannten, die aber fuhren dann fort, weil sie hier nicht mit Heiden zusammenleben wollten." (Ari hinn fróði Þorgilsson: Íslendingabók, um 1120/1133)

So ähnlich könnte es an der Südostecke Islands ausgesehen haben, nachdem die irischen Einsiedlermönche vor den ankommenden Wikingern reißaus genommen hatten.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007
Ein ungelöstes Rätsel
Norwegische Wikinger waren also nicht die ersten Entdecker Islands; ein paar abgerissene Eremiten sind ihnen in ihren Curraghs zuvorgekommen. Vielleicht waren aber auch sie nicht die ersten Menschen auf der so fernen Insel. 1905 und 1933 hat man nämlich auf dem Hof Bragðavellir im Südosten römische Münzen aus dem 3. Jahrhundert gefunden. Kleine Kupfermünzen, Antoniniane, das nahezu wertlose Inflationsgeld Kaiser Caracallas, das bis zur Münzreform Diokletians im Umlauf war. Für die Wikinger, die an Gold oder Silber interessiert waren, besaßen sie keinen Wert. Und besonders schön oder ansehnlich waren sie auch nicht. Das lässt Zweifel an der These aufkommen, die Münzen seien jahrhundertelang in Skandinavien gehortet und schließlich von Auswanderern mit nach Island genommen worden. Wenn es nicht so gewesen ist, bleibt im Grunde nur die Annahme, dass Römer selbst, vielleicht Angehörige der damals noch in Britannien stationierten römischen Flotte, gegen Ende des 3. Jahrhunderts mit einem Schiff bis an die Südostküste Islands verschlagen wurden.

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Montag, 15. Oktober 2007
Zurück nach Island
Nicht einmal Ultima Thule, die ferne, sagenhafte Insel weit draußen im Nordatlantik blieb anachoretenfrei. Noch bevor sie von wagemutigen Wikingern in den hochseetüchtigsten Schiffen ihrer Zeit entdeckt wurde, ruderten eremitische Mönche aus Irland in winzigen Booten, deren Spanten bloß mit Leder bespannt waren, quer über den rauen Nordatlantik dorthin, um für einen hellen Sommer Ruhe vor ihren offenbar geschwätzigen Mitbrüdern zu finden. Eigentlich ein selbstmörderisch wahnwitziges Unterfangen, das günstigstenfalls von grenzenlosem Gottvertrauen zeugt. Vielleicht aber rochen die Klosterbrüder auch derart streng, dass es in einem für alle gemeinsamen Dormitorium einfach nicht auszuhalten war, denn dem strenggläubigen Mönch genügte es, für die Dauer seines irdischen Wandels hienieden zweimal mit Waschwasser in Berührung zu kommen, einmal nach der Geburt und das zweite Mal nach seinem Tod. Gänzlich unbefangen pries der irische Mönch Dicuil in seiner Weltbeschreibung De Mensura Orbis Terrae aus dem Jahr 825 als den größten Vorzug der Insel Thule ihre sommerliche Helligkeit, dann sei es selbst nachts so hell, dass man sich die Läuse aus der Kutte lesen könne.

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Dienstag, 9. Oktober 2007
Noch eine Abschweifung: Ich show meine aces
Sprache ist etwas Lebendiges, klar; sie entwickelt sich stetig weiter, nimmt Neues und Fremdes auf und wird so zum kollektiven Gedächtnis der Geschichte eines Volkes. Wie arm wäre das Deutsche, wenn es nicht seine lateinischen oder französischen Modewellen erfahren hätte. Ein bornierter, wirklichkeitsfremd konservativer Spießer also, wer sich vor aktuellen Trends in seiner Gegenwartssprache mit Grausen wendet. Begrüßen wir lieber das Deutsch der Zukunft, wie es uns aus dem folgenden Beispiel mit dem nackten Arsch ins Gesicht springt:

EPT SuperSat - Es hat nicht sollen sein...

Mein Turnier startete sehr gut, ich hatte direkt am Anfang 2-3 sehr loose-aggressive Spieler ausgemacht die teilweise mit any2 in position raisten, selbst in den ersten Levels. In der dritten Hand bin ich UTG und finde KhKs - raise auf 200. Einer der LAGs callt in Position und wir sehen einen 6d6cQh Flop. Ich bette 300 in den 475 Pot und er raised mich auf 700. Ich mach ein wenig Show (ich war mir sicher er hat keine 6 und ganz bestimmt kein AA, entweder AQ oder sogar KQ/QJ) bevor ich ihn auf 1,5k reraise. Er überlegt kurz und callt. Turn: 8c
Mein LAG hatte schon in der ersten Hand nen Pot verloren, meine Leadout Bet von 2,3k (Pot:~3,5k) würde ihn also bei einem Call auf jeden Fall committen. Er überlegt für mindestens 2 Minuten und bei den Worten "What do ya have? Two Kings? King-Queen?" war ich mir SICHER er hat AQ. Nach unendlich langer Zeit schmiss er seine 2,3k in den Pot und die letzten 400 behind waren nurnoch ne Formalität,beide hielten schon 400 über die Linie bevor der river mit der 8s das board noch einmal pairte. Bet, call und "Yep, I have Kings" besiegelten meinen Double gegen sein AQ ;)

Meine beiden Nebenmänner spielten nicht sonderlich stark, der Raise vom BU auf 1,2k war ein offensichtlicher Blindsteal, trotzdem wollte ich hier nicht unbedingt um meinen Stack spielen, also nur ein Call. (wäre ja auch nur knapp der halbe Stack gewesen ;) ). But WTF, der BB called auch!? K, den Leadoutplan gleich wieder verworfen und der 689rb Flop war eigentlich auch nicht das was ich suchte. Check, check zum BU - check behind. Turn: A
Keine Conti vom BU verwunderte mich schon ein wenig, allerdings dachte ich hier auch nicht wirklich an ein Set, ausgehend von seinen vorherigen Aktionen. Also eine 3k Leadout Bet in den 3,5k Pot um etwaige draws zu vertreiben und natürlch folden beide gegen den tighten Bigstack ;)
Kurz vor Table breakup konnte ich noch nen schönen Pot mit AA aus dem SB gegen den BB machen, 300/600Blinds und mein First-In raise auf 1,5k hielten ihn in der Hand, der 2c2dTs Flop verleitete ihn sogar zu einem Minraise meiner 2k Bet auf 4k. Wenn ich recht überlege hätte ich ihn hier auf ne T setzen müssen und nur callen, stattdessen foldete er zu meinem Allin reraise. Weils eh breakup is show ich meine Aces und er zeigt mir lächelnd ne T.

(Quelle: http://breakeven.twoday.net/stories/4327631/)

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Montag, 8. Oktober 2007
Heute vor 40 Jahren
"Viele werden mich einen Abenteurer nennen, und ich bin auch einer; nur einer von einem anderen Typ, einer von denen, die ihre Haut hinhalten, um ihre Wahrheit zu beweisen."
"Ein Vorbild geben. So muß man leben, wenn man sich einen Rest Würde erhalten will. Wenn es nicht anders geht, die eigene Haut opfern, den eigenen Körper." - Heute vor vierzig Jahren hat er sie geopfert.
Meine Damen und Herrn, erheben wir uns von den Plätzen.

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Sonntag, 7. Oktober 2007
Auf die Säule getrieben
Oft wird hervorgehoben, dass alle drei großen monotheistischen Weltreligionen aus der Wüste hervorgegangen seien und nach dem Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion als Reaktion darauf ebenso das Mönchtum in der Wüste entstand. Nun ja, warum soll nicht auch in der Wüste Unfug gedacht und getan worden sein? Davon abgesehen darf man aber ein großes Fragezeichen dahinter setzen, ob die Anachoreten (griech.: Die, die sich zurückgezogen haben) tatsächlich in die Wüste gingen. Das Wadi an-Natrun oder Natrontal, in dem die ersten Christenklöster entstanden, lag auf halbem Weg zwischen Alexandria und Kairo direkt an der Karawanenstraße zur Oase Siwah und soll bis zu 5000 Mönche beherbergt haben. Das hört sich nicht sehr nach Wüste an, und die Wasser- und Vegetationsverhältnisse dürften damals noch um einiges günstiger gewesen sein als heute.
Auch die anderen Extremasketen, die berühmten Säulenheiligen, haben die kolossalen Säulen, auf denen sie sich niederließen, wohl meist nicht selbst erbaut, sondern vorhandene genutzt, sich also inmitten alter Städte auf den Sockel gestellt. Die beiden berühmtesten von ihnen, beide hießen Simeon mit Beinamen Stylites, Säule, ließen sich gleich in der Nähe von Antiochia nieder, immerhin der drittgrößten Stadt des oströmischen Imperiums, in einer Landschaft, die William Dalrymple mit Umbrien vergleicht. “Visiting these pillar saints was a popular afternoon's outing for the pious ladies of Antioch's more fashionable suburbs.” Zu Zeiten des jüngeren Styliten, Mitte des 6. Jahrhunderts, stand die Säule seines Vorgängers längst im Zentrum von vier dreischiffigen Basiliken, “built with deliberate extravagance and ostentation. It was strange: a hermit famed for his ascetic simplicity punishing himself in the finest setting money could buy. It was like holding a hunger strike in the Ritz.” (W. Dalrymple: From the Holy Mountain, 1997)

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